#unbezahlt | USA entdecken Konkurrenten am Horizont | Schlagabtausch im Bundestag | 3 ½ Fragen an Nils Zurawksi

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
Brexit hin oder her, wir starten mit einer Hashtag-Empfehlung in die Woche. Unter #unbezahlt tauschen sich Forscher gerade offen über ihre Arbeitsbedingungen im Maschinenraum der Wissenschaft aus (Das ist wichtig). Für die Abschaffung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes plädiert Nils Zurawski im Fragebogen. Außerdem bemerkenswert: der jüngste Open-Doors-Report aus den USA, die Bemühungen des CNRS um wissenschaftliche Integrität und der kurze Schlagabtausch zwischen Kai Gehring und Anja Karliczek in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestags (c.t.).
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
#unbezahlt
Keine drei Wochen sind vergangen, seitdem der Vizepräsident der HRK, Ulrich Radtke, im Blog von Jan-Martin Wiarda folgendes klarstellte: „Nicht 50-, 66- oder 75-Prozent-Stellen für Doktorand/innen sollten die Regel sein, sondern 100 Prozent.“ GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller applaudierte und legte via Pressemitteilung nach. Vielfach würden „Doktorandinnen und Doktoranden halbe Stellen angeboten – mit der stillschweigenden Erwartung, dass sie in der unbezahlten Freizeit an ihrer Dissertation arbeiten“. Das ist vermutlich noch untertrieben. Unter #unbezahlt tauschen sich Wissenschaftler seit einigen Tagen über ihre Erfahrungen aus, die nicht nur für Doktoranden und Tarifrechtler, sondern auch für Wissenschaftspolitiker lesenswert sind. Drei Kostproben: +++ „Als ich mich als Wissenschaftliche Mitarbeiterin auf 50% Stelle an meine Arbeitszeit halten wollte, wurde mir vom Chef gesagt ich würde mit dem unausgesproch. Imperativ d. Wissenschaft brechen & mich unsolidarisch ggü den Kolleg_innen verhalten“ +++ „Gerade Physik-Praktikum betreut: 4h a 12 Wochen (reine Anwesenheit) wird allerdings nur halb anerkannt (Faktor 0.5). Also kann ich die Studenten auch nach 2 Stunden alleine lassen. Noch nicht mit drin: Vorbereitung + Protokolle korrigieren“ +++ „Da fällt mir gerade ein, wie ein Privatdozent mich gefragt hat, ob meine Frau denn gut verdiene – dann wäre ich ja auch gar nicht so sehr auf eine Stelle angewiesen“. Mehr bei #unbezahlt.
  
 
 
USA entdecken Konkurrenten am Horizont
Was für deutsche Hochschulen der Bericht „Wissenschaft weltoffen“ ist, ist für US-amerikanische Hochschulen der „Open Doors“-Report des Institute of International Education (IIE). Die Zahlen und Statistiken sind Gradmesser für die internationale Attraktivität der USA als Wissenschaftsstandort und erlauben Rückschlüsse auf den weltweiten Wettbewerb um Studierende. Das Fazit von IIE-Chef Allan Goodman: "We’re not hearing that students feel they can’t come here. We’re hearing that they have choices. For the first time, we have real competition" (Washington Post). Im Wettbewerb um Studierende zieht offensichtlich auch Deutschland gerade an. Nach jüngsten Open-Doors-Zahlen sind 12.585 Studierende aus den USA an deutschen Hochschulen eingeschrieben, ein Plus von 5,8 Prozent. Die Zahl deutscher Studierender in den USA hat sich demgegenüber leicht um 1,2 Prozent verringert. Zum Stöbern in dem Bericht hier entlang.
  
 
 
CNRS plant Ombudsstelle
Sie haben sich Zeit gelassen beim CNRS, jetzt aber ist es soweit: Mehr als ein Jahr nach der Gründung einer nationalen Agentur für wissenschaftliche Integrität in Frankreich plant nun auch das renommierte Centre de la Recherche Scientifique eine Ombudsstelle für die Wissenschaft (Nature, European Scientist). „Scientific integrity is an absolute necessity for the concept of trust: trust between scientists to advance knowledge, but also with the general public”, erklärte Rémy Mosseri kürzlich vor der internationalen Presse. Der Physiker wird das Büro leiten, das am CNRS über gute wissenschaftliche Praxis informieren und Fälle von Fehlverhalten aufklären soll. Komplett anonymen Hinweisen wird die CNRS-Ombudsstelle nicht nachgehen. “I am totally opposed to anonymous denunciations. We should not accept these, but rather guarantee the confidentiality of whistle-blowers,” betonte CNRS-Chef Antoine Petit. Mit rund 33.000 Beschäftigten und einem Jahresbudget von 3,3 Milliarden Euro gehört das CNRS zu Europas größten Einrichtungen der Grundlagenforschung. Zum Vergleich: Die Max-Planck-Gesellschaft zählt bei einem Jahresbudget von 1,8 Milliarden Euro knapp 23.000 Beschäftigte.
  
