Kirsten Boie: »Platt ist sehr charmant«Ritter Trenk mutt ok in de plattdüütsche Welt masse Aventüern bestahn. Wenn dieser Satz bei Ihnen nur ein Stirnrunzeln hervorruft, sollten Sie den
Animationsfilm »Ritter Trenk« nach einem Kinderbuch von
Kirsten Boie vielleicht lieber in der hochdeutschen Originalversion schauen und nicht in der
Synchronfassung »op Platt«, die derzeit in den norddeutschen Kinos läuft. Warum sich die neue Variante lohnt, gerade für den Nachwuchs, erklärt die Hamburger Kinderbuchautorin im Interview.
Elbvertiefung: Frau Boie, snacken Sie Platt?Kirsten Boie: Nein, aber ich verstehe es. Ich war quasi ein hochdeutsches Kind in einer plattdeutschen Familie. Bei den Familienfesten wurde nichts anderes gesprochen. Aber wenn ich selbst Platt sprechen soll, bin ich immer verlegen.
EV: Warum war es Ihnen wichtig, dass der Film auch in einer Fassung auf Platt erscheint?Boie: Platt ist sehr charmant. Vieles, was auf Hochdeutsch hart und unfreundlich klingt, ist auf Platt fast schon zärtlich: »Dösbaddel« für Idiot zum Beispiel oder »Büxenschieter« für Angsthase. Und »Schietbüdel« ist sogar ein Kosewort! Ich fände es sehr schade, wenn die Sprache – es ist ja wirklich eine Sprache und nicht nur ein Dialekt – aussterben würde. Denn eigentlich lässt sich alles, was es auf Hochdeutsch gibt, auf Platt übernehmen, auch Bezeichnungen für neue Phänomene: »Hebt ji dat googelt?«
EV: Haben Sie eigentlich auch an der Synchronfassung mitgeschrieben?Boie: Nein, das können andere sehr viel besser. Dafür bin ich nicht genug drin. Das Ergebnis ist allein das Verdienst der Vereine »Platt und Friesisch in der Schule« und von »Platt is cool«. Ich musste nichts weiter tun, als immer wieder zu sagen, wie sehr ich mich über so eine Synchronisation freuen würde. Beim Zugucken hinterher gab es dann viele Stellen im Film, an denen ich gedacht habe: »Ach ja, Mensch, genau, so heißt das!«
EV: Mit »Tatort«-Kommissar Axel Prahl als Ritter Hans gibt es eine prominente Synchronstimme. Bei dem Film wirken aber auch einige Platt snackende Kinder mit. Wie schwer war es, sie zu finden?Boie: Es war überraschend einfach – das hätte ich niemals geglaubt. 180 Kinder haben sich für das Casting beworben. Gesucht wurde über Zeitungen und in den soziale Medien, und offenbar gab es dann reichlich Mund-zu-Mund-Propaganda.
EV: Und wie kommt der Film jetzt bei den jungen Zuschauern an? Verstehen die alles?Boie: Ich war bei einer Vorpremiere in Norderstedt mit 200 Drittklässlern. Das hat enorm viel Spaß gemacht. Vieles erschließt sich ja aus den Bildern, einiges kann man auch als Hochdeutsch Sprechender verstehen. Die Kinder fanden es toll, immer mehr plattdeutsche Wörter wiederzuerkennen, die häufig vorkamen, wie etwa »gau« für schnell, »wiesen« für zeigen und »töben« für warten. Da wurde ordentlich miteinander getuschelt. Kinder mögen Geheimsprachen, und sie mögen es auch, denen auf die Schliche zu kommen.
Der Film läuft aktuell im Abaton, im Beluga in Quickborn, im Scala in Lüneburg und im Burg-Kino in Uetersen.
Interaktive Predigt mit Segensroboter Sonntagmorgen, der Schlafanzug sitzt, der
Livestream zum
Gottesdienst in der
St.-Nikolai-Kirche steht. Die Hauptkirche wagt das Experiment und lädt zur
digitalen Interaktion. Am Sonntag darf
jeder in Echtzeit mit Fragen und Kommentaren mitgestalten – direkt via Smartphone von der Kirchenbank aus, mit dem Tablet von unterwegs, aus Honolulu, völlig egal. Der Ort bestimmt nicht mehr über die Teilhabe, das Internet macht es möglich. Ist das die Zukunft, wird der analoge Kirchenbesuch bald obsolet? »Das ist kein Konkurrenzunternehmen«, sagt
Martin Vetter, Hauptpastor und Propst von St. Nikolai. Er sieht die digitale Variante als eine weitere mögliche Beteiligungsform. Traditionalisten könnten am Sonntag dennoch an mancher Stelle zu schlucken haben. Nicht nur, dass der gesamte Gottesdienst gefilmt und online gestreamt wird und die Kommentare aller Beteiligten mit einem Beamer auf eine Leinwand projiziert werden; die Pastoren werden außerdem viel mit ihren Tablets hantieren. Geeignete
Beiträge werden unmittelbar in den Gottesdienst aufgenommen. »Normalerweise steht die Predigt vorher, diesmal entsteht sie währenddessen«, so Vetter. Wem das an neumodischem Kram schon zu viel war, der sollte sich jetzt anschnallen: Die
Segenssprüche wird ein umgebauter Bankautomat übernehmen. An der Maschine können Besucher aus einem Kontingent von Sprüchen auswählen, der
Segensroboter »Bless U-2« hebt seine Arme und spricht. Ein gleichermaßen spielerisches wie provokatives Angebot. »Darf das eine Maschine, oder muss der Segensspruch an einen Menschen gekoppelt sein?«, erklärt Vetter die Diskrepanz – »das wird die Geister scheiden, davon bin ich überzeugt.«
Der Gottesdienst mit dem Thema »Der digitale Mensch« ist Auftakt der Evangelischen Akademiewoche und wird auf www.sublan.tv übertragen. Beginn in St. Nikolai und damit auch online ist am Sonntag um 10 Uhr.