DEAL-Krimi geht weiter | Peter Strohschneider hält Rede des Jahres | Birte Förster beantwortet 3 ½ Fragen | Dr. acad. Sommer erklärt, wie man Unipräsident wird

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
Willkommen im Wissenschaftsjahr 2018 mit all seinen Chancen! Dr. acad. Sommer erklärt in dieser Ausgabe gleich, wie man Unipräsident wird. Wie man die Rede des Jahres hält, zeigt Peter Strohschneider. Und Birte Förster plädiert im Fragebogen für die Fortentwicklung der Schreibkompetenzen und die Vielfalt der Lektüre, bestehend aus Quellen, Literatur, Zeitschriften, Blogs. Voilà, der erste CHANCEN Brief des Jahres.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
DEAL: Die nächste Staffel im Wissenschaftskrimi
Zwingen Deutschlands Hochschulen den wissenschaftlichen Verlagsgiganten Elsevier in die Knie und schaffen sie am Ende vielleicht einen internationalen Präzedenzfall? Im Moment sieht es fast danach aus. In dem zum Projekt mit dem schönen Namen DEAL erhobenen Lizenzstreit sind viele Unis aufs Ganze gegangen und haben ihre Verträge mit Elsevier zum Jahreswechsel gekündigt. Jetzt müssten sie also von der Literaturversorgung abgeschnitten sein. Doch genau das ist und wird offenbar nicht geschehen, solange die Vertragsverhandlungen andauern. “We are maintaining access to our content while we try to find a solution with individual institutions for 2018,” zitiert THE einen Elsevier-Sprecher, der zugleich betont, “It is normal practice for Elsevier to keep access open during talks about extensions or renewals.” Der Wissenschaftskrimi geht weiter.
  
 
 
Peter Strohschneider hält die „Rede des Jahres“
Was viele längst wussten, ist nun auch offiziell belegt. DFG-Präsident Peter Strohschneider spielt rhetorisch in der ersten Liga. Für seine couragierte Rede „Über Wissenschaft in Zeiten des Populismus“, gehalten bei der DFG-Jahresversammlung im vergangenen Sommer, verlieh ihm das Seminar für Allgemeine Rhetorik in Tübingen jetzt die Auszeichnung „Rede des Jahres“ (Welt, Focus, Spiegel Online). Strohschneiders Vortrag sei "ein engagiertes Plädoyer gegen populistische Vereinfachungen" und „höchst politisch“ gerade dadurch, „dass sie klar zwischen Politik und Wissenschaft differenziert“, so die Erklärung der Jury. Strohschneider rechne nicht nur mit dem Populismus ab, er wende sich auch vehement gegen „szientokratische“ Anwandlungen, nach denen „die politische Macht durch Wahrheit anstatt durch Mehrheit und Verfassung legitimiert“ werden solle. Die preisgekrönte Rede findet sich zum Nachhören hier. Neues von Strohschneider gibt es dann in einer Woche beim DFG-Neujahrsempfang in Berlin.
  
 
 
Stralsund stürzt Rektor nach 15 Monaten
Turbulenzen an der Fachhochschule Stralsund. Kurz vor dem Jahreswechsel hat sie sich nach nur 15 Monaten so unsanft von ihrem Rektor Matthias Straetling getrennt, dass dieser schon wenige Tage nach seiner Abwahl öffentlich kräftig nachtrat: „Die Hochschule Stralsund hat sich den zweifelhaften Ruf erarbeitet, externe Rektoren wegzumobben“, erklärte Straetling in einem Interview der Ostsee-Zeitung. Der Diplom-Kaufmann arbeitete in den 1990-er Jahren für das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG, ging danach ins Wissenschaftsmanagement und war vor seiner Wahl in Stralsund als Vizepräsident an der Friedrichshafener Zeppelin-Universität tätig.
  
 
 
Wissenschaft braucht Courage
Neue Impulse mit Handlungshinweisen für die Wissenschaftskommunikation gibt es in dieser Woche vom Siggener Kreis. Die rund 20 Experten aus der Wissenschafts-PR, dem Journalismus sowie aus Forschung und Lehre fordern in ihren jüngsten Empfehlungen vor allem dies: couragiertes Handeln für die Wissenschaft und die Wissenschaftskommunikation. Nötig seien „Widerstandskräfte gegen falsche Aussagen“ genauso wie „konsequente Transparenz der Wissenschaft gegenüber der Gesellschaft“, heißt es in der Erklärung, die der ZEIT vorab vorliegt.
  