   
   
   
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Die Zahl
 
 
   
 
   
8
deutsche Hochschulen kooperieren mit Universitäten in Saudi-Arabien. Nach Informationen der Hochschulrektorenkonferenz sind das die Universität Erlangen-Nürnberg, die Universität Würzburg, die Technische Universität München, die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Technische Universität Ilmenau, die Universität Kassel, das Karlsruher Institut für Technologie und die Technische Hochschule Bingen.
   
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
 
 
3½  Fragen an…
 
 
   
 
   
Nils Zurawksi
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für kriminologische Sozialforschung an der Universität Hamburg

Was haben Sie zuletzt von jemand anderem gelernt?
Ich habe eine Reihe von Methoden für die Konfliktbewältigung von meinem Kollegen gelernt, also einfache, aber wirksame Kommunikationstechniken im Umgang mit anderen und für die Beratung als Mediator (der ich nebenbei auch bin).
 
Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Das ist schwer zu sagen, da fast jede Änderung irgendwann auch eine finanzielle Konsequenz haben wird. So könnte man ohne Anstrengungen und umsonst per Abstimmung (und dem Willen dazu) das Wissenschaftszeitvertragsgesetz abschaffen, was in der Folge aber wieder Geld kosten würde, denn dann müsste man sich um die Situation des Nachwuchses und einer professionellen Wissenschaftsstruktur nachhaltig kümmern – das gäbe es nicht umsonst.
 
Lektüre muss sein. Welche?
Radikal: Achille Mbembe, Kritik der Schwarzen Vernunft
Das ständige Thema: Bernhardt Taureck, Überwachungsdemokratie.
Interessant: Christoph Bartmann, Die Rückkehr der Diener.
Über Polizei: Bücher von Richard Price, Die Unberührbaren.
Wie immer Antworten, die das meiste unbeachtet lassen müssen…
 
Und sonst so?
… wünsche ich mir mehr Zeit zum Lesen und Nachdenken über meine Forschung und Arbeit, damit ich nicht nur von Projekt zu Projekt eile und zu viel angehäuftes Wissen unreflektiert liegen bleibt. 
   
 
   
 
 
   
 
 
   
   
   
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Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
„Mein Englischlehrer spricht die ganze Zeit vom Linksverkehr in England. Rechts zu fahren sei dort falsch. Ich finde das unglaublich tendenziell und nicht neutral und bitte um Einschreiten ihrerseits!" Auf AfD-Portalen kann man Lehrer melden, die im Klassenzimmer angeblich Stimmung gegen die Partei machen. Was steckt dahinter?  

Nicht ohne meine Eltern! Die Generation Z drängt in Universitäten und Unternehmen. Sie ist selbstbewusst, aber unselbstständig. Mit wem bekommt es die Gesellschaft da zu tun? Vom Hausunterricht nach Harvard Wie es eine Mormonin an die besten Unis der Welt schaffte: Ein Gespräch mit Tara Westover Nichts Genaues weiß man nicht Warum Fortbildungen für Lehrer mehr Systematik brauchen

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
 
   
 
 
 
 
c.t.
 
 
   
 
 
Mit dem Beschluss des Bundeshaushalts am Freitag steht fest: Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat im kommenden Jahr gut 18,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Haushaltsdebatte zum BMBF-Etat findet sich in der Mediathek des Bundestags. Besonders empfehlenswert ist neben Karliczeks Rede die Nachfrage von Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) zu jüngsten Äußerungen der CDU-Ministerin zur Forschung über Regenbogenfamilien (CHANCEN Brief vom 22. November) und die Ehe für alle in einem n-tv-Interview. Karliczeks Antwort an Gehring ist hier zu sehen.
Quelle: Mediathek des Deutschen Bundestags
 
 
 
 
 
   
Ärmel hochkrempeln, es ist Montag!

Ihr CHANCEN-Team


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