Regierungsbildung in Bayern | Peter-André Alt mit neuem Team | Kleine Spitzen | Standpunkt: Jan-Martin Wiarda über die neue Stimme der Hochschulen

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
heute wimmelt es bei uns nur so von Promis. Das kommt, weil die Regierungsbildung in Bayern kurz vor dem Abschluss steht, und weil die Hochschulrektorenkonferenz ihr Führungsteam um Peter-André Alt neu aufstellt (Das ist wichtig). Über die neue Stimme der Hochschulen schreibt Jan-Martin Wiarda im Standpunkt. Wer bei der Suche nach einem Standpunkt (etwa zum Hochschulpakt) noch Argumente braucht, kann unter Umgehung aller Promis auch gleich zur Fußnote scrollen.
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Regierungsbildung in Bayern: CSU gibt Kultusministerium ab
Knapp vier Wochen nach den Landtagswahlen ist in Bayern die gemeinsame Regierungsbildung von CSU und Freien Wählern so gut wie perfekt. Auch wenn der am Dienstag gewählte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sein Kabinett erst nächste Woche vereidigen lassen will, gilt ein Wechsel an der Spitze des Wissenschaftsministeriums schon jetzt als wahrscheinlich. Marion Kiechle muss ihren Posten nach weniger als einem Jahr im Amt voraussichtlich räumen. Bei den Landtagswahlen hatte die politische Quereinsteigerin den Einzug ins Parlament verpasst. Als ihr Nachfolger besonders hoch gehandelt wird Bayerns bisheriger Kultusminister, der CSU-Mann Bernd Sibler (BR, Passauer Neue Presse). Das Kultus-Ressort hatte die CSU bei den Koalitionsverhandlungen überraschend den Freien Wählern überlassen. Deren Chef Hubert Aiwanger klärte – anders als Söder – auch schon die wichtigsten Personalfragen und nominierte Michael Piazolo als Kultusminister. Der 59-jähirge Professor für Empirische Studien an der HAW München gehört zum Vorstand der Freien Wähler. Seit 2008 sitzt er im Landtag und leitete dort den Wissenschaftsausschuss. Überregional aufgefallen ist Piazolo nicht zuletzt mit seinem erfolgreichen Volksbegehren gegen Studiengebühren in Bayern (Süddeutsche Zeitung). Wer auch immer kommende Woche als Wissenschaftsminister vereidigt wird, darf tüchtig Geld ausgeben. Im schwarz-orangenen Koalitionsvertrag (PDF) sind einige prestigeträchtige Großprojekte verankert. Dazu gehören die Gründung der Technischen Universität Nürnberg und ein eigenes bayerisches Luft- und Raumfahrtprogramm. Hochschulpolitisch besonders brisant: Bayerns schwarz-orangene Koalition plant die Renaissance der Diplomstudiengänge.
  
 
 
Peter-André Alt mit neuem Team
Die Hochschulrektorenkonferenz hat ihr Präsidium neu aufgestellt. An der Seite von HRK-Präsident Peter-André Alt stehen neben den bisherigen Vizepräsidentinnen Monika Gross (Beuth-Hochschule) und Johanna Weber (Universität Greifswald) künftig Bernd Scholtz-Reiter (Universität Bremen) und Birgitta Wolff (Goethe-Universität Frankfurt/Main). Die beiden folgen auf Ulrike Beisiegel (Universität Göttingen) und Ulrich Rüdiger, die den HRK-Führungszirkel zum Monatsende verlassen. Weitere Beschlüsse der HRK-Mitgliederversammlung in Lüneburg: eine Handreichung zur Informationssicherheit und eine Empfehlung zur Nachhaltigkeit an Hochschulen.
  
 
 
