Inklusion beim Rollstuhlbasketball: »Das funktioniert einfach!« Quietschende Reifen, zappelnde Netze: Morgen startet die
Rollstuhlbasketball-WM »Zadonk!« in der Wilhelmsburger Inselparkhalle. Bis zum 26. August kämpfen 16 Männer- und zwölf Frauenteams um den Titel. Das Besondere: Menschen
mit und ohne Behinderung spielen zusammen – ganz selbstverständlich, wie uns
Jan Haller, Teamkapitän der deutschen Nationalmannschaft, erzählte.
EV: Sind Fußgänger-Basketball und Rollstuhlbasketball vergleichbar?Haller: Ja, der größte Unterschied sind wohl die Sportgeräte: Beim Fußgänger-Basketball ist das der Körper, bei uns ist es der Sportrollstuhl. Rollstuhlbasketball ist ein sehr actionreicher Sport. Wer das erste Mal bei einem Spiel ist, wird überrascht sein, wie viele Rollstuhlfahrer aneinanderstoßen, auch mal zu Boden knallen.
EV: Was ist die größte Herausforderung beim Spiel?Haller: Wenn man neu einsteigt, sicherlich die Koordination von Rollstuhl und Ball. Man muss das Sportgerät betätigen, darf den Ball nicht verlieren und muss auch noch treffen. Wer vom Fußgänger-Basketball zum Rollstuhlbasketball kommt, braucht drei bis vier Jahre, bis er so gut mit dem Rollstuhl umgehen kann, dass er mit dem Weltniveau mithalten kann. Da braucht es viel Training. Die meisten Hallen sind heute aber barrierefrei. Außerdem sind Feld und Linien zum Fußgänger-Basketball identisch. Auch die Körbe hängen gleich hoch.
EV: In den Teams spielen Menschen mit unterschiedlichen Handicaps. Wie lassen sich da Leistungen vergleichen?Haller: Jeder Spieler hat je nach Grad der Behinderung eine zugeschriebene Punktzahl. Eine Minimalbehinderung wie ein Knieschaden hat beispielsweise die Punktzahl 4,5, eine Querschnittslähmung die Punktzahl 1. Insgesamt dürfen nicht mehr als 14 Punkte auf dem Platz stehen. So wird die Vergleichbarkeit der Teams gewährleistet. Aber im Spiel wird gezählt wie beim Fußgänger-Basketball auch. Wer zwei Punkte macht, macht zwei Punkte.
EV: Also kann auch mitspielen, wer im Alltag nicht auf den Rollstuhl angewiesen ist?Haller: In der Bundesliga können auch Nichtbehinderte mitspielen. In der Nationalmannschaft muss eine Minimalbehinderung wie mehrfache Kreuzbandrisse bestätigt sein. Und wenn nachgewiesen ist, dass ein Spieler keinen Leistungssport mehr ohne Rollstuhl ausüben kann, kann er mitspielen, auch wenn er an sich nicht auf den Rollstuhl angewiesen ist.
EV: Wie funktioniert dieses Zusammenspiel von Menschen mit und ohne Behinderung?Haller: Das funktioniert einfach, wir reden da nicht drüber! Wenn jemand mittrainieren will, dann setzt er sich in den Trainingsrollstuhl und spielt. Das ist in den Teams kein Thema. Wenn sich jemand entscheidet, vom Fußgänger-Basketball zu uns zu kommen, weil es aus Verletzungsgründen dort nicht mehr weitergeht, freuen wir uns. Die Jungs haben eine gute Technik.
EV: Die Dauerkarten sind schon ausverkauft, für einzelne Spiele gibt es noch Tickets. War das Interesse immer so groß?Haller: Die Aufmerksamkeit ist in den letzten Jahren immer größer geworden. Bei den Paralympischen Spielen in Rio war bei uns fast mehr los als bei den Olympischen Spielen. Das lag auch daran, dass bei den Paralympics die Tickets günstiger waren, aber trotzdem war das eine coole Erfahrung. Natürlich hoffen wir, dass noch mehr Leute zuschauen kommen.
EV: Bei der WM 2014 ist Ihre Mannschaft auf dem elften Platz gelandet. Was haben Sie sich diesmal vorgenommen?Haller: Besser zu sein! 2014 war für uns ein Umbruchjahr. Jetzt sieht der Kader anders aus, wir haben uns entwickelt, deutlich mehr Qualität. Bei der EM haben wir vergangenes Jahr Bronze geholt. Große Ziele haben wir uns aber nicht gesetzt. So blöd es klingt, wir denken von Spiel zu Spiel. Und erst einmal steht zum Auftakt das Spiel gegen Marokko an.
Die Dauerkarten sind zwar schon weg, aber Einzelkarten gibt es noch hier.
Dribbel-Weltrekord – aber kaum Spenden Das Finale der Fußball-WM wollten sie eigentlich gemeinsam schauen, spätestens dann sollten die
4000 gedribbelten Kilometer bewältigt sein. Doch daraus wurde nichts. Die Aufgabe, die den
21 Kickern des FC Hamburger Berg fast zwei Monate lang schwere Beine bescherte (
wir berichteten), wurde zur Sisyphos-Arbeit. Wochenlang dribbelten sie bei Hitze und Regen durch Hamburger Straßen, am Montag war es endlich geschafft – den bisherigen
Weltrekord übertrafen sie um 932 Kilometer. »Nach der anfänglichen Euphorie haben doch viele gemerkt, worauf sie sich eingelassen haben. Manche haben sich auch auf der unebenen Straße verletzt und konnten nicht weiterlaufen«,
erzählt Ralph Hoffmann. Am Ende habe ein harter Kern von acht Fußballern den Ball über die Ziellinie gebracht. Aber hat sich die ganze Mühe auch gerechnet? Schließlich wurde für den guten Zweck gedribbelt: Der
Spendenerlös geht an Stiftungen, die sich für Waisenkinder einsetzen. »Es ist etwas zusammengekommen, aber nicht annähernd so viel, wie wir uns gewünscht hätten«, so Hoffmann. »Bislang können wir den einzelnen Stiftungen kaum mehr als ein Trinkgeld zukommen lassen.« Er könne sich selbst nicht erklären, woran das liegt:
»Es wäre schon schön, wenn da noch eine weitere Null dazukäme. Da steckt viel Herzblut drin.«
Ob die Bestleistung im Guinness-Buch der Rekorde landet, ist noch nicht sicher. Hoffmann will das gesammelte Videomaterial nun zusammenstellen, damit es von den Experten geprüft werden kann. Dann heißt es: warten.
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