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Lieber Dr. acad. Sommer, Ich arbeite an einem Forschungsthema, dem momentan viel gesellschaftliche Aufmerksamkeit gewidmet wird. Für mich wäre das eigentlich eine perfekte Gelegenheit, um mich stärker in den öffentlichen Dialog einzubringen, denn ich glaube, ich kann hier viel beitragen – nur habe ich kaum Erfahrung damit. Wie kann ich mich als Expertin etablieren und Medien auf mich aufmerksam machen? Liebe X, im ersten Schritt sollten Sie sich diese Frage stellen: Mit welchem Thema möchten Sie in welchen Medien präsent sein? Ihre Kommunikationsabteilung kann Ihnen dann erste Medienkontakte vermitteln oder Anfragen gezielt an Sie weiterleiten. Der beste Zeitpunkt hierfür ist ein aktueller Anlass im Tagesgeschehen, auf den Sie schnell reagieren sollten. Nächster Schritt: Machen Sie es den Leuten leicht, Sie zu finden. Ihre eigene Webseite sollte ansprechend, informativ und aktuell sein, mit Foto, Forschungsprofil und Kontaktdaten. Auch Stichwörter sind sehr wichtig: Beim Thema Diabetes wird im Netz nach „Professur für Diabetesforschung“ gesucht, nicht nach „Signaltransduktion bei Stoffwechselerkrankungen“. Äußern Sie sich aktiv: Social Media – insbesondere Twitter – sind sehr nützlich, um sich regelmäßig zu bestimmten Themen zu Wort zu melden. Wissenschaftler nutzen diesen Kanal zwar kaum, Journalisten aber umso mehr, und Sie werden erstaunt sein über die Resonanz mancher Tweets. Falls Sie kein „Digital Native“ sind, erhalten sie im Netz hervorragende Twitter-Anleitungen für Einsteiger. Nur Mut! Wenn Sie dann irgendwann Ihre erste Medienanfrage bekommen, sollten Sie gut vorbereitet sein: | • | | Ganz wichtig: Wer die Kunst der Reduktion nicht beherrscht, geht unter! Verzetteln Sie sich nicht in wissenschaftlichen Details. Viele Wissenschaftler haben Angst, dass ihr Ruf in der Community leidet, wenn sie Zusammenhänge vereinfacht darstellen; diese Sorge ist jedoch unbegründet. | | • | | Wenn Sie beim Erzählen nicht auf den Punkt kommen, verzeihen Ihnen das vielleicht Ihre Studenten – aber niemals die Zuhörer einer Radiosendung. Überlassen Sie Ihren Auftritt also nicht dem Zufall, sondern lassen Sie sich von Profis vorbereiten. Ein Medientraining lohnt sich immer. | Eine Warnung vorweg: Selbstvermarktung in der Wissenschaft funktioniert am besten, wenn Sie wenige Themen intensiv bespielen. Wenn Sie also einmal zur Expertin zum Thema XY erhoben werden, bekommen Sie wahrscheinlich immer wieder dieselben Fragen und sollen immer wieder ähnliche Antworten geben. Seien Sie deshalb nicht enttäuscht. Oberstes Ziel ist nicht, dass Sie möglichst viel Wissen präsentieren, sondern dass Sie eloquent und fundiert über ein Thema sprechen, das die Menschen interessiert, so dass Ihre Gesprächspartner hinterher zu dem Schluss kommen: „Wow, die sollten wir beim nächsten Mal wieder einladen!“ Dr. Uli Rockenbauch ist Persönlicher Referent der Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft und berät die Scientific Community im ZEIT CHANCEN Brief als "Dr. acad. Sommer".
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