Kleine Spitzen – kurz notiert
Sie erinnern sich: Vor einem Jahr führte Baden-Württemberg Studiengebühren für Ausländer ein, die keinen europäischen Pass besitzen (ZEIT Online). Die Folgen sind für kleinere Hochschulen offensichtlich empfindlich. Wie die Schwäbische Zeitung berichtet, registriert die Hochschule Ravensburg-Weingarten neben einem Bewerbereinbruch von 40 Prozent in ihrem englischsprachigen Studiengang auch eine klare Fluchtbewegung an gebührenfreie Hochschulen. Um Geld geht es auch bei den aktuellen Verhandlungen zur Entgeltordnung des Tarifvertrags der Länder (TV-L). Die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen packt rechtzeitig dazu einen Offenen Brief (PDF) mit dem Ziel auf den Tisch, das „nachgewiesene Diskriminierungspotential“ im TV-L abzubauen. Wie es um die Chancengerechtigkeit in der Wissenschaft insgesamt bestellt ist, lässt sich im jüngsten Themen-Bericht der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz nachlesen. Eine weitere interessante Nachlese gibt es in Sachen ExStra-Entscheidung zu vermelden. Erst am Montag hatten wir im ZEIT-CHANCEN Brief nach Berichten unseres Autors Jan-Martin Wiarda über die bis dato verschwiegene 100-Prozent-Förderquote bei den Universitätspauschalen (Wiarda-Blog) eine Debatte über transparente, wissenschaftsgeleitete Vergabeverfahren angeregt. Noch am gleichen Tag schrieb uns das BMBF. In seiner Mail weist das Ministerium jedwede Gedanken „entschieden zurück“, die ExStra-Millionen seien womöglich nicht entsprechend der Vergaberegeln verteilt worden. Weitere Deutungen sind willkommen unter chancen-brief@zeit.de.   
  
   
   
   
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Philip Campbell lehrt Wissenschaftskommunikation in Heidelberg
Der ehemalige Herausgeber der renommierten Zeitschrift Nature, Philipp Campbell, wird Gastprofessor für Wissenschaftskommunikation an der Universität Heidelberg. Der promovierte Astrophysiker lehrt in diesem Wintersemester in zwei Blöcken, vom 26. November und 8. Dezember sowie vom 28. Januar bis 10. Februar. Getragen wird die Gastprofessur von der Universität Heidelberg, der Klaus Tschira Stiftung und der Holtzbrinck Publishing Group, zur der auch die ZEIT gehört. Auf die Professur wollen die Initiatoren von jetzt an jedes Semester Persönlichkeiten mit herausragender Expertise in der Wissenschaftskommunikation und im Journalismus berufen wissen. Weitere Informationen gibt es hier.
  
 
Historiker rechnet im Jubiläumsband der Hochschulgovernance ab
Eines kann man dem Erlangener Historiker Gregor Schöllgen sicher nicht vorwerfen: mangelnde akademische Streitlust. In seinem Buch zum 275-jährigen Bestehen der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) analysiert der pensionierte FAU-Professor die jüngste Geschichte seiner Hochschule und kommt zu einem brisanten Urteil: Seit den 90er Jahren habe sich die Uni in ein „Konglomerat wild gewachsener Zentren“ entwickelt. Sie lasse keine Identität und auch keine „administrative Direktion“ erkennen, berichtet die Nürnberger Zeitung.

Stararchitekten planen Züricher Hochschulgebiet
Die Leuphana-Universität bekommt mit ihrem Libeskind-Bau demnächst Konkurrenz in der Schweiz. Die Baseler Stararchitekten Herzog & de Meuren entwerfen das Forum der Universität, und das im gleichen Areal gelegene neue Hauptgebäude der Uniklinik wird nach den Plänen von Christ & Gantenbein gebaut (NZZ). Den Zuschlag haben die beiden renommierten Architekten-Teams jetzt erhalten, ihre Pläne für das umstrittene Großprojekt im Zentrum von Zürich werden der Öffentlichkeit aber erst im Januar präsentiert.
  
 
Job: Drei Chancen für Rektoren und solche, die es werden wollen
Hamburg, Heidelberg oder vielleicht doch lieber Graz? Gleich drei universitäre Chefposten sind im aktuellen ZEIT-Stellenmarkt ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist an der Hafen-City-Universität endet am 28. November, an der Universität Heidelberg am 16. Dezember, und die Karl-Franzens-Universität in Graz nimmt bis 7. Dezember Bewerbungen an.
  
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
 
 
Standpunkt
 
 
   
von Jan-Martin Wiarda
   
 
   
