Auch wie sich
gegen Rechtsextremismus demonstrieren lässt, zeigen die Hamburger gerade. Am Dienstagabend zogen rund
2500 Menschen friedlich durch die Schanze und St. Pauli, um
gegen die Ausschreitungen in Chemnitz zu protestieren. Und ein Karikaturist aus Bergedorf hat die
Spendenkampagne »Strichmenschenkette gegen Nazis« ins Leben gerufen – und so bislang knapp 10.000 Euro für den sächsischen Flüchtlingsrat gesammelt. Die Idee ist simpel: Für
jede Fünf-Euro-Spende kommt ein Mensch aufs Papier, Blatt für Blatt reiht sich aneinander. Wie die Menschenkette länger und länger wird, dokumentiert der Zeichner
Tobias Vogel mit Videos und Fotos auf seinem
Twitter-Account @kriegundfreitag. Eigentlich wollte er binnen eines Monats 5000 Euro zusammenbekommen, die Summe war aber schon nach 16 Stunden erreicht. Trotzdem läuft die Spendenkampagne weiter:
»Ich ziehe die Aktion übrigens knallhart einen Monat lang durch. Auch wenn ich ewig daran zeichnen muss!«, kündigt er auf Twitter an. Die fertige Menschenkette soll am Schluss versteigert werden, ebenfalls für den guten Zweck.
Taxiunternehmer klagt gegen neue Elektroshuttles
Ein neuer Fahrdienst mit
Sammelkleinbussen der VW-Tochter Moia soll Hamburger günstig und elektrisch von Haltepunkt zu Haltepunkt bringen oder auch zu Hause abholen.
So soll das eigene Auto verzichtbarer werden. Klingt gut – allerdings nicht in den Ohren von Taxiunternehmer
Ivica Krijan. Er
klagt gegen Moia, den neuen Dienst. Über die Sprechanlage seines Taxis erklärte er uns warum.
Elbvertiefung: Sie sprechen auf Ihrer Internetseite von einer »geplanten Vernichtung der Taxis in Hamburg«. Ist das nicht etwas drastisch?Ivica Krijan: Ich könnte auch ein harmloseres Wort wählen, aber das würde der Sache nicht gerecht. Hinter Moia steckt VW mit sehr viel Geld. So ein Konzern ist in der Lage, mit Dumpingpreisen den Markt komplett aufzumischen und uns Taxiunternehmen an die Wand zu drücken.
EV: Der Elektroshuttle ist eine Konkurrenz, das ist klar. Warum verbessern die Taxiunternehmen dann nicht ihre Angebote?Krijan: Wir haben eine Beförderungspflicht und eine Tarifpflicht. Das ist gesetzlich festgelegt. Der Taxifahrer kann sich also nicht aussuchen, was die Tour von der Innenstadt zum Flughafen kosten wird. Diesen Preis bestimmen die Kommunen. Moia aber hat keine festen Preise.
EV: Klingt für die Fahrgäste erst mal ganz gut …Krijan: Aber was passiert, wenn die Taxis durch die Konkurrenz dezimiert werden? Dann gibt es diese verlässlichen Preise nicht mehr – und Anbieter wie Moia können dann aufgrund der hohen Nachfrage die Preise verdoppeln. Das macht zum Beispiel Uber in den USA auch so.
EV: Taxiunternehmen haben hierzulande doch auch Vorteile, zum Beispiel reservierte Stellplätze im öffentlichen Raum.Krijan: Wir dürfen aber nur an den Taxiständen halten. Wenn ich weiß, bei einer bestimmten Kneipe ist richtig Party, da wollen permanent Leute Taxi fahren, dann kann ich mich da nicht vor die Tür stellen, sonst kriege ich Abmahnungen oder böse Briefe. Ein Moia-Fahrzeug kann sich in der Stadt überall hinstellen und auf die nächste Bestellung oder Kundschaft warten.
EV: Mit welchem Argument wollen Sie nun das Gericht überzeugen?Krijan: Moia soll zur Hälfte Mietwagen sein und zur Hälfte »neue Verkehrsart«, wie es im Gesetz heißt. Diese »neuen Verkehrsarten« dürfen Behörden zu Testzwecken zulassen. Wenn man dazu 20 Moia-Wagen erlaubt hätte, wäre die Welt noch in Ordnung. Aber Moia plant einen Einstieg mit 1000 Fahrzeugen. Außerdem gibt es noch ein Problem.
EV: Welches wäre das?Krijan: Laut Gesetz gibt es im Individualverkehr entweder Taxis oder Mietwagen, bei denen ein Chauffeur Sie von A nach B bringt. Eine Konzessionierung für beides auf einmal ist laut Gesetz nicht erlaubt. Bei Moia ist es in der Praxis aber trotzdem so: Wenn ein Moia-Fahrzeug als Sammeltaxi unterwegs ist, darf der Fahrer gleichzeitig Bestellungen für Exklusivfahrten annehmen. Das eine nennt sich Moia Pooling, das andere Moia Exklusivshuttle. Der Exklusivshuttle ist praktisch ein Mietwagen – ohne die Einschränkungen, die sonst für Mietwagen gelten.
EV: Die Sammeltaxis sollen bewirken, dass mehr Menschen auf ihr Auto verzichten. Bedeutet das nicht auch für Sie mehr Kundschaft?Krijan: Dass Leute ihr eigenes Auto abschaffen würden, hat man schon beim Carsharing gesagt. Mit dem Argument, einen Verkehrskollaps zu verhindern, haben die Konzerne die Politik überzeugt. Das hat sich aber überhaupt nicht bewahrheitet, die Leute behalten ihr Auto trotzdem. Jetzt wird die nächste Sau durchs Dorf gejagt: statt Carsharing jetzt Ridesharing. Die Leute werden aber nicht wegen Moia ihr Auto abschaffen.
Musikfestival 48h Wilhelmsburg ist LandessiegerWas passiert, wenn die Nachbarn ein
Punkkonzert im Wohnzimmer geben? Anruf bei der Polizei, Beschwerde beim Vermieter – wäre ein Ansatz, aber sicher nicht der beste. Besser wäre:
Die Nachbarn kommen vorbei und feiern mit. Und ziehen später gemeinsam weiter zum nächsten Konzert. So läuft es einmal im Jahr beim
Musikfestival 48h Wilhelmsburg. Dafür, dass es Nachbarn zusammenbringt, ist das Fest nun ausgezeichnet worden: 48h Wilhelmsburg ist Landessieger beim
Nachbarschaftspreis. Sie erinnern sich – der Preis, der nachbarschaftliches Engagement für mehr Offenheit und
Zusammenhalt in einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft fördert und dessen Schirmherr Bundesinnenminister
Horst Seehofer war. Nachdem einige Kandidaten für den Preis deutlich machten, dass sie Seehofer in dieser Rolle nicht überzeugend finden, ist er
nun nicht mehr Schirmherr. Auch bei 48h Wilhelmsburg rührte sich
Kritik am Bundesinnenminister. »Eine staatliche Verwaltung, die ausgrenzt und jede Vielheit ersticken will, ist das Gegenteil von dem, wofür 48h Wilhelmsburg steht«, sagt Projektkoordinatorin
Katja Scheer. Den Rücktritt Seehofers von der Schirmherrschaft hält sie allerdings für keine gute Lösung.
»Wenn Kritik kommt, dann kann man sich nicht einfach zurückziehen, sondern muss Differenzen aushandeln.«