| Guten Morgen, | | |
meine Anmerkungen von vor zwei Tagen zum Fehlen sozialer Kompetenz in unserer Gesellschaft haben bei Ihnen großes Echo hervorgerufen. »Für mich erscheint die zunehmende Aggressivität untereinander schon seit Jahren wie ein Virus, der mehr und mehr unbehandelt seine Kreise zieht«, schreibt eine Leserin. »Es regieren sofortiges Habenwollen, Null-Geduld-Politik und das Gefühl des Neides ...« Wo »früher« noch Rücksicht auf andere Menschen geherrscht habe, »sieht man jetzt nur noch sich und sein Vorankommen«, mailt ein anderer. Und kommt auch schon zu des Pudels Kern: »Die Frage ist dann doch leider: Gebe ich auf und mache den Mitläufer, oder versuche ich weiter, auch andere Menschen wahrzunehmen?« Diesen Punkt muss zwar jeder für sich beantworten; allerdings: Viele Einzelentscheidungen können schnell eine massenhafte Bewegung ausmachen. Wie selbstverständlich es für viele jetzt schon ist, das vermeintliche Recht des Stärkeren im Alltag durchzusetzen, dazu machte ein weiterer Leser ein kleines Experiment. Beim Spazierengehen im Stadtpark und in Volksdorf erlebte er, dass nebeneinander radelnde Radfahrer und zu dritt oder viert in Reihe promenierende Fußgängergruppen seine Frau und ihn beim Sich-Begegnen ständig nötigten, hintereinander zu gehen. Bis das Paar darauf setzte, dass nun endlich auch mal die Entgegenkommenden Platz machen würden. Ein Irrtum. »Die Selbstversuche, einfach mal nebeneinander weiterzugehen, enden zumeist mit einem festen Anrempeln oder Unverständnis ob des quasi gespiegelten Verhaltens«, schreibt Leser S. »Ist es wirklich so, dass ich das Verhalten, das ich für mich normal finde, nicht von anderen erwarten darf/kann?« Und während Sie darüber noch nachdenken, ein paar Zeilen von Leserin T., Mitte 50: Sie hatte mit ihrem Mann im Fahrstuhl bei Karstadt ein Erlebnis, bei dem – ähnlich wie bei dem Fall, von dem ich hier vorgestern erzählte – Kinderwagen eine Rolle spielten. Allerdings lief dieses ganz anders ab: »Im dritten Stock stiegen zwei junge Frauen mit zwei Kinderwagen zu«, schreibt sie. »Mein Mann ging noch hinaus, um ihnen das Hineinfahren zu erleichtern. Wir quetschten uns dann, so gut es ging, an die Seite und meinten noch freundlich, dass es doch gut wäre, dass wir alle hineinpassten. Worauf die eine der jungen Frauen antwortete, Kinderwagen hätten ja eh Vorrang und dass wir sowieso hätten aussteigen müssen, wenn es nicht gepasst hätte.« Perplex und im Reflex verwies Leserin T. auf ihre Gehbehinderung und bekam zur Antwort: »Es gibt ja Rolltreppen, die Sie nehmen können.« Seither fragen sich Frau T. und ihr Mann: »Sind wir verknöcherte und verbohrte Menschen, die keine soziale Kompetenz haben? Sind die jungen Frauen überheblich und selbstgefällig? Ich weiß es nicht.« Was denken Sie?
Finanzskandal: Schaute Hamburg bei Cum-Ex-Geschäften weg?
Der eklatanteste Steuerskandal der deutschen Geschichte wirft seinen Schatten auf Hamburg: Nach Recherchen des Investigativnetzwerks von NDR, WDR und »SZ« hat auch die Traditionsbank M. M. Warburg & Co. sogenannte Cum-Ex-Geschäfte betrieben – und so den Hamburger Fiskus beinahe um bis zu 190 Millionen Steuergeld gebracht. Die Privatbank soll sich Steuern auf Aktienerträge zurückerstattet haben lassen, ohne überhaupt welche gezahlt zu haben. Doch das ist nach Informationen der Kollegen nicht alles: Der Trick flog auf, die Finanzbehörde wurde informiert – und soll nichts getan haben. Erst als sich nach knapp einem Jahr das Bundesfinanzministerium einschaltete, soll die Behörde aktiv geworden sein, um sich das Steuergeld zurückzuholen und zu verhindern, dass der ganze Vorgang verjährt. Wieso geschah so lange nichts? Drückte der Senat ein Auge zu, wie der Hamburger Bundespolitiker Fabio De Masi von der Linken behauptet, um die als Kulturmäzene bekannten Banker zu schonen und »Standortpflege« zu betreiben? Liegt das Geld nun wieder in der Staatskasse? Und stimmt es überhaupt, dass die Banker die Stadt austricksen wollten? Warburg nimmt auf Medienanfragen keine Stellung, auch die Finanzbehörde sagt nichts. »Alles, was da berichtet wird, unterliegt dem Steuergeheimnis«, erklärt Sprecher Daniel Stricker. »Wir können das weder bestätigen noch dementieren.« Eines ist laut Behördensprecher jedoch unbestritten: Die Unterstellung des Linken-Politikers De Masi sei »definitiv falsch. Es gibt in Hamburg niemals eine politische Einflussnahme auf steuerliche Einzelvorgänge.« |
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