Es ist das Gerücht der Stunde! Angeblich soll sich der TV Produzent und Regisseur Nico Hofmann die Rechte an der Regierungsbildung gesichert haben. Er will für Netfix eine Serie drehen. Titel: Regierungsbildung. Die Besetzung steht schon fest. Montserrat Caballé spielt Sigmar Gabriel kurz vor der Bundestagswahl, und Posh Spice spielt die Monate danach. Ein Knaller aber ist das: Für die Rolle des Christian Lindners konnte man tatsächlich Charlène von Monaco gewinnen! Hannelore Hoger ist die Kanzlerin, klar, bietet sich an. Für Martin Schulz wird noch gecastet, sondiert, sagt man dazu in der Politik. Es ist aber auch nervenaufreibend! Wir haben sechs Parteien und ein Bundestagsergebnis, aber keine Regierung. Thematisch liegen die potenziellen Kandidaten sehr nah beieinander. Weniger Flüchtlinge, mehr Netto vom Brutto und bessere Ausstattung für die Polizei. Doch je nachdem, wer sich mit wem zusammentut, wird ein völlig neuer Begriff erschaffen werden. Werden müssen. Es ist die Stunde der demokratischen Dichtkunst. Groko (Schwarz-Rot) steht für die Vergangenheit. Wer will schon Vergangenheit? Wer am Alten hängt, muss neu klingen und braucht adäquate Benennungen. Wenn man die Groko in Koko (Schwarz-Rot) umbenennt, klingt das sehr frisch. Um nicht zu sagen fresh. "Du Schuft, ich gehe!" In der Sesamstraße gibt es eine Rubrik, in der ein roter Plüschstrubbel namens Elmo Begriffe erklärt. "Koko ist ein schönes Wort. Frag mal deine Oma! Sie hat bestimmt eine schöne Handtasche oder ein wertvolles Paar Schuhe aus Kokoleder im Schrank!" Der Prominente, der neben ihm steht, erklärt das Wort dann richtig. Koko ist eine Abkürzung und steht für Kooperationskoalition. Also für eine Koalition. Eine Koalition ist zwar per se eine Kooperation, aber wenn man die beiden Begriffe zusammenfügt, hat man eine total neue Phrase. Das wäre ähnlich innovativ wie eine Kooperationszusammenarbeit (Kotzi), Kooperationskoitus (Ko-Opi) oder die berühmte Kooperationsvermählung (Kohl). Ein Koop davor und schon merkt keiner, dass es das Gleiche ist. Denkt die SPD. Der Vorschlag stammt nämlich von ihr, die wie eine enttäuschte Ehefrau den alten Kerl mit den Worten verließ: "Du Schuft, ich gehe! Das war’s. Dieses Mal wirklich." Wer nach so einer Szene zurückkommt, kann nicht einfach sagen: "Lass es uns noch mal versuchen." Da muss wenigstens der Vorschlag einer Kooperationsversöhnung (Kover) auf den Tisch gelegt werden und die Drohung: "Wenn du es vermasselst, gehe ich. Dieses Mal für immer. Jetzt aber echt!" Neben der Frage, aus welchen Parteien die nächste Regierung gebildet wird und welches behämmerte Akronym daraus resultiert, ist interessant zu beobachten, was sich im Hintergrund abspielt. Die Befürchtung, dass ohne Regierung keine gesetzgebende Politik stattfinde, hat sich als sehr falsch herausgestellt. Die Verlängerung für die Zulassung des umweltschädigenden Giftes Glyphosat ist nur ein Beispiel, wie hinter den Kulissen Politik betrieben wird. Während in der Welt der Polittalkshows um den Familiennachzug für Kriegsflüchtlinge erbittert und laut gestritten wird, wurden vergangene Woche relativ leise reihenweise bewaffnete Bundeswehreinsätze verlängert, unter anderem in Afghanistan. Vergangene Woche. Man kramt schnell in den Zeitungen nach und findet Meldungen über Sammelabschiebungen nach – richtig, Afghanistan. Baden-Württembergs grüne Regierung macht besonders fleißig mit. Es ist spannend. Ob "Koalition Stendhal" (Rot und Schwarz) oder "Koalition Kiwi" (Schwarz-Grün), "Ikea" (FDP-AfD), "Esso-Koalition" (SPD-AfD) oder "Rot-Rot" (Rot-Rot): Etwas Altes umzubenennen ist immer eine Riesenaufregung. Aus Raider wurde Twix, aus der Juniortüte das Happy Meal und die Bundesanstalt für Arbeit war früher das gute alte Arbaysamt mit gerolltem r. Um es mal neutral zu sagen: Inhalt und Qualität bleiben immer gleich. PS: Angeblich wurde die Rolle für Martin Schulz deshalb noch nicht gecastet, weil nicht ganz sicher ist, ob er die kommenden Wochen nervlich durchsteht. In der Phoenix-Runde hat Rudolf Dreßler, einer der wenigen lebenden SPD-Dinosaurier, seiner Partei nach alter Sozensitte von der Seitenlinie aus vergiftete Ratschläge erteilt. Seine Partei sei in einer schwierigen Lage. Er haute eine sagenhafte Parteiprosa aus: Die SPD habe nun "das Dilemma des Handelns". Das Dilemma des Handelns (Dadideha) ist ganz ganz groß. Früher nannte man das Regieren.
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