gestern kam endlich das lang ersehnte Gewitter und tat, was Gewitter hier üblicherweise tun: Es entwurzelte Bäume, überflutete Keller und brachte U-Bahn-, S-Bahn- und Fernverkehr zum Erliegen, unter anderem auf den Strecken Hannover–Hamburg–Kiel sowie Hamburg–Berlin. Vorsicht: Manche Verbindungen könnten laut Deutscher Bahn sogar bis in die Morgenstunden gestört sein.
Allein bis 20 Uhr musste die Feuerwehr zu 122 Einsätzen ausrücken, vielerorts waren Bäume um- oder Äste herabgestürzt, die leider erneut Menschen getroffen haben. Auch der Dom wurde aus Sicherheitsgründen für eine Stunde geschlossen.
Wieso es bei jedem heftigen Gewitter zu Unglücksfällen kommen muss? Man weiß es nicht. Man weiß nur, dass es beim nächsten Mal wieder Chaos und Verletzte geben wird. Leider.
Man kann sich nur wünschen, dass es in Zukunft glimpflicher abläuft. 60 Sternschnuppen pro Stunde in der Nacht zum Montag, wenn die Perseiden wieder schauern, könnten dabei helfen. Da man sie in lichtarmer Umgebung am besten sieht, bietet die Stadtreinigung auch diesmal wieder an, den Meteoritenschauer am Sonntag auf dem
Energieberg in Georgswerder zu genießen. Geöffnet bleibt bis Mitternacht, letzter Einlass ist um 23.15 Uhr.
Das heißt, falls das Wetter mitspielt. Nachdem wir wochenlang jedes Wölkchen herbeigesehnt haben, soll der Himmel ausgerechnet in der Nacht von Sonntag auf Montag dicht bewölkt sein. Irgendjemand da oben hat offenbar einen sehr kranken Sinn für Humor.
Und auch das Umsonst-und-draußen-Festival
Wutzrock hat seinen 40. Geburtstag ausgerechnet auf das erste kühle und regnerische Wochenende seit Ewigkeiten gelegt, was dem Spaß aber keinen Abbruch tun soll.
Keinen Spaß hatte gestern der Bierbrauer
Astra, dem ausgerechnet vom befreundeten
FC St. Pauli in einem
Facebook-Post Rassismus vorgeworfen wurde. Auf einem Astra-Plakat, das unter anderem auf St. Pauli hängt, ist ein dunkelhäutiger (indisch-pakistanischer?) Mann im Kostüm der Kiezmische-Nixe zu sehen, der in Rosenverkäufer-Manier ebenso fröhlich wie radebrechend fragt: »Wolle Dose kaufen?«
Mit dem Plakat habe man augenzwinkernd auf St.-Pauli-Klischees anspielen wollen, sagte Carlsberg-Sprecherin
Linda Hasselmann. Und auf Facebook rechtfertigte sich der Bierbrauer damit, dass man gar nicht an Rasse glaube, sondern an Menschen, »große, kleine, dicke, dünne, weiße, braune, alle Menschen«.
Das klingt wunderbar, Astra-Leute! Euer Plakat kommt trotzdem zu früh. Witze über Minderheiten kann man machen, wenn die keine Minderheiten mehr sind – und da liegt noch ein weiter Weg vor uns, wie die teilweise erschütternden
#MeTwo-Berichte von Menschen, die in ihrem ganz normalen Alltag mit Rassismus konfrontiert sind, zeigen. Wer sich ausgerechnet während einer solchen Debatte über Ausländer lustig macht, dem fehlt eindeutig Fingerspitzengefühl.
Als Ausgleich für so viel Ernsthaftigkeit darf ich Ihnen hier noch ein paar
grölende Randalierer in einem Glasgower Bus ans Herz legen. Üben Sie übers Wochenende schon einmal das Tüdelband, wir treffen uns dann in der Linie 5.
Antisemitische Straftaten: Die Tendenz macht SorgenNehmen
antisemitisch motivierte Straftaten in Hamburg zu? Das legen aktuelle Zahlen nahe. Zum einen verzeichnete das Bundesinnenministerium 18 Fälle im ersten Halbjahr 2018,
wie die linke Bundestagsabgeordnete Petra Pau auf Anfrage erfuhr – das wären doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2017. Das Landeskriminalamt in Hamburg kommt auf
30 Fälle im ersten Halbjahr, während für
2017 insgesamt 44 antisemitische Straftaten gezählt wurden. Fallzahlen für das laufende Jahr seien immer Momentaufnahmen, erklärt die Polizeipressestelle die Diskrepanz. Die Tendenz ist auf jeden Fall besorgniserregend. Nach aktuellem Stand des LKA gehen
knapp die Hälfte der antisemitischen Straftaten 2018 auf das Konto von Tätern aus rechten Milieus: sieben Fälle von Volksverhetzung, sechsmal wurden Kennzeichen verfassungswidriger rechter Organisationen verwendet. Je einen Fall von Sachbeschädigung und Volksverhetzung schreibt die Polizei
linken Milieus zu. Die Hälfte der bisher als antisemitisch eingestuften Taten ist keiner Gruppe eindeutig zuzuordnen – das sind 14 Fälle von Sachbeschädigung und auch
ein Fall von Körperverletzung, der in Ottensen registriert wurde. Einen örtlichen Schwerpunkt sieht das LKA nicht, auch wenn
in Barmbek-Süd acht Fälle gezählt wurden und
in Winterhude sieben, während auf die übrigen 13 Stadtteile in der Statistik jeweils eine bis zwei Taten entfallen. Wie reagiert die Stadt auf diese Zahlen? Schon seit Dezember befasst sich der
Sozialausschuss der Bürgerschaft intensiver mit dem Thema, teilt die Senatspressestelle mit. Beteiligt daran sind der Hamburger Landesrabbiner, das
Präventionsprojekt Neue Wege, das sich vor allem an Jugendliche mit Migrationshintergrund richtet, und die Beratungsstellen
Amira und
Empower. Zudem soll das Landesprogramm »Hamburg – mit Courage« fortgesetzt werden. »Hier wird das Thema
Bekämpfung von Antisemitismus stärker als bisher aufgegriffen werden«, teilt die Senatspressestelle mit.