 
 
Wirtschaft und Wissenschaft auf Kuschelkurs  
Der jüngste Nature-Index belegt: Wirtschaft und Wissenschaft arbeiten so eng zusammen wie nie. Sie tun damit zwar genau das, wozu sie die Politik drängte, doch von Jubel kann nicht die Rede sein. David Swinbanks, Gründer des Nature Index, wittert hinter dem Trend jedenfalls nichts Gutes für die Gesellschaft: „The dramatic shift towards greater collaboration between industry and academia could be attributed to increased outsourcing of research by businesses, but also pressure from governments on universities and public research institutions to produce research of more immediate relevance to society and commercial applications”, zitiert ihn THE und: “While closer collaboration between industry and academia is desirable, the longer-term concern is that it could shift the balance between basic and applied research in research institutions.”
  
 
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Die Zahl
 
 
   
1:91

beträgt das durchschnittliche Betreuungsverhältnis an Universitäten in Nordrhein-Westfalen. Damit trägt das Land mit der höchsten Hochschuldichte in Deutschland die rote Lampe. Am besten ist die Betreuungsrelation in Thüringen. Dort kommen 45 Studierende auf eine Professorin beziehungsweise einen Professor.
 
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Dr. Birte Förster

Vertretungsprofessorin für Neuere und Neueste Geschichte an der
Universität Bremen
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Wie produktiv die Fremdheitserfahrung der Quellenlektüre im Seminar sein kann.
 
Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Die Weiterentwicklung der Schreibkompetenzen in den Geisteswissenschaften. Am Institut für Geschichtswissenschaft der Uni Bremen sind in Seminaren neben der Hausarbeit noch eine Reihe anderer Schreibleistungen möglich: Essays, Protokolle, Blogtexte, Projektarbeit. Als Lehrende kann ich aus einem Kanon auswählen, was zu meiner Veranstaltung passt. Das ist für mich neu und ich finde es ungeheuer produktiv. Zugleich ist es recht einfach zu bewerkstelligen, denn es ist nur eine Frage, wie man die Prüfungsleistung definiert. Es kostet allerdings Zeit, für Lehrende wie Studierende.
 
Lektüre muss sein. Welche?
Nicht welche, sondern Vielfalt von Lektüren: Quellen, wissenschaftliche wie belletristische Literatur, Zeitungen, Zeitschriften und Blogs. Auf der Suche nach Autor*innen, deren Argumentation mich überzeugt, deren Stil ich besonders gut oder besonders umständlich finde. Dabei vom ersten Semester an unbedingt Vorlieben entwickeln, sich trauen zu bewerten und das am besten gleich notieren. Denn Lesen und Schreiben hängt eng zusammen. Eine Lektüre muss sein: jene, die das Fach reflektiert. Für mich zum Beispiel Marc Blochs „Apologie der Geschichtswissenschaften“ und Joan W. Scotts „Gender als historische Analysekategorie“.
 
Und sonst so?
Gute Gründe suchen und finden, die Konstruktion des eigenen Forschungsgegenstandes zu legitimieren.
   
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Dr. acad. Sommer
 
 
   
   
Der Start ins neue Jahr beginnt ambitioniert! Uns erreichte nämlich die folgende Frage: „Wie wird man Uni-Präsident/in?“ Das ist auch für Dr. acad. Sommer eine echte Herausforderung. Wir haben uns daher zusammengetan und zunächst einen Test erstellt, mit dem Sie herausfinden können, ob Sie überhaupt für diesen Job geeignet sind.

Stellen Sie sich dafür bitte vor, Sie sind bereits Präsident/in:
 
1. Ihre Uni ist erstmals Exzellenzuni geworden. Sie sind nach ausgiebigem Jubel, Schampus und vielen Glückwunschanrufen grade auf dem Weg nach Hause. Ein verspäteter Redakteur kommt Ihnen entgegen und bittet Sie, für Fotos nochmals in ekstatische Jubelschreie zu verfallen und die Kolleg/innen stürmisch zu umarmen. Wie reagieren Sie?
a) Na klar. Anschließend lasse ich meine Pressestelle das Bild umgehend auf allen Kanälen posten.
b) Ohne mich, der ganzen Medienrummel nervt, ich bin schließlich kein Schauspieler!
 
2. Auf einer HRK-Tagung sitzen Sie neben dem Präsidenten einer sehr bekannten Uni. Nachdem er hört, dass Sie von einem weniger renommierten Standort kommen, dreht er sich von Ihnen weg und plaudert den Rest des Abends mit einem anderen Big Shot. Was denken Sie?
a) Du Wichtigtuer, Dich ignoriere ich in Zukunft auch!
b) Ich will zurück in mein Labor... Holt mich hier raus!
 
