| Spielhallen dürfen vorerst offen bleiben
Im Sommer letzten Jahres keimte die Hoffnung auf, dass Hamburgs Straßen bald deutlich weniger hässliche Spielhallen beherbergen dürften. Eine neue Regelung des Hamburger Spielhallengesetzes verlangte einen Mindestabstand von 500 Metern zwischen zwei Etablissements. Wo sich mehr Spielhöllen ballten, beispielsweise in der Billstedter Hauptstraße, wurde eine Auswahl getroffen, wer das Feld räumen muss. Bleiben durfte dem Gesetz zufolge dann die Halle, die zuerst da war. Spielhallenbetreiber legten Widerspruch ein, beim Verwaltungsgericht sind derzeit 80 Eilverfahren anhängig. Und in zwei Musterverfahren haben die Richter nun – im Sinne der Spielhallenbetreiber – entschieden. Warum das? Anne Groß, Sprecherin der Verwaltungsgerichte, erklärte uns: »Im Eilverfahren geht es um die Frage, was passiert, bis über die Klage entschieden ist. Müssen die Spielhallen die Schließung dulden oder nicht?« Das Gericht verkündete nun: Sie müssen es nicht. Obwohl ihnen derzeit die notwendige behördliche Genehmigung fehlt, dürfen die Spielhallen ihren Betrieb fortführen. Die Regelung nach dem Motto »der Ältere hat Vorrang« sei nicht differenziert genug. Zudem zeigt die Erfahrung, dass sich solche Verfahren über Jahre hinziehen können. Blieben die Hallen bis dahin geschlossen, wären etliche Spielhallenbetreiber wirtschaftlich ruiniert oder Mietverträge längst ausgelaufen. »Der Spielhallenbetreiber muss davor geschützt werden, dass er alles verliert«, erklärt Groß. Bleibt nur noch eine Frage offen: Wer schützt die Kunden dieser Spielhallen davor, dass sie alles verlieren? Die Stadt Hamburg hat bereits Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt.
»Der Senat bricht sein eigenes Gesetz«
Die gute Nachricht: Das Hanseviertel in der City steht laut »Hamburger Abendblatt« hiermit unter Denkmalschutz und kann nicht abgerissen werden. Die schlechte: theoretisch doch, und zwar, wenn der Senat wieder einmal sein eigenes Denkmalschutzgesetz ignoriert. Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein Hamburg erklärt, wieso das so einfach geht. Und was man dagegen tun sollte. Elbvertiefung: Wem ist es zu verdanken, dass das Hanseviertel nun unter Denkmalschutz steht? Kristina Sassenscheidt: Es galt schon vor ein paar Jahren als »denkmalverdächtig« – das heißt wirklich so. Man hat sich aber nicht so richtig getraut, es unter Schutz zu stellen, weil es noch so jung war. Es wurde ja erst 1980 fertig gebaut. Die Allianz hat nun als derzeitiger Eigentümer beim Denkmalschutzamt angefragt, vermutlich um zu erfahren, unter welchen Voraussetzungen sie verkaufen darf. EV: Wollte der potenzielle Käufer nicht abreißen und neu bauen? Sassenscheidt: Davon habe ich auch in der Presse gelesen. Aber inzwischen soll es durchaus auch mögliche Käufer mit großem Interesse am Erhalt geben. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich das hörte. Dass überhaupt jemand auf die Idee kam es abzureißen, fand ich etwas schockierend. Aber man kann auf dem Grundstück natürlich die dreifache Nutzfläche unterbringen. Doch was allein an Energie und Rohstoffen für Abriss und Neubau verschwendet wird! EV: Der City-Hof am Hauptbahnhof steht auch unter Denkmalschutz, soll aber trotzdem mit Senatserlaubnis abgerissen werden. Unter welchen Voraussetzungen darf sich der Senat über den Denkmalschutz hinwegsetzen? Sassenscheidt: Es gibt im Gesetz den Passus, dass abgerissen werden darf, »sofern überwiegende öffentliche Interessen das verlangen«. Beim City-Hof argumentierte der Senat mit städtebaulichen Interessen. Aber in den Augen vieler Fachleute stellt die geplante Neubebauung eine städtebauliche Verschlechterung dar, weil sie nicht ansatzweise die Qualität des City-Hofes erreicht, sondern einfach nur ein massiver Gebäuderiegel wird. Der Senat bricht sein eigenes Gesetz, das die Stadt dazu verpflichtet, vorbildhaft mit ihren Denkmälern umzugehen. EV: Darf der Senat sich so einfach über seine eigenen Gesetze hinwegsetzen? Sassenscheidt: Darüber werden hoffentlich die Wähler befinden ... Ich bin schon seit Langem für ein Verbandsklagerecht für Denkmalschutz. Das Denkmalschutzamt ist Teil der Kulturbehörde und somit weisungsgebunden gegenüber dem Senat. Wenn er städtebauliche Interessen vorschiebt, obwohl jeder Fachmann sagt, dass diese nicht greifen, macht er sich unglaubwürdig. Aber mit dem Denkmalschutzgesetz wird von diesem Senat ohnehin sehr locker umgegangen. EV: Ist das Hanseviertel denn nun sicher? Oder könnte ein Käufer mit guten Beziehungen auch auf eine Abrisserlaubnis hoffen? Sassenscheidt: Tatsächlich war das meine größte Sorge, als ich las, dass die ECE interessiert sei. Die durfte gerade mit dem Segen des Senats eine denkmalgeschützte Metallfabrik am Billbrookdeich abreißen. Da drängt sich schon der Eindruck auf, dass es beim Denkmalschutz Sonderregelungen gibt. EV: Gibt es die beim aktuellen Senat sehr oft? Sassenscheidt: Ja, auch weil der Entwicklungsdruck in Hamburg gestiegen ist. Es gibt mehrere aktuelle Beispiele, wo der Senat die Interessen großer Unternehmen vorgezogen hat – beispielsweise für den Abriss eines alten Hochbunkers am Eidelstedter Weg, weil Beiersdorf dort bauen wollte. Denkmalschutz ist aber ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, und der Senat handelt bei solchen Entscheidungen nicht im Sinne seiner Wähler. Die meisten Hamburger schätzen ihre historische Baukultur. |
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