| Alter Elbtunnel gesperrt oder: Auf dem Wasser sind alle gleich
Wilhelmsburger kennen das Dilemma. Wenn der 13er-Bus im Stau steckt, die S-Bahn wegen einer Signalstörung nicht fährt, man kein Auto besitzt und doch in die Innenstadt will, radelt man eben zum alten Elbtunnel. Blöd nur, wenn auch der Weg unter Wasser dicht ist. So wie jetzt: Ab heute und bis Freitag ist der Elbtunnel wegen Wartungsarbeiten gesperrt. Wir wissen das übrigens nur, weil uns ein Leser darauf hinwies, der selbst einen kleinen Aushang mit der entsprechenden Ankündigung im Tunnel entdeckte. Und nun recht frustriert ist. Die Sperrung sei ein »herber Schlag gegen viele Berufspendler, die umweltfreundlich mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind«, schrieb er uns; die Route dürfe nicht ohne Ersatz für eine Arbeitswoche gesperrt werden. Konkreter: Der erboste Leser wünscht sich alternativ kostenlose Fahrten mit der Hafenfähre 73. Das bleibt wohl ein Wunschtraum. »Kostenlose Fährfahrten während der Elbtunnelsperrung wären schwerlich umsetzbar«, sagt Christian Füldner, Sprecher der Verkehrsbehörde, dies würde dem Gleichbehandlungsgrundsatz für die HVV-Kunden widersprechen. Ja, den gibt es: Man könne nicht die Kunden des einen Verkehrsmittels vom Tarif befreien und die anderen weiter zahlen lassen, so Füldner. Ebenso wenig könne man einen Teil der Fährbenutzer zahlen lassen und die anderen, die eigentlich den Tunnel genommen hätten (»ich schwöre …«), eben nicht. Wahrhaftig, auch das ist ein echtes Dilemma. Aber leider irgendwie auf Kosten der Wilhelmsburger.
»Sich als Täter zu outen ist für viele eine Riesenhürde«
Schreien, schlagen, mit Geschirr werfen: Häusliche Gewalt findet oft im Verborgenen statt. Doch es gibt Hilfe – auch für die Täter: Das Hamburger Gewaltschutzzentrum berät Menschen, die gewalttätig wurden. Und die Nachfrage sei groß, berichtet Gewaltberater Günter Reif. EV: Herr Reif, warum werden Menschen in Beziehungen gewalttätig – gibt es da ein Muster? Reif: Wir haben oft mit Fällen zu tun, in denen Männer schlicht nicht wissen, wie sie einen Beziehungsstreit gewaltfrei lösen können. Es beginnt mit einem Streit über typische Konfliktthemen wie Erziehung, Eifersucht oder Geld. Sie sehen sich mit Vorwürfen konfrontiert, können sich nicht mit Argumenten verteidigen. Und schlagen zu. Das hat erst mal den gewünschten Effekt: Es kehrt Ruhe ein. Dabei ist das natürlich keine Lösung, vielmehr setzt sich eine Gewaltspirale in Gang: Die Täter lernen gar nicht, eigene Bedürfnisse zu artikulieren, schlucken Ärger hinunter und schlagen beim nächsten Streit wieder zu. Ein Teufelskreis. EV: … und bei Ihnen zeigen die Täter Reue? Reif: Viele haben zwar Selbstzweifel und Schuldgefühle, weisen zugleich aber dem Opfer die Schuld zu, weil es die Gewalt »provoziert« habe: ein typischer Versuch, die Tat vor sich selbst zu rechtfertigen. Hier setzt unsere Arbeit an: Der Täter muss die eigene Schuld erst mal anerkennen und Verantwortung übernehmen. EV: Wie läuft die Beratung ab? Reif: Nach einem Erstgespräch gibt es etwa 20 weitere Termine in Einzel- oder Gruppensitzungen. So viele müssen es schon sein, damit sich das Verhalten langfristig ändert. Wir versuchen, die Einstellung zu Gewalt zu ändern, und zeigen, wie Konflikte anders zu lösen sind. Sollte eine Psychotherapie nötig sein, helfen wir bei der Vermittlung. EV: Wer kommt zu Ihnen? Reif: 80 bis 90 Prozent unserer Klienten sind Männer. Altersmäßig ist da zwischen 18 und 70 Jahren alles dabei, die meisten sind aber zwischen 30 und Mitte 40. Das ist das Alter, in dem viele realisieren: Wenn ich jetzt nicht mein Verhalten ändere, verliere ich meine Familie oder kann nie eine gründen. Etwa die Hälfte kommt aus freien Stücken oder folgt dem Rat eines Arztes, bei uns Hilfe zu suchen. Der Rest wird uns von Behördenseite zugewiesen, weil das Gericht die Beratung zur Bewährungsauflage gemacht hat. EV: In Zeiten von #metoo wird über häusliche Gewalt offener gesprochen. Melden sich heute mehr Täter als früher? Reif: Ja, denn seit den Achtzigern gab es eine starke Sensibilisierung für das Thema, auch weil das Gewaltschutzgesetz heute klarer definiert, was geht und was nicht. Doch im Alltag ist das Thema noch immer ein großes Tabu. Sich als Täter zu outen ist für viele eine Riesenhürde. Was sich geändert hat: Heute kommen mehr Frauen als früher. EV: Wie erklären Sie sich das? Reif: Die Frau ist das Opfer, der Mann der Täter: Das entsprach lange den klassischen Geschlechtervorstellungen, die sich nun ändern. Die Täterarbeit spricht inzwischen nicht mehr nur Männer an, während über Fälle, in denen Frauen gewalttätig wurden, häufiger berichtet wird. Wenn ein Mann heute bei der Polizei anruft und sagt, dass seine Frau ihn geschlagen hat, wird er nicht mehr ausgelacht. Ein großer Fortschritt. EV: Sie sind die einzige Beratungsstelle für Täter in ganz Hamburg. Reif: Ja, das ist ein großes Problem. Wir sind nur zwei Mitarbeiter und können den Bedarf kaum abdecken. Gerade finanzieren wir uns durch Spenden und unseren Träger S & S, die gemeinnützige Gesellschaft für Soziales. Auch von der Sozialbehörde gibt es Unterstützung, die läuft aber im Januar aus – dann müssen wir weitersehen … Weitere Informationen und Ansprechpartner gibt es beim Dachverband Täterarbeit Häusliche Gewalt.
Thor-Steinar-Laden im Barmbek schließt
Das war’s für Thor Steinar: Seit März war die bei Rechten beliebte Modemarke mit einem Laden in Barmbek vertreten, nun muss das Geschäft schließen. Am Freitag bestätigte das Amtsgericht Barmbek ein Urteil vom August, wonach der Vermieter verpflichtet wurde, den Mietvertrag zu beenden. Dagegen hatte er Widerspruch eingelegt, ohne Erfolg. Bis Ende Januar muss der Laden nun die Räume in der Fuhlsbütteler Straße verlassen, berichtet die Linksfraktion im Bezirk Nord. Zuvor hatte sich im Stadtteil immer wieder Protest formiert (wir berichteten). Wir freuen uns, das Thema ad acta zu legen – und der Marke nicht weiter Aufmerksamkeit zu verschaffen. | |
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