Die Schmidts: »Eine sehr geglückte Altersbeziehung«
Helmut und Loki – zwei Namen, untrennbar miteinander verbunden. Fast sieben Jahrzehnte war der verstorbene Altkanzler Schmidt mit seiner Frau verheiratet. Reiner Lehberger, Erziehungswissenschaftler und Mitbegründer des Hamburger Schulmuseums, war gut mit Loki befreundet. Er schrieb schon ihre Biografie und brachte nun auch die Geschichte des Paares zu Papier. Wir haben mit ihm gesprochen.
EV: Herr Lehberger, die Schmidts galten vielen als Vorzeigepaar. Waren sie das auch?
Lehberger: In der Zeit, in der ich sie getroffen habe, mit Sicherheit. Sie gingen sehr achtsam, respektvoll und liebevoll miteinander um. Das konnte auch die Öffentlichkeit immer wieder an kleinen Gesten sehen, was sicherlich auch einen Teil des Mythos um die beiden ausgemacht hat. Auf meine Frage an Loki am Ende ihres Lebens, ob sie ihren Mann noch mal heiraten würde, antwortete sie: »Natürlich, was für eine Frage!« Das war aber wohl nicht immer so.
EV: Nein?
Lehberger: Sie hatten mit Sicherheit eine sehr geglückte Altersbeziehung. Helmut Schmidt hat später selbst offengelegt, dass es während der Ehe noch eine andere Beziehung gab. Damals führte das in eine schwere Ehekrise. Aber sie haben sich irgendwann dazu entschieden, zusammen zu bleiben. Große Auseinandersetzungen hat es wohl keine gegeben.
EV: Haben sich die Schmidts etwa nie gestritten?
Lehberger: In dem Sinne, wie andere Leute in Streit geraten, wohl nicht. Es gab in den Fünfzigerjahren mal eine Szene, als sie einen nassen Waschlappen auf ihn geworfen hat. Ansonsten waren wohl beide sehr gut darin, auch einfach Dinge auszusparen. Loki Schmidt sagte mir mal: »Helmut kann gut schweigen.«
EV: Sind Sie in den Gesprächen auch an Mauern des Schweigens gestoßen?
Lehberger: Nein, aber mit mir und der Öffentlichkeit haben beide erst sehr spät über ihr erstes Kind gesprochen, das sie bereits nach einem halben Lebensjahr 1945 verloren haben. Wie pragmatisch das Paar mit dem Verlust umgegangen ist, hat mich verwundert, das war aber sicher auch den äußeren Lebensumständen geschuldet. Es war Krieg. Erst 1979 hat Loki das Grab des Kindes in Bernau in der damaligen DDR zum ersten Mal wieder besucht.
EV: Welche Info über die beiden hat Sie noch verblüfft?
Lehberger: In den RAF-Zeiten hat die Familie eine Verfügung aufgesetzt, dass sie im Entführungsfall des jeweils anderen keinen Austausch wollten. Das nötigte mir einerseits Respekt ab, andererseits blieb eine Irritation. Helmut Schmidt hätte ja auch sagen können: Für mich gilt das, aber für meine Frau und meine Tochter nicht.
EV: Der NS-Zeit haben Sie ein eigenes Kapitel in ihrem Buch gewidmet…
Lehberger: … ein kritisches. Obschon beide sicher eine abständige Haltung zu den Nationalsozialisten hatten, haben sie sich auch eingebracht. Beide waren bei der Hitlerjugend, noch bevor es die Zwangsmitgliedschaft gab, und waren dort über den einfachen Rang hinaus engagiert. Loki ist später sogar in die Entnazifizierungsmühle geraten. Und Helmut Schmidt wollte noch 1944 freiwillig an die Front.
EV: Was hat die Schmidts in all den Jahren zusammengehalten?
Lehberger: Sie hatten die absolut gleiche politische Grundeinstellung und eine hohe Übereinstimmung in Werten wie Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität. Eine weitere Basis war sicher die gemeinsame Liebe für Kunst und Musik. Und sie haben liebend gern Schach gespielt, allerdings wurde dabei auch »gekämpft«, wie Loki anmerkte. Es gibt etliche Fotos von den beiden, wie sie gemeinsam versonnen sitzen und Schach spielen.
Am Mittwoch, 5. Dezember, stellt Reiner Lehberger seine Paar-Biografie »Die Schmidts. Ein Jahrhundertpaar« im Bürgerhaus in Langenhorn vor. Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt frei.
Hausboot für die Künste
Romanzeilen, inspiriert vom Wellenschlag der Elbe und Gitarrengeklimper auf dem Sonnendeck – ach, wie romantisch. Auf der »Magdeburg«, langjährige Residenz von Gunter Gabriel, dem 2017 verstorbenen »Cowboy von der Waterkant«, könnten bald wieder Künstler wirken. Besitzer des legendären Hausboots sind neuerdings der Musiker Olli Schulz und YouTube-Heimwerker Fynn Kliemann. Sie wollen das gute Stück zum Rückzugsort für Künstler umbauen. Im Podcast »Fest und Flauschig«, den Schulz gemeinsam mit Jan Böhmermann bequasselt, erzählte er nun von seinem Vorhaben: »Es geht nicht darum, fett Kohle zu machen, von wegen: Kauft euch eine Zeit auf dem Hausboot von Gunter Gabriel«, sagte Schulz. Das Boot solle zwar für kleines Geld vermietet werden, ihm schwebe aber ein Ort vor, an dem Literatur und Musik entstehe – »auf dem Boot, irgendwo im Hafen, in einer anderen Atmosphäre«. Bis die Kunst wieder ins Boot ziehen kann, müsse aber noch viel Zeit und auch Geld investiert werden. Schon im Frühjahr wollen Schulz und Kliemann erste Hand an das gute Stück legen, das im Augenblick noch eingemottet in einer Werft im Harburger Binnenhafen vor sich hin dümpelt. Ob es dort bleibt, ist unklar. Ein neuer Liegeplatz müsse noch gefunden werden, verriet Schulz, der sich zu konkreten Umbauplänen aber noch bedeckt hält. Was Fans freuen wird: Der Geist Gabriels soll zumindest ein wenig erhalten bleiben. Es werde eine schöne kleine Gunter-Gabriel-Ecke geben und, so Schulz, »dem Mann auf seinem Boot gehuldigt werden«.