| | © edceee / unsplash.com | Früher waren Diäten aufrichtiger. Nein wirklich: Bis in die Neunzigerjahre ging es bei ihnen vor allem darum, den Körper ohne jegliche Heilsversprechen zu verarschen, damit er schlanker wird. Man wusste, dass das Unterfangen ungesund war, aber es herrschte Kalter Krieg, und man wollte die Tage vor der allgemeinen nuklearen Auslöschung wenigstens in der Lieblingsjeans verbringen. „Scheiß drauf!“, sagte man sich und hieß Bodo. Beispiele? Der beliebteste Appetitzügler der englischsprachigen Welt der Siebziger hieß „AYDS“ und tarnte in Pralinenform (es gab sogar Erdnussbuttergeschmack) das Lokalanästhetikum Benzocain, welches die Zunge und den Rachen und damit auch die Lust auf leckere Sachen betäubte; außerdem beinhaltete „AYDS“ das inzwischen weitgehend aus dem Arzneimittelverkehr gezogene Amphetamin PPA. Wahrscheinlich ging es Menschen richtig gut, wenn sie „AYDS“ nahmen! Bis zur Aids-Epidemie der Achtzigerjahre jedenfalls, welche, nachdem das Rebranding zu „Diet Ayds“ keine Erholung der Marke bewirkte, zum Ende dieses noblen Anorektikums führte. Tja! Aber man musste nicht unbedingt zu Anorektika greifen, um abzunehmen – in den Siebzigern gab es bereits Diäten. Und was für welche. Die Scarsdale-Diät etwa, welche vorsah, dass man seine tägliche Energiezufuhr zwei Wochen lang auf 700 bis 1.000 Kalorien beschränkte. Die Mahlzeiten waren dabei rigide vorgeschrieben – jeder Tag fing mit einer Tasse Kaffee oder Tee (die mit kalorienfreiem Zuckerersatz gesüßt werden durften), einer Scheibe Toast und einer Grapefruit an. Die Scarsdale-Diät war ausgesprochen populär und bleibt bis heute eine beliebte Crashdiät Verzweifelter. Ihr Erfinder, der amerikanische Kardiologe Herman Tarnower, konnte den großen Erfolg seines Schaffens nicht lange genießen: Er wurde 1980 von seiner Freundin niedergeschossen. Die Witze sind naheliegend, doch sie tat es nicht, weil sie hungrig und darum grantig war oder weil sie täglich scheußliche Grapefruits essen musste; es war eine Eifersuchtstat. Mindestmaß an Sättigung Das Stereotype Bild von Grapefruitdiätierenden, das man aus Filmen und Serien der Achtzigerjahre kennt, stammt wahrscheinlich nicht alleine von der Scarsdale-Diät – bereits in den 1930ern stellte die Hollywood-Diät diese unerbittliche Zitrusfrucht (Grapefruits sind Orangen, die niemals Liebe erfahren und darum ihre Jugend in Straßenbanden verbracht haben, Privatschulclementinen auflauernd) in den Mittelpunkt. Es war dem Wunschdenken geschuldet, dass Grapefruits fettverbrennende Enzyme beinhalten würden, darum mussten sie vor jeder Mahlzeit verspeist werden. Ferner wurden ähnliche Einschränkungen der täglichen Kalorieneinnahme gefordert wie bei der Scarsdale-Diät, und aus irgendeinem Grund durfte man keine weißen Zwiebeln essen. In den frühen Zweitausendern, kurz nach ihrem Comeback mit dem Fever-Album, bezeichnete Kylie Minogue die Hollywood-Diät als ihre „geheime Waffe“!
...
Den gesamten Freitext lesen Sie auf ZEIT ONLINE.
Sie wollen der Diskussion unter dem Text folgen? Hier geht es zum Kommentarbereich. |
|