KMK: Wer sind wir, und wenn ja: wie mächtig?Es hätte unbeschwert feierlich werden sollen, heute ab 14 Uhr im Auditorium Friedrichstraße. Dort treffen sich Minister, Staatssekretäre, Honoratioren und Ehrengäste, um einen Geburtstag zu feiern: den 70. Geburtstag der Kultusministerkonferenz (KMK). Doch über der Party wird eine philosophische Frage stehen: Wer sind wir, und wenn ja: wie mächtig? Wie bei allen großen philosophischen Fragen ist ihre Beantwortung existenzieller Natur. Es geht ums Ganze.
Wenn ab 14.35 Uhr der neue KMK-Präsident Helmut Holter (Linkspartei) und die alte Präsidentin Susanne Eisenmann (CDU) mit dem Koordinator der sogenannten A-Länder Ties Rabe (SPD) und dem B-Koordinator Ludwig Spaenle (CSU) sprechen, werden sie über eine sinnvolle Zukunft der KMK reden müssen.
Denn die KMK ist von außen und von innen unter Druck geraten, selten wurde das so sichtbar wie in dieser Woche.
Erstens ist das 28-seitige Sondierungspapier ein Angriff auf den Bildungsföderalismus. „Wir haben uns nicht überall durchgesetzt, aber gerade im Bildungs- und Forschungsbereich haben wir uns durchgehend durchgesetzt“, twitterte der SPD-Politiker Hubertus Heil am Samstag – ein Tweet, der im BMBF besonders aufmerksam registriert wurde. „Ende Kooperationsverbot in der Bildung“ hatte der Berliner Wissenschaftsstaatsekretär Steffen Krach schon am Freitag als Deutung ausgegeben. Und in der Tat: Zwar heißt es auf Seite 11 des Papiers: „Die Kultushoheit bleibt Kompetenz der Länder.“ – die Substanz der Beschlüsse sieht jedoch anders aus.
Der Soziologe Ulrich Beck prägte im Hinblick auf gesellschaftliche Veränderungen einmal den Ausdruck „verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“; das Sondierungsergebnis ist das Gegenteil: verbale Abgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensänderung. Dass die Bundesförderung verstetigt wird, dass auch nicht finanzschwache Kommunen Geld bekommen dürfen, auch dass es einen „Nationalen Bildungsrat“ geben soll – all das zeigt, wie stark der Bund künftig sein möchte. Der Satz „... bleibt Kompetenz der Länder“ ist eher ein kompromisshaftes Bekenntnis. (Wie ein solcher Bildungsrat erfolgreich sein kann, hatte übrigens der langjährige KMK-Generalsekretär Erich Thies 2012 im ZEIT-Interview mit Thomas Kerstan skizziert, das
Gespräch ist heute so wichtig wie damals).
Zweitens ist die KMK von innen unter Druck: Bislang kam Kritik stets von außen, wie
Martin Spiewak aufzeigt. Nun haben drei der großen Strippenzieher der deutschen Bildungspolitik, die SPD-Politiker Burkhard Jungkamp und Michael Voges und der CDU-Mann Josef Lange in einem Offenen Brief umfassende Reformen angemahnt. Die Kombination der drei ist deshalb so besonders, weil es Vertreter von Ost und West, Flächenländern und Stadtstaat, A- und B-Ländern sind. In einem
Gespräch mit Spiewak kritisieren sie die großen Defizite des Bildungsföderalismus. Ein Gespräch, das heute im Auditorium Friedrichstraße auch für Gesprächsstoff sorgen wird – und deutlich macht, wie dringlich eine Debatte über die Reform der KMK ist.