»Programmieren ist eine Kunst wie Malen«Wenn heute Abend in Frankfurt/Main der
Deutsche Integrationspreis verliehen wird, fiebert auch eine Hamburger Gruppe mit. Die
Hacker School ist mit ihrem Projekt »Hacker School Plus« nominiert. Geflüchtete, die in ihren Heimatländern bereits IT-Erfahrungen gesammelt haben, leiten hier als »Inspirer« Workshops für Kinder und Jugendliche. Wir haben mit der Geschäftsführerin
Julia Freudenberg und mit
Safi Taher, der seit einem Jahr dabei ist, gesprochen.
Elbvertiefung: Herr Taher, Sie sind 2016 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Wie haben Sie von der Hacker School erfahren?Safi Taher: Das war in der Bibliothek am Hauptbahnhof, da machte die Hacker School gerade eine Session. Ich habe mich schon in Afghanistan für IT interessiert und wollte eine entsprechende Ausbildung machen, nachdem ich hier in Deutschland meinen mittleren Schulabschluss gemacht hatte.
Julia Freudenberg: Den hat er übrigens als Klassenbester abgelegt, das sagt er nur nie selbst.
EV: Was interessiert Sie an der IT?Taher: Für mich ist Programmieren eine Kunst wie Malen.
Freudenberg: Ein schöner Vergleich.
Taher: Man kann etwas Nützliches entwickeln, das Menschen hilft, ihr Leben einfacher zu machen. Als ich neu nach Deutschland kam, war es für mich sehr schwierig, die Sprache zu lernen. Es gibt nicht viele Wörterbücher Paschtu-Deutsch. Deshalb wollte ich gern eine App entwickeln, die es anderen leichter macht.
EV: Tolle Idee! Gibt’s die schon?Taher: Leider noch nicht.
EV: Frau Freudenberg, wie kamen Sie auf die Idee, Geflüchtete in Ihre Workshops einzubinden?Freudenberg: All die Menschen sind eine wahnsinnige Chance für dieses Land. Es gibt welche, die hatten ihren Bachelor in Homs schon fast fertig, bevor sie fliehen mussten. Wir dachten uns: Da muss es doch Wege geben, wie wir hier Brücken bauen. Bislang haben wir mit ungefähr 150 Menschen gesprochen, über 20 konnten wir in eine Ausbildung und in Jobs vermitteln. Einen Kurs machen wir nur für Geflüchtete.
EV: Sie konnten auch Herrn Taher eine Ausbildungsstelle vermitteln. Wie lief das ab?Freudenberg: Wir haben Safi in den Workshops, bei denen er als Inspirer mitgemacht hat, als pfiffigen jungen Mann kennengelernt. Als die Firma Napsys, die bei uns im Haus sitzt, Auszubildende gesucht hat, konnten wir ihn mit gutem Gewissen empfehlen. Jetzt macht er dort eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung.
EV: Was machen Sie, wenn Sie gewinnen, mit dem Preisgeld?Freudenberg: Wir könnten dann die Erkenntnisse, die wir in Hamburg generiert haben, auf andere Städte übertragen. Das ist ja auch mein Job hier in der Projektleitung: Ich laufe alle Trampelpfade vor, und wenn sich etwas als sinnvoll herausstellt, macht mein Team eine Autobahn draus.
Der Wolf vor unserer StadtAls ZEIT:Hamburg-Autorin
Nike Heinen ihre Recherche über die Wölfe rund um Hamburg begann, wollte sie vor allem den Schauermärchen auf den Grund gehen. Kita-Gruppen gehen nicht mehr in den Wald, Bauern verstärken Tore und Türen. Alles übertrieben? Doch just als sie mit wolfserfahrenen Schäfern auf der Weide stand, trafen
Handyfotos ein: Schafe mit zerdrückten Kehlen und klaffenden Bäuchen, aufgefunden nur ein paar Hundert Meter weiter. Entsetzen in den Gesichtern ihrer Gesprächspartner.
»Das änderte alles«, erzählt Nike Heinen. Den bösen Wolf aus der »Rotkäppchen«-Geschichte sieht sie inzwischen mit anderen Augen. »Es waren solche Anblicke, die ihn in unserer Vorstellung zum blutrünstigen Isegrim haben werden lassen – und dann hat einer daraus ein Märchen gemacht.« Inzwischen hat sie auch ein differenzierteres Bild davon, wieso die Nöte der Schäfer auf dem Land auch die
Stadtbevölkerung angehen könnten. »Einer sagte: Die Leute sitzen da in ihren gemütlichen Wohnungen im fünften Stock, träumen von der wilden Natur und richten so die Suppe an, die wir hier auslöffeln sollen«, erzählt sie. »Ganz leise habe ich mich dabei geschämt.« Ihre Geschichte lesen Sie in der neuen ZEIT:Hamburg oder gleich
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