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das Thema Sternsinger bewegte einige von Ihnen gestern noch immer – kein Wunder, schließlich zählt die Spendensammelaktion mittlerweile zum immateriellen Unesco-Weltkulturerbe. Und während gestern also Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit und Sozialsenatorin Melanie Leonhard im Rathaus rund 50 dieser Sternsinger empfingen, erreichten uns Stimmen aus Blankenese, denen zufolge sich dort am Sonntag Seltsames getan habe. Sie erinnern sich: In dem Elbvorort hatte der katholische Pastor per Mail den Sternsingerbesuch mangels Sternsingern abgesagt. Was zu Verwirrung etwa bei Leser F. führte. Der nämlich traf auf dem Blankeneser Marktplatz »eine Sternsingergruppe mit Elternbegleitung«, »kommend von einem Sing-Termin auf dem Weg zu einem anderen Sing-Termin«. Das und weitere Sichtungen ließen Raum für Spekulationen: Handelte es sich um spontane Schützenhilfe einer benachbarten Pfarrei? Oder um eine private Initiative? – Im wilden Bayern gibt es immer wieder »alternative Sternsinger«, die die Spenden sich selber zukommen lassen, allerdings häufig durch ihr Alter (Ü-40), unpassende Kostümierung (Tischtuch und Besen) und die falschen Türsprüche (»Süßes oder Saures!«) auffallen… Nein, in den Elbvororten geht alles noch mit rechten Dingen zu. »Zu meiner großen Überraschung und Freude«, teilte uns Pastor Knut Hermanns aus Blankenese gestern mit, hätten sich nämlich kurzfristig doch noch Sternsinger und deren Eltern gemeldet, »so dass die Sternsinger-Aktion stattfinden konnte«. Unter den Freiwilligen seien auch Familien gewesen, die ursprünglich nur besucht werden wollten. Was war noch? Die Linken-Politikerin und Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Christiane Schneider hat im Zusammenhang mit den Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel nicht nur Kritik an ihrer eigenen Partei geübt, die das Ausmaß der Gewalt etwa an der Elbchaussee falsch eingeschätzt habe – die, wie sie dem »Hamburger Abendblatt« sagte, »offenbar kaltblütig geplant und ohne Sinn und Verstand angewandt« worden sei. Schneider kritisierte auch die Besetzer der Roten Flora und deren Verhältnis zur Gewalt: »Viele dort sitzen noch in den Schützengräben der neunziger Jahre.«
Und noch eins: Die deutsche Fassung des Enthüllungsbuches »Fire and Fury« des Autors Michael Wolff über das Weiße Haus unter dem derzeit immer noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump wird Mitte Februar im Rowohlt Verlag erscheinen. Ende vergangener Woche war das Buch in den USA herausgekommen; am Wochenende, so berichtet die Nachrichtenagentur dpa, hatte Trump heftig bestritten, dass ihm, wie dargestellt, »jeder in seiner Umgebung Amtsunfähigkeit bescheinigt«. Er sei, im Gegenteil, ein »geistig sehr stabiles Genie«.
»Der gesellschaftliche Wandel wurde nicht beachtet« Rein rechnerisch ist Hamburg mit Kinderarztpraxen überversorgt. Gleichzeitig häufen sich die Beschwerden von Eltern, die wochenlang auf einen Termin warten müssen. Morgen veröffentlicht die Kassenärztliche Vereinigung (KVA) eine Studie, in der sie dieser Diskrepanz auf den Grund gehen will. Wir haben Annette Lingenauber vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. gefragt, wie es denn nun wirklich ist. Elbvertiefung: Frau Lingenauber, die KVA spricht von einer Überversorgung mit Arztpraxen von 115 Prozent. Da müsste doch jedes Hamburger Kind locker einen Arzt finden? Annette Lingenauber: Diese Zahlen beruhen auf einer Bedarfsplanung aus dem Jahr 1980. Mittlerweile haben wir jedes Jahr um sechs Prozent steigende Geburtenzahlen, zusätzlich sind in den letzten zehn Jahren zwei bis drei Vorsorgeuntersuchungen dazugekommen. Außerdem haben wir, besonders in den Ballungsräumen, immer mehr berufstätige Mütter, die eine Kinderkrankschreibung benötigen, um bei Erkrankung ihres Kindes zu Hause bleiben zu können. Diese kann ich nur ausstellen, wenn ich das Kind gesehen habe. Dieser gesellschaftliche Wandel wurde jedoch bis jetzt nicht in allen Konsequenzen beachtet. EV: Gibt es denn nun immer noch zu viele Praxen? Lingenauber: Rein rechnerisch – basierend auf der alten Bedarfsplanung – scheinen es zu viele, aber die werden so oft frequentiert, dass das nicht passt. Wir verzeichnen eine immer häufigere Inanspruchnahme bei Infekten und Fragen, beispielsweise zur Ernährung, zu Reiseempfehlungen und auch zu Verhaltensauffälligkeiten. Es gibt oft keine Großmutter mehr, die in solchen Fällen rät: »Steck das Kind einfach ins Bett, sorge für reichlich Flüssigkeit, schaue, wie der Fieberverlauf ist!« Da ist Erfahrung verloren gegangen. Durch das Internet herrscht bei vielen Eltern auch eine höhere Verunsicherung. EV: In welchen Stadtteilen ist die Versorgung am schlechtesten? Lingenauber: Bis jetzt waren das vor allem Wilhelmsburg, die Veddel, Rothenburgsort und der Osten in Bergedorf. Nach der neuen KVA-Studie gibt es jetzt auch im Norden Probleme. In Steilshoop haben Sie 2000 bis 3000 Patienten, da müssen Sie ganz schön ackern. Der Hamburger Durchschnitt liegt bei 1000 bis 1200 Patientenfällen, die Patienten kommen aber deutlich öfter als einmal im Vierteljahr zu ihrem Arzt. EV: Da sucht man sich als Kinderarzt dann lieber einen ruhigeren Bezirk aus? Lingenauber: Bis vor ein bis zwei Jahren konnte man seine Praxis völlig frei im Hamburger Stadtgebiet verlagern. Dadurch ist es zu einer Verschiebung aus Bezirken mit sozialen Brennpunkten in wohlhabendere Stadtbezirke gekommen. EV: Sind Sie denn mit den Lösungsvorschlägen, die die KVA morgen präsentieren wird, zufrieden? Lingenauber: Wir waren in Gesprächen mit der KVA, um Lösungen zu erarbeiten, die Ansätze wurden mit uns abgesprochen. Es wird darum gehen, dass in Stadtteilen mit Unterversorgung neue Arztsitze geschaffen werden. Dann muss man aber auch Kollegen finden, die dort hingehen. EV: In Wilhelmsburg gibt es vermutlich weniger Privatpatienten als in Harvestehude ... Lingenauber: Deshalb muss ein Arzt finanziell so gestellt werden, dass er auch ohne den typischen Mix aus Kassen- und Privatpatienten über die Runden kommt. Die Gesellschaft muss akzeptieren, dass hier ein Ausgleich geschaffen werden muss. Aber dieses Problem kann die KVH (= Kassenärztliche Versorgung Hamburg) nicht allein lösen, das existiert in jedem Ballungsraum. EV: Wie könnte man es für Kinderärzte attraktiver machen, sich in diesen Stadtteilen niederzulassen? Lingenauber: Es gibt Gemeinden, die die Miete bezahlen. Aber auch nach Fachpersonal suchen wir alle händeringend. In Billstedt hat mittlerweile ein Gesundheitskiosk eröffnet, der den Ärzten immerhin ein wenig Beratungstätigkeit abnimmt. |
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