Wenn Roboter Sterbende streichelnWie werden wir in Zukunft arbeiten? Diese Frage versucht die Ausstellung
»Out of Office« von Mittwoch an im Museum der Arbeit zu beantworten. Wir haben mit dem Kurator
Mario Bäumer über Roboter, künstliche Intelligenz und seine Gefühle beim Blick in die Zukunft gesprochen.
Elbvertiefung: Herr Bäumer, wer muss in Zukunft Angst vor den Robotern haben?Mario Bäumer: Angst ist ein schlechter Ratgeber. Die Ausstellung verfolgt eher das Ziel, dass wir uns überlegen: Wie nutzen wir die Chancen? Alle Studien besagen, dass uns Roboter und künstliche Intelligenz (KI) nicht die Jobs weg-, sondern Arbeit abnehmen werden. Wir müssen uns als Gesellschaft aber Gedanken machen, wie wir mit Berufen umgehen, die komplett automatisiert werden können. Geringverdienende mit niedrigen Bildungsabschlüssen werden stärker betroffen sein.
EV: Alle anderen sind sicher?Bäumer: Auch Ärzte und Juristen werden ihren Job verlieren, wenn sie sich weigern, mit KI zusammenzuarbeiten. Algorithmen können Daten viel schneller auswerten, das hilft bei der Krebszellenerkennung. Ein Jurist wird bald nicht mehr unendliche Gesetzestexte studieren müssen. Laut Prognosen können in zehn Jahren aber auch 95 Prozent der Supermarktkassierer ersetzt werden. Die Frage ist nun: Muss man das nutzen?
EV: Das wird aber nicht die Gesellschaft entscheiden, sondern der Markt. Bäumer: Den Kopf in den Sand zu stecken halte ich trotzdem für verkehrt. In der Ausstellung geht es auch darum, Möglichkeiten abzustecken, wie man damit umgeht.
EV: Gab es Aspekte, die in Ihnen ein Gruseln auslösten?Bäumer: Ich finde die Bewertung interessanter. Wir zeigen einen Film mit einem japanischen Roboter, der in der Sterbebegleitung arbeitet und Patienten streichelt. Das löste bei mir einen gewissen Grusel aus, eine junge Praktikantin sagte jedoch: »Besser, als wenn niemand da ist.«
EV: Verspüren Sie jetzt Vorfreude auf die Zukunft?Bäumer: Es gibt bereits viele hilfreiche Dinge, beispielsweise Roboter, die in Atomkraftwerken nach Störfällen suchen. Vor allem empfand ich aber eine Art Gesamtfaszination, wie rasant die technische Entwicklung abläuft. Beim Telefon hat es 90 Jahre gedauert, bis über 80 Prozent der Leute es benutzt haben. Bei WhatsApp ist das innerhalb eines Dreivierteljahres geschehen.
EV: Was wird heute bereits gemacht, das in 20 Jahren an der Tagesordnung sein wird?Bäumer: In großen Unternehmen werden Bewerbungsgespräche von einem Roboter durchgeführt, der mit einem Algorithmus den perfekten Kandidaten auswählt. Das wird leider nicht aufzuhalten sein, denn es bringt eine unglaubliche Zeitersparnis. Allerdings wüsste ich nicht, ob ich mit dem perfekten Kollegen arbeiten will oder doch lieber mit dem mit Ecken und Kanten. Für mich ist nicht die Frage entscheidend, wie menschlich die Maschinen werden, sondern dass die Menschen nicht immer mehr wie Maschinen werden.
Mehr zum Thema hören Sie im Podcast der Kollegen vom Magazin ZEIT WISSEN.
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