3. Sie wollen die Uni strategisch besser aufstellen und schlagen dem Senat vor, einige Fächer der Lehrerbildung an einen anderen Standort zu verlagern. Vor Ihrem Büro gibt es daraufhin tagelang Proteste von Studierenden, die GEW bezeichnet Sie als seelenlose/n Manager/in. Was tun Sie?
a) Sie schicken Ihren kommunikationsstarken Vizepräsidenten vor die Tür, führen ein vertrauensbildendes Telefonat mit der Ministerin und schauen sich dann in Ruhe die
Bundesligaergebnisse an.
b) Sie rufen Ihren alten Sandkastenfreund an und beklagen sich über die Reformresistenz Ihrer Uni. Danach treten Sie vor die Tür und lassen sich mit Eiern bewerfen.

Auswertung:
Sie haben überwiegend b) angekreuzt? Dann viel Freude weiterhin beim Lehren und Forschen. Den Triple-As präsentieren wir dagegen das ultimative Patentrezept für den Weg ins Präsidium – absolut wasserdicht und mit Erfolgsgarantie:
 
1. Studieren und promovieren Sie (mit summa cum laude) an einer traditionsreichen Universität. Sie wissen schon, irgendwas mit Backstein und Efeu.
2. Etablieren Sie sich während Ihrer Postdoc-Zeit auf einem zukunftsweisenden Forschungsfeld.
3. Suchen Sie sich irgendwo eine erste Professur mit ausreichenden Entfaltungsmöglichkeiten.
4. Betreiben Sie erfolgreiche Selbstvermarktung. Man soll Sie ja auch später noch für Ihre wissenschaftlichen Leistungen respektieren, wenn Sie zum Forschen keine Zeit mehr haben.
​5. Bilden Sie Netzwerke – auch in die Landespolitik.
6. Verabschieden Sie sich langsam aus dem Tagesgeschäft der Forschung und wenden Sie sich dem reinen Management zu.
7. Werben Sie ein paar millionenschwere Verbundprojekte ein. Natürlich als Sprecher/in.
8. Werden Sie Dekan/in Ihres Fachbereichs, oder (wenn’s schnell gehen soll) auch gleich Vizepräsident/in.
9. Geben Sie Interviews zu großen, strategischen Themen.
10. Stellen Sie sich gut mit allen Fraktionen im akademischen Senat Ihrer Uni. Noch besser: Machen Sie sich am besten überhaupt gar keine Feinde. Nirgends.
11. ... und lassen Sie sich von anderen überreden, sich als Präsident/in zu bewerben.
 
Der Rest geht dann praktisch von selbst.
 
Ein erfolgreiches Jahr 2018 wünscht Ihnen herzlich Ihr/e Dr. acad. Sommer.
 
Franziska Jantzen, Hannover, arbeitet seit 2001 als Coach, Beraterin und Trainerin im
Wissenschaftsbereich. Sie schreibt für das Coachingnetz Wissenschaft als „Dr. acad. Sommer“. Kontakt: www.jantzen-entwicklungen.de und www.coachingnetz-wissenschaft.de
 

Dr. Uli Rockenbauch ist Persönlicher Referent der Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft und berät die Scientific Community im ZEIT CHANCEN Brief als "Dr. acad. Sommer".
   
   
Auch eine Frage an Dr. acad. Sommer? Schreiben Sie an chancen-brief@zeit.de, twittern Sie unter #ChancenBrief – oder hinterlassen Sie uns in diesem Kontaktformular anonym Ihre Frage!
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
   
Soll man Studenten zwingen, im Hörsaal zu sitzen?
Ja! Die Anwesenheitspflicht ist nötiger denn je. Echte Bildung ist ohne Begegnung nicht zu haben, von Manuel J. Hartung Nein! Die Anwesenheitspflicht sieht den Studenten als Mängelwesen – und simuliert nur Ordnung und Kontrolle, von Robert Pausch

Wie geht weltbeste Bildung? In Nordrhein-Westfalen zeigt sich, wie glaubwürdig die Schulpolitik der FDP ist. Die Liberalen haben vieles versprochen, Ministerin Yvonne Gebauer muss große Hoffnungen erfüllen Lernen wie die reichen Kinder Faule Lehrer, korrupte Rektoren: Das Bildungssystem in Südafrika ist ungerecht. Eine private Initiative will alles anders machen

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Logo war gestern, jetzt ist Maskottchen! Wenn Sie an Ihrer Hochschule noch keines haben, es ist auch 2018 nicht zu spät. Anregungen gibt es bei Wikipedia oder (kritisch begleitet und bestens eingeordnet) bei Wonkhe. Dort erfahren Sie auch, wo die bemerkenswertesten Exemplare der Spezies Uni-Maskottchen unter Vertrag stehen. Der oder die umwerfende Banana Slug (siehe Foto) ist zum Beispiel der University of California Santa Cruz verpflichtet – noch.  

Quelle: Wonkhe
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Hip hip hooray!

Ihr CHANCEN-Team

PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an –  unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
 
 
   
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