Wenn das Haltstellenschild auch mal ausgehtSülzbrack kennen Sie vermutlich nicht. Das wird sich jetzt vielleicht ändern. Die Haltestelle liegt in Grünerdeich an der Elbe, wird vor allem von der Buslinie 120 angefahren – und spielt die Hauptrolle in einem
neuen Video, das der HVV jetzt auf Facebook gepostet hat. Das Haltenstellenschild hat nämlich auch
keine Lust mehr auf die Einöde, nimmt eines Nachts selbst den Bus in die Stadt und
macht richtig einen drauf. Das ist charmant und auch ein bisschen berührend, wenn das Schild dann, kaugummibeklebt und tätowiert, doch wieder nach Hause will.
Klingt abgefahren? Es ist auch
das erste Mal, dass der HVV sich an so ein Format wagt. »Die Suche nach einer weniger stark frequentierten Haltestelle mit einem eingängigen Namen hat uns nach Sülzbrack geführt«, sagt
Sabrina Larson, Referentin Marktkommunikation beim HVV. Die
Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) machen das schon seit Jahren – also abgedrehte Videos. Darin erklären sie etwa selbstironisch,
dass die Busfahrer so lange trainieren, bis sie ihrem Fahrgast die Tür genau vor der Nase zuschlagen können,
covern lebensrettende Schnulzen oder erfinden gleich selbst
ein Kultlied. Aber das müssen sie vielleicht auch, denn anders als mit Humor lässt sich der Nahverkehr in Berlin nicht ertragen.
Mit der Angel auf TresorjagdSein Köder ist der Magnet, seine Beute Metall:
Olaf Kruse gehört zur kleinen internationalen Szene der Magnetangler. Regelmäßig steht der Frührentner an Hamburgs Gewässern und
zieht raus, was andere versenkt haben. Von Schrott bis Diebesgut hatte er beinahe alles schon am Haken. Wir haben mit ihm über sein extravagantes und nicht ungefährliches Hobby gesprochen.
Elbvertiefung: Wer Angeln hört, denkt an Fisch. Magnetangeln hingegen hat mehr mit Metall zu tun, oder?
Olaf Kruse: Wir angeln nach Metallen oder wenn man so will: nach Schrott. Es ist immer eine Überraschung, was man findet. Standard sind Einkaufswagen, Fahrräder, Bauschilder und Bauzäune.
EV: Nichts für den kleinen Hunger zwischendurch. Warum machen Sie das?
Kruse: Na ja, eigentlich ist Magnetangeln Gewässerpflege. Manche sehen es als Sport, für andere ist es Abenteuer, bei mir war es der Reiz des Unbekannten. Aber aus welcher Motivation auch immer: Magnetangler sind keine Umweltsünder. Im Gegenteil. Durch uns kommt der Schrott aus dem Wasser. Allerdings habe ich festgestellt, dass ich damit in Hamburg in diesem Leben nicht mehr fertig werde. Dafür ist es zu viel.
EV: Wie genau geht Magnetangeln?
Kruse: Wir angeln mit einem sogenannten Topfmagneten. Der wird mit der Öse in einen Karabiner am Seil eingehängt, mit einem Pendelwurf in das Gewässer geworfen und langsam an Land gezogen, bis etwas am Magneten hängen bleibt. Mein Magnet schafft bis zu 100 Kilogramm.
EV: Die Feuerwehr warnt vor dem Magnetangeln. Erst kürzlich hat ein Alster-Angler wieder eine Granate am Magneten gehabt.
Kruse: Diese Bomben liegen ziemlich tief im Schlick. In der Regel findet man die als Magnetangler nicht. Mir ist auch kein Fall bekannt, in dem ein Magnetangler eine Explosion ausgelöst hat. Trotzdem gibt es manchmal Überraschungsfunde, die man ganz vorsichtig behandeln muss. Wenn man einen nicht zu identifizierenden verrosteten Klumpen am Magneten hat, sollte man die Finger davon lassen.
EV: Plaudern Sie ein wenig aus dem Anglerkästchen: Was war Ihr bislang spannendster Fang?Kruse: Ach je, man pickt sich da ja nicht die spannenden Sachen raus und lässt den anderen Kram liegen. Mir geht es auch um den ökologischen Aspekt. Wenn ich einen Farbtopf am Magneten habe, hole ich den genauso raus wie das Deckelglas mit Schafskäse, das Luftgewehr oder die Plastiktüte mit Silberbesteck, Uhren und Ketten. An einer Alsterkanalstelle haben wir mal 20 Fahrräder rausgezogen. Einen halben Sommer habe ich damit zugebracht.
EV: Was passiert mit dem ganzen Zeug, das Sie aus dem Wasser ziehen?
Kruse: Kleinkram wird sofort entsorgt, Größeres an einem sicheren Platz vor Ort gesammelt, das holt die Stadtreinigung ab. Waffen, Munition und Tresore müssen gemeldet werden. Die Polizei versucht dann, den Besitzer zu ermitteln. Ist das nicht möglich, landet es im Fundbüro. Nach einem halben Jahr habe ich als Finder dann Anspruch darauf.
EV: ... und der Fund landet dann directamente bei Ihnen in der Wohnzimmervitrine ...
Kruse: Nein, nein. Aber ich habe schon einmal darüber nachgedacht, ein kleines Tresormuseum aufzumachen. Das hat sich aber wieder zerschlagen. Behalten habe ich nur ein paar kleinere Funde im Wert unter zehn Euro, zum Beispiel mal ein intaktes Fischmesser. Und ein Aluminiumfahrrad habe ich aus dem Fundbüro abgeholt. Das musste aber auch erst wieder repariert werden.
EV: Mal ehrlich: Insgeheim hoffen Sie doch darauf, irgendwann den prall gefüllten Geldtresor aus der Alster zu ziehen, oder?
Kruse: Wenn man so was findet, ist das ein Erfolgserlebnis – klar. Selbst hat man aber nichts davon. Der Tresor geht direkt an die Polizei. Einmal haben wir einen gefunden, der muss da um die 15 Jahre gelegen haben, da waren noch Ausweise, Dokumente und sogar ein Ehering drin. Wie sich später herausstellte, waren die Besitzer bereits verstorben. Der Inhalt wurde dann an die Erben übergeben.