| »Je höher das Tempo, desto höher der Schaden« Die nächtliche Geschwindigkeitsbeschränkung, die seit Kurzem auf sechs Hamburger Hauptstraßen gilt, sorgt für Diskussionsstoff. Die CDU findet die Maßnahme sinnlos, den Umweltverbänden geht die neue Regelung nicht weit genug. Wir haben den Verkehrsexperten Professor Wolfgang Maennig gefragt: Was bringen Tempo-30-Zonen wirklich? Elbvertiefung: Herr Maennig, Dennis Thering von der CDU hält nichts von der neuen Maßnahme, der BUND wünscht sich mehr Tempo 30 – was ist denn nun besser? Wolfgang Maennig: Studenten lernen schon in der VWL-Einführungsveranstaltung: Bei zunehmender Geschwindigkeit erfährt die Umwelt zunehmende Schäden: Es gibt mehr Verkehrstote, mehr Lärm, mehr CO2-Emissionen. Die steigen auch überproportional an, das heißt, je höher das Tempo, desto höher der zusätzliche Schaden. Aber: Die Gesellschaft zieht aus Mobilität einen Vorteil. Wer all diese Schäden nicht will, für den ist das richtige Tempo null. Wer individuelle Mobilität will, muss Umweltverschmutzung und Verkehrstote zumindest implizit dulden. EV: Verursachen Autofahrten mit 50 km/h denn wirklich mehr Lärm als Tempo 30? Maennig: Es gibt zwei Arten von Lärmemission. Erstens: das Motorengeräusch, das davon abhängig ist, ob die Autos in konstantem Tempo fahren und wie schnell sie fahren. Zweitens: das Abrollgeräusch der Reifen. In manchen Bereichen gehen mehr als 50 Prozent der Lärmemission auf diese Reifengeräusche zurück. Die EU arbeitet gerade an einer Kennzeichnung für Flüsterreifen, auch Flüsterteer ist in der Entwicklung. EV: Was bewirkt dann die Geschwindigkeitsbeschränkung? Maennig: Die Rollgeräusche gehen deutlich zurück, die Motorengeräusche aber nicht ganz so stark. Außerdem gibt es weniger Verkehrsverletzte. Die Schädigung der Umwelt wird durch Temporeduktion insgesamt geringer. Zumal nachts, wenn die Menschen schlafen wollen, ist der wahrgenommene Schaden durch den verursachten Lärm viel größer als tagsüber. EV: Und wenn wir den Schadstoffausstoß betrachten? Maennig: Die Schadstoffemission hängt vor allem von der Motorendrehzahl ab. Wenn Sie mit Tempo 30 im zweiten Gang fahren, ist sie ähnlich wie im dritten Gang bei Tempo 50. Dennoch gibt es eine verringerte Emission bei geringerer Geschwindigkeit. Um noch umweltfreundlicher zu fahren, wären Hybridautos eine Option, oder man stellt ganz auf Elektroautos um. Mit dem Verbrennungsmotor sollte man möglichst mit niedriger Drehzahl fahren und möglichst wenig bremsen und beschleunigen. EV: Also ist nicht nur das Tempo entscheidend ...? Maennig: Nein, es hängt wesentlich auch davon ab, ob viel angehalten und dann wieder angefahren werden muss. Wenn wir nachts mehr Ampeln abschalten und stattdessen die Verkehrszeichen gelten lassen würden, könnte dies den Lärm und die Schadstoffemissionen reduzieren. EV: Und wenn wir noch einmal an Tempolimits denken: Das funktioniert doch nur, wenn sich die Leute daran halten!... Maennig: Die sogenannten Berliner Kissen sind eine gute Option, das sind diese großen Hubbel, die es oft in Spielstraßen gibt. Oder Blumenkübel, um die herum man Schlangenlinien fahren muss. Es gibt viele Möglichkeiten, den Verkehr abzubremsen. Mehr Kontrolle ist immer mit steigenden Kosten verbunden, deswegen akzeptieren wir eine bestimmte Delinquenz. Technisch könnte man aber eine Geschwindigkeitsabweichung von null durchsetzen: Schon heute wären wir in der Lage, in das Management der meisten Motoren so einzugreifen, dass in Spielstraßen automatisch auf Schrittgeschwindigkeit herabgedrosselt wird. Spätestens mit den Elektromotoren wird sich das verbreiten.
Schrottplatz statt Spielplatz? Gehören Sie zu den Hamburgern, die bisher der Ansicht waren, die Spielplätze ihrer Stadt seien einigermaßen in Ordnung, zumindest was die Bedürfnisse der Kleinsten angehe – zwar sei das eine oder andere Klettergerüst erneuerungswürdig, aber was gefährlich sei, werde ausgewechselt? Und vielleicht dachten auch Sie bis heute, die einzigen dauerhaft wunden Punkte seien die Fragen, was man eigentlich für die größeren Kleinen anböte, und warum der Belag in einigen Fußballkäfigen, die sich ab und an neben den Spielplätzen finden (oft als einziges Angebot für die größeren Kleinen), bei Nässe und Feuchtigkeit so verteufelt rutschig ist? Nun, dann belehren wir Sie eines anderen: Die Spielplätze dieser Stadt sind ziemlich schrottig. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf, angesichts dessen, dass die Rot-Grüne-Regierung in einem gemeinsamen Bürgerschaftsantrag fünf Millionen Euro für die »Sanierung« der Spielplätze bereitstellen will, um »bestehende Anlagen in Ordnung« zu halten (Andreas Dressel, SPD) und »den Zustand der 750 Plätze zu erfassen« (Anjes Tjarks, Die Grünen). Bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Spielflächen seit Jahren verrotten, die Stadt keinen Überblick über ihre Verkehrssicherheit hat? »Auf jeden Fall gehören sie nicht zum politischen Schwerpunkt von Rot-Grün«, bemängelt André Trepoll von der CDU. »Wir haben schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass viele Spielplätze in schlechtem Zustand sind. Rot-Grün hat das Thema verschlafen.« Tjarks hingegen bestätigt, dass Hamburg hier bisher zu wenig investiert habe. »Da kann die CDU sich aber an die eigene Nase fassen«, schießt er zurück. Schon Ole von Beust habe die Spielflächen vernachlässigt. Was genau die »Sanierung« beinhalten wird, das steht noch nicht fest, aber alles wird ab 2019 abgearbeitet – als Erstes in Stadtteilen mit sozialen Brennpunkten. »Das Ganze wird ein Prozess von rund 15 Jahren«, so Tjarks. Kurz: Die Kinder, die sich heute bei Nässe in den Fußballkäfigen ihre Knie und Ellenbogen aufschlagen, sind dann vielleicht selbst schon Eltern. |
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