Die neue Stimme der Hochschulen
So ging es nicht weiter mit der Hochschulrektorenkonferenz. Und ihr neuer Präsident wusste es. Was Peter-André Alt in den ersten Interviews nach seiner Wahl Ende April verkündete, dürfte vielen altgedienten HRK-lern wehgetan haben: Der Club der Hochschulchefs (Eigenwerbung: „Stimme der Hochschulen“) habe eine Profilschwäche ohne effiziente Entscheidungsstrukturen, zu oft fehle ihm der Mut, in öffentlichen Debatten laufe er meist hinterher. Schluss damit, forderte Alt. Er beabsichtige, sich seinem neuen Job „ganz und gar zu verschreiben, denn ich glaube, dass es viel zu tun gibt.“
Ein halbes Jahr später kann man sagen: Der Mann liefert. Die HRK wandelt sich in einer erstaunlichen Geschwindigkeit.
Die Hochschulrektorenkonferenz läuft hinterher? Das war mal. Gerade erst ist hat sie ein Strategiepapier zur Nachfolge des Qualitätspakts Lehre in die politischen Gremien eingespeist, das von institutionellem Selbstbewusstsein nur so strotzt. Und das den Empfehlungen des Wissenschaftsrates, eine unabhängige Förderorganisation für die Hochschullehre zu gründen, gefährliche, da gedankenscharfe, Konkurrenz macht. Initiative: Alt.
Die Hochschulrektorenkonferenz ist entscheidungsschwach? Das Papier hat Alt freigesetzt, ohne es erst, wie sonst meist üblich, vorher durch die HRK-Vollversammlung absegnen zu lassen. Was die Sache nicht nur schneller macht, sondern auch kantiger.
Auch sonst spielen die Rektoren plötzlich auf der Kommunikationsklaviatur: Ein Politik-Abend nach 100 Tagen Alt-Präsidentschaft ist geplant, und der HRK-Twitteraccount ging kurz vor der gerade beendeten Mitgliederversammlung online.
Über letzteres kann man schmunzeln, aber nicht zu lange – wenn man bedenkt, dass bislang weder der Wissenschaftsrat noch die Professorengewerkschaft Deutsche Hochschulverband (DHV) im als besonders politisch geltenden sozialen Netzwerk vertreten sind. Und dem DHV hatte Alt neulich noch bescheinigt, „präsenter in den Debatten über die Zukunft unseres Wissenschaftssystems“ zu sein als die HRK.
Drei Monate ist Alt erst im Amt. Kann er das Reformtempo halten? Und: Kommen die Rektoren, kommt die Organisation HRK hinterher? Wollen, ertragen sie so viel Führung? Bislang sieht es so aus, denn die Mitglieder merken, dass da gerade etwas passiert mit ihrem Verein. Für die Wissenschaftsszene, für den nötigen und so oft fehlenden Streit um die richtige Hochschulpolitik, kann das nur gut sein.   
Am Dienstag hat der HRK-Account dann auch seinen ersten Tweet abgesetzt. Er enthielt das Foto von Peter-André Alt, der gerade gestenreich etwas erklärt. Neben ihm steht Bundesforschungsministerin Anja Karliczek, hört zu und lächelt. Die neue Stimme der Hochschulen spricht.
   
 
   
 
   
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 „Wer, wenn nicht wir?“ Wie drei ostdeutsche Pfarrerssöhne in Spitzenpositionen im Vereinten Deutschland aufstiegen: Hier sprechen die Brüder Dorgerloh über den Mut des 9. November 1989, deutsche Identitäten sowie Bildung in Ost und West
 
„Erschreckend und bedauerlich“ Vor zwei Wochen berichtete Johanna Schoener über den Dokumentarfilm „Elternschule“. Das schreiben ZEIT-Leser zu der erhitzten Erziehungsdebatte Misshandelt? Nun befassen sich sogar Staatsanwälte mit dem Film „Elternschule“ Reif für die Insel Vier Eltern über die Gründe, warum sie ihre Kinder auf eine Privatschule schicken

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Fußnote
 
 
   
 
   
Künstliche Dummheit
Ein kleiner Weckruf aus Australien. Dort lehrt und forscht Toby Walsh, einer der weltweit renommiertesten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz. „Sorgen sollten wir uns nicht um superschlaue, sondern eher um dumme KI“, erklärte Walsh in einem Interview der Plattform netzpolitik.org, um gleich im Anschluss klarzumachen: „Die KI, die wir heute haben, ist ziemlich dumm.“ Damit ist freilich nicht gesagt, dass Künstliche Intelligenz nicht gleichzeitig ziemlich praktisch sein könnte. Wissenschaftler der TU Darmstadt zum Beispiel entwickeln gerade ein Argumente-Suchsystem für Entscheider und Journalisten. Die Seite ist online. Wer in diesen wissenschaftspolitisch entscheidenden Wochen also etwa Argumente für oder gegen den Hochschulpakt braucht, findet sie bei Argument-Search.com frei Haus. 5 Contra- und 29 Pro-Argumente zeigt das System. So dumm ist das doch gar nicht.
Christine Prußky
   
 
   
 
 
   
Kluge Entscheidungen wünscht

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