Wo wachsen Kinder gut auf?Die Jugendhilfeeinrichtung
»SOS Kinderdorf« hat diese Woche ein
»Weißbuch Kinderglück« für Hamburg
veröffentlicht. Darin sieht man, wie es um das Kinderglück in den einzelnen Stadtteilen bestellt ist.
Sehr gut sieht es damit offenbar in Eimsbüttel aus, sehr schlecht in Dulsberg. Wir sprachen mit
Torsten Rebbe, dem Leiter von »SOS-Kinderdorf Hamburg« darüber, was das für die Stadt bedeutet.
Elbvertiefung: Herr Rebbe, wie ermittelt man Kinderglück? Torsten Rebbe: Das kann man gar nicht. Der Begriff ist super, weil sich jeder etwas darunter vorstellen kann. Es ist aber kein wissenschaftlicher Begriff, den man klar abgrenzen kann. Bei unserem Kinderglücksindex geht es darum, wo Kinder gut aufwachsen, und dafür spielen viele Faktoren eine Rolle. Zum Beispiel, ob die Eltern eine Arbeit haben, von der sie gut leben können.
EV: Positiv auf das Kinderglück haben Sie eine hohe Dichte an Kitas und Grundschulen angerechnet, negativ eine hohe Arbeitslosenquote, Gewaltdelikte im Viertel und Hartz IV. Warum gerade diese Faktoren?
Rebbe: Gern hätten wir noch viele andere genommen, zum Beispiel die Zahl der Grünflächen und der Spielplätze oder im Negativen die Fälle von häuslicher Gewalt gegen Kinder und Frauen. Aber wir mussten uns beschränken, weil solche Zahlen nicht für alle Viertel vorliegen und wir eine Übersicht für ganz Hamburg machen wollten. Außerdem sollten es aktuelle Zahlen sein. Was wir jetzt ausgewertet haben, stammt vom Statistikamt Nord und aus der Kriminalitätsstatistik.
EV: Auf einer Skala von 0 bis 100 erreicht Eimsbüttel 70; Dulsberg aber nur 0. Leben in Dulsberg nur unglückliche Kinder?
Rebbe: Wir sagen nicht, dass in Dulsberg die unglücklichen Kinder wohnen und in Eimsbüttel die glücklichen. In Eimsbüttel ist die Chance auf glückliches Aufwachsen nur größer. Wenn man näher hinsieht, ist auch Dulsberg ein liebenswerter Ort, an dem man glücklich aufwachsen kann. Das schrieben uns auch viele Eltern von dort, nachdem der Kinderglücksindex erschienen ist.
EV: An dem Stadtteil St. Georg sieht man: Das Einkommen der Bewohner ist überdurchschnittlich hoch – aber die Kriminalität ebenfalls. Was soll man mit so einem Befund anfangen? Auf Ihrer Karte ist das Gebiet rot – also eher schlecht ...?Rebbe: Uns ging es nicht darum herauszufinden, wo die Indikatoren gut und wo sie schlecht sind, sondern um die Frage: Was brauchen Kinder in den Stadtteilen, damit sie gut aufwachsen können? Wir wollen zeigen, was noch fehlt, damit Eltern einen guten Job machen können. In St. Georg wären das zum Beispiel Angebote zur Gewaltprävention.
EV: Was soll jetzt passieren?Rebbe: Wir möchten in die Diskussion gehen. Viele erleben, dass Familie mehr und mehr zur Privatsache erklärt wird. Damit will ich nicht für eine öffentliche Erziehung plädieren, aber man kann auch nicht sagen: Selbst schuld, wenn sie Probleme haben, sie hätten ja keine Kinder bekommen müssen. Dass Kinder gut aufwachsen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, da sind auch Nachbarn und Freunde gefragt.
EV: Was erwarten Sie von der Stadt?
Rebbe: Es gibt immer etwas zu tun. Ich möchte hier aber keine Forderungen stellen, sondern Menschen gewinnen. Ich glaube, die Botschaft ist angekommen. Was die Verantwortlichen daraus machen, liegt bei ihnen.
Ein magischer RingIm
Miniaturwunderland waren Sie schon, und für das
Dungeon (denken zumindest Sie) sind die Kinder noch zu klein? Dann haben wir gute Neuigkeiten. Im Baakenhafen hat gestern der Bau einer Ausstellungshalle begonnen, in der man
ab dem Frühjahr eine Märchenwelt erleben kann:
»Märchenwelten – Das Vermächtnis der Brüder Grimm« auf 3000 Quadratmetern. Die Ausstellung ist
interaktiv und multimedial. Jeder Besucher bekommt einen Ring, auf dem sein Alter, Geschlecht und die Muttersprache gespeichert werden; die einzelnen Elemente stellen sich dann darauf ein und sprechen ihn persönlich an:
Ein Kind soll die Ausstellung also anders erleben als ein Erwachsener, sagte uns der Kommunikationschef der Märchenwelten AG,
Janosch Pomerenke, für die Älteren werde es »vielleicht ein bisschen gruseliger. Märchen sind ja auch gruselig.« Er verspricht noch mehr: Wände, die auf Berührung reagieren, Spiegelbilder, die sich selbstständig machen, lebensgroße Scherenschnitte und die Begegnung mit zahlreichen Märchenfiguren. Ziemlich verrückte, ziemlich märchenhafte Sachen also. Dabei soll sich der Besucher auch noch mit den Gefühlen und Werten auseinandersetzen, die in so einem Märchen stecken.
Drei Jahre wird die Ausstellung in einer provisorischen Halle im Baakenhafen bleiben, dann zieht sie in ihr dauerhaftes Quartier am Strandkai gegenüber der Elbphilharmonie.