Die Stresemannstraße geht auf die Straße

 
+ Farbenspiel der Mülleimer + Aufruhr in der Asklepios-Klinik + Stresemannstraße protestiert gegen Luftverschmutzung + Udo-Lindenberg-Film + Wiederkaufsrecht und Erbbaurecht + Vom Leben auf dem Hamburger Dom +
 
 
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Ein Mix aus Sonne und Wolken bei Temperaturen bis zu 3 Grad. Da kann man nicht meckern, Ende November.
   
 
Guten Morgen,
 
Sigrid Neudecker
 
wenn Sie glauben, dass im Herbst nur die Blätter ihre Farben wechseln, gehen Sie offenbar nicht oft an der Außenalster spazieren. Dort, an der Ostseite, waren die Mülleimer bis vor Kurzem noch grau, oder wie Leser Achim W. sie beschreibt: »ästhetisch schlicht und unauffällig anthrazitfarben«. Dann wurden sie gegen knallrote Eimer ausgetauscht, die Achim W. zwar ins Auge stachen, aber »dass dadurch mehr Müll in ihrem Inneren landet«, wagte er trotzdem zu bezweifeln. Wenige Tage später war der Spuk auch schon vorbei, und alle Mülleimer waren wieder grau, und das nicht nur nachts.
 
Beschäftigungstherapie für überzählige Waste Watcher? Anwohnerproteste gegen Verschandelung? Oder wurde wieder irgendeine EU-Norm missachtet? Knapp dran, verriet uns Reinhard Fiedler von der Stadtreinigung. Die Grünanlagen rund um die Außenalster sind denkmalgeschützt (Fiedler: »Ja, das gibt’s …«), weshalb die Mülleimer dort grau zu bleiben haben. Dies hatte man jedoch der Aufstellkolonne nicht verraten (Hand hoch, wer von Ihnen hätte es gewusst?), weshalb sie die auffälligen roten Eimer montierten. Und abmontierten.
 
Nun ist alles wieder ästhetisch anthrazitgrau, nur einer ist nicht mehr zufrieden: Reinhard Fiedler. »Wenn Papierkörbe in Tarnfarben gestrichen sind«, sagt er, »braucht man sich nicht zu wundern, wenn sie nicht gesehen und deshalb nicht benutzt werden.«
 
Und wo wir gerade bei schmerzenden Augen sind: Falls Sie in den kommenden Tagen über ein Imagevideo der Hochbahn mit dem witzischen Titel »Hypebahn! Hypebahn« (vgl.: Scooters »Hyper Hyper«) stolpern, gehen Sie bitte zügig weiter!
 
Ich meine das ernst! Ich habe gestern den Fehler begangen, mir das anzusehen und war den Rest des Tages damit beschäftigt, meine Zehennägel wieder glatt zu bügeln. Liebe Hochbahn, warum tut ihr uns das an? Waren wir wirklich so schlimme Fahrgäste?
 
   
   
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Asklepios St. Georg: Ist die Patientenversorgung noch sicher?
 
Die Ärzte der Asklepios-Klinik St. Georg schlagen (wieder) Alarm: »Die prekäre Situation in unserer Klinik erlaubt seit geraumer Zeit keine sichere Patientenversorgung mehr!«, schreiben sie in einem Brief mit 60 Unterschriften an die Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Was genau schiefläuft, darüber berichtete »Spiegel Online« am Wochenende. Fachärzte fehlten, oft seien Berufsanfänger allein verantwortlich, und wenn es hart auf hart käme, schließe sogar – wie im Sommer geschehen – für ein paar Stunden die Notaufnahme. Besonders angespannt sei die Situation bei den Internisten, aber auch die Kardiologen klagten. Die Asklepios-Klinik weist die Vorwürfe zurück. Bei personellen Engpässen werde »unverzüglich und verantwortungsvoll reagiert«, und der notwendige Facharztstandard sei in allen Schichten eingehalten worden, heißt es in einer Stellungnahme. Pedram Emami, Vorsitzender des Landesverbands Hamburg beim Marburger Bund, sieht dagegen durchaus Handlungsbedarf. Die Probleme seien nicht neu, sondern entwickelten sich seit Monaten, wenn nicht sogar seit Jahren. Eine ähnliche Situation habe es schon vor zwei Jahren in der Onkologie gegeben. Damals wandten sich die Ärzte mit einem Brandbrief, in dem sie ihre massive Überlastung beklagten, an die Klinikleitung. »Da frage ich mich, ob es am Führungsverständnis liegt«, sagt Emami. »Gibt es bei Asklepios vielleicht ein Managementproblem, oder steckt gar, wenn man es noch böswilliger formulieren will, System dahinter?« Zwar seien aktuell tatsächlich einige Stellen neu besetzt worden, auch soll es ab Januar nach drei Jahren (!) wieder einen Chefarzt für die Innere Medizin geben, aber die Klinik reagiere eben nur auf Druck.
 
