TU München expandiert nach Baden-Württemberg