   
   
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Wortloser Protest gegen schlechte Luft
 
Wenn Ihnen morgen seltsame weiß gekleidete Gestalten in der Stresemannstraße begegnen, trauen Sie Ihren Augen ruhig. Um 11 Uhr trifft sich die Initiative »Reine! Luft! Altona!« zum »Anwohner*innen-Getöse« an der Luftmessstation. Was genau bei der Performance passiert, soll noch nicht verraten werden, doch der Anlass steht fest: eine Bilanz nach sechs Monaten Dieselfahrverbot. »Uns stinkt es, dass sich die Luftmesswerte nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert haben«, sagt Alexandra Grimm, eine der Koordinatorinnen der Initiative. Die Performance soll eine Antwort auf die Symbolpolitik des Senats sein. Denn »Symbolpolitik können wir auch«, betont Grimm, die mit ihren Mitstreitern auf wortlose Protestaktionen setzt. Wie das geht, haben sie schon bei der Einführung des Fahrverbots gezeigt, als sie durch kollektives Husten die Pressekonferenz von Umweltsenator Jens Kerstan störten. Neben der öffentlichen Aufmerksamkeit geht es morgen auch darum, neue Verbündete unter den Anwohnern zu finden. Außerdem stellt die Initiative ganz konkrete Forderungen an die Politik, etwa ein Durchfahrverbot für den Lkw-Transitverkehr in der Stadt sowie mehr Tempo-30-Zonen, zum Beispiel in der Harkortstraße und in der Fruchtallee. Forderungen und Halbjahresbilanz werden im Anschluss an die Performance in der Kulturkneipe Brückenstern vorgestellt. »Wir wünschen uns, dass diese Dreckschleudern nicht mehr über den Asphalt rollen«, sagt Alexandra Grimm, die inzwischen aus Altona an den Stadtrand gezogen ist – auch der besseren Luft wegen.
 

Udo kommt ins Kino
 
Wo liegt Libyen noch schnell? In der Poppenbüttler Landstraße – zumindest war das gestern so. Hier wurde für den Film »Lindenberg! Mach dein Ding!« jenes Tanzlokal nachgebaut, in dem sich der junge Jazz-Schlagzeuger Udo in den frühen 1960er-Jahren auf einem US-Militärstützpunkt erstmals ans Mikro traute. Die Dreharbeiten haben erst vor Kurzem begonnen, das Team dreht auch noch im alten Elbtunnel, in der Laeiszhalle und – selbstverständlich – auf der Reeperbahn. Das wandelnde Hamburger Wahrzeichen wird von Jan Bülow gespielt, der schon am Deutschen Theater in Berlin (»Odyssee«), im Kino (»Als wir träumten«) und auf Netflix (»Dogs of Berlin«) zu sehen war. Charly Hübner stellt Udos Vater Gustav dar, und Julia Jentsch ist Udos Mutter Hermine. Detlev Buck gibt den Plattenproduzenten Mattheisen, Max von der Groeben ist Udos Freund Stephan. Regie führt Hermine Huntgeburth. Von 45 Drehtagen seien 23 in Hamburg geplant, sagte Claudia Hartmann von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein der dpa. Bis wir das Poppenbüttler Libyen sehen können, dauert es jedoch noch ein bisschen. Ins Kino kommt der Film erst Anfang 2020.
 
   
   
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Wirksame Waffen im Kampf gegen hohe Mieten?

Wenn es um überteuerten Wohnraum geht, fallen derzeit oft die Begriffe Wiederkaufsrecht und Erbbaurecht, mit denen nicht alle Hamburger auf Anhieb etwas anfangen können. Wir wollen lösen: Mit dem Wiederkaufsrecht, über dessen Potenzial die Bürgerschaft am Mittwoch debattiert, sichert sich die Stadt die Möglichkeit, Grundstücke nach einer bestimmten Frist zurückzukaufen, und zwar für einen bereits beim Verkauf festgelegten Preis. Beim Erbbaurecht werden Grundstücke nur verpachtet, aber ebenfalls für einen festgelegten Zeitraum. Bislang waren das mehrere Jahrzehnte. Danach kann der Pächter das Grundstück kaufen, oder es fällt an die Stadt zurück. Die Häuser darauf muss die Stadt dann bezahlen. Der Sinn von beidem: Die Stadt behält die Hand auf den Grundstücken und kann den Bebauern Vorgaben machen. Klingt gut, kann aber schwierig werden, sobald die Frist abläuft. Wenn der Investor das Grundstück kaufen will, orientiert sich die Stadt an aktuellen Richtwerten. Bei überhöhten Preisen wird es auch für den Investor teuer – das holt er sich über die Mieten wieder. Ein weiteres Problem: Wenn ein Investor nicht weiß, ob er ein Grundstück behalten kann, wird er möglicherweise gegen Ende der Zeit weniger investieren. Die Mieter müssen dann mit dem niedrigen Standard leben, und am Ende hat die Stadt eine schlechte Immobilie. Alternativen? »Wir hoffen auf Regelungen, die Erbpacht und bezahlbaren Wohnraum miteinander versöhnen« sagt Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen. »Denkbar wäre eine ›ewige Erbpacht‹ mit der Festlegung begrenzter Mieten und eines Verkaufsverbots. Alle 25 Jahre könnte überprüft werden, ob sich das Wohnungsunternehmen an diese Festlegungen hält.« Nicht zu verwechseln ist das Wiederkaufsrecht übrigens mit dem Vorkaufsrecht (wir berichteten), das nur für bestimmte Bereiche der Stadt gilt.
 

Von Zuckerwatte und Existenzminimum

Das Leben, ein ewiger Jahrmarkt: Tom Veldkamp ist Schausteller in der sechsten Generation, der Hamburger Dom sein Zuhause. Zwischen Achterbahn und Zuckerwattestand, blinkenden Lichtern und Kirmesgedudel verdient er sein Geld. ZEIT:Kollegin Sarah Levy hat ihn für ihre Interview-Reihe »Über Geld spricht man nicht« getroffen. Was er bei seinem Job über die Hamburger gelernt hat, wer sich den Rummelspaß richtig was kosten lässt und was das Alpaka mit dem Wandel des Kirmeslebens zu tun hat, lesen Sie auf den Hamburg-Seiten der aktuellen ZEIT-Ausgabe, am Kiosk und digital hier.
   
   
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Kaffeepause
 
 
Herzlich und nachbarschaftlich

Ganz im Osten von Barmbek-Süd findet sich das ElbBarista. An den knallroten Wänden hängen großformatige Schwarz-Weiß-Porträts von Fünfziger-Jahre-Stars wie Marilyn Monroe und Cary Grant. Sie komplettieren die Einrichtung, die ganz im Stil dieser Zeit gehalten ist: niedrige Sessel und Sofas, Nierentische und allerlei bunte Lampenschirme. Der Kaffee stammt vom italienischen Produzenten Hausbrandt, man kann ihn auch für Zuhause kaufen. Als cremiger Cappuccino (2,60 Euro) schmeckt er hervorragend. Hausgemachte Kekse und Kuchen wie der gute laktose- und glutenfreie Mohn-Mandelkuchen (2,50 Euro) runden das Angebot ab. Die Preise sind nachbarschaftlich fair, und auch die Gäste, die sich in der von der Inhaberin verbreiteten herzlichen Atmosphäre miteinander austauschen, scheinen von nebenan zu kommen. Ein klein wenig irritiert, dass ein Hund verhalten und doch unverkennbar hinter einer Abtrennung zu bellen und knurren beginnt, sobald ein neuer Gast eintritt. Hätte man einen Wunsch offen, so würde man sich ein wenig Musik wünschen – vielleicht sogar aus den Fünfzigerjahren.

Barmbek-Süd, ElbBarista, Alter Teichweg 7a, Mo–Fr ab 7.30 Uhr; Sa/So ab 9 Uhr

Elisabeth Knoblauch
 
Alle Mittagstische im ZEIT Gastroführer
 
Gastro-Karte
 
   
   
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Was geht
 
 
 
Archer liest: Es ist dieser einzige Moment, der über die Zukunft entscheiden wird – Ende der Sechzigerjahre, in den Docks von Leningrad. In »Traum des Lebens« erzählt Jeffrey Archer von den großen Verwerfungen im 20. Jahrhundert und von einem jungen Mann, der die Herausforderungen des Schicksals besteht. Lesung und Gespräch in englischer und deutscher Sprache.
Heymann Buchhandlung, Rudolf Steiner Haus, Mittelweg 11–12, 20 Uhr, 16 Euro
Debattieren mit Reiz: Hetze und Gewalt gehören heutzutage in erschreckendem Ausmaß zum Alltag. Die Debattenreihe »Die neue Reizbarkeit – bewährt sich die demokratische Gesellschaft?« greift dieses Phänomen auf. Im zweiten Teil, »Das Ich gewinnt!?«, benennen Rebekka S. Henrich (Zweikampfverhalten e. V.) und Neurobiologe Gerald Hüther Zumutungen und entwickeln Perspektiven und Strategien gegen die Reizbarkeit.
Bucerius Kunst Forum, Rathausmarkt 2, 20 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung online
Flimmern im Schatten: Digitale Internet-Zensur beutet Arbeiter aus. Das zeigt die Dokumentation »The Cleaners« von Hans Block und Moritz Riesewieck. Sie enthüllen in ihrem Filmdebüt eine gigantische Schattenindustrie von Content-Moderatoren in Manila, die im Auftrag großer Silicon-Valley-Konzerne kontroverse Inhalte aus sozialen Netzwerken löschen.
Lichtmess, Gaußstraße 25, 20 Uhr, Spenden erbeten
 
 
 
   
   
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Hamburger Schnack
 
 
In der U3 zwischen Eppendorfer Baum und Hoheluftbrücke. Eine Frau verfolgt aus der U-Bahn die vorbeifliegenden Fenster und sagt zu ihrer Begleitung: »Das muss man aber mögen, dieses transparente Wohnen, oder?«

Gehört von Rebekka Folkerts
 
 
   
   
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Meine Stadt
 
 
 
 
Genau hinschauen – Hitchcocks »Vögel« sind in Hamburg gelandet.
 
Foto: Hilke Bock
 

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Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Morgen lesen Sie an dieser Stelle Annika Lasarzik.
 
Ihre
Sigrid Neudecker
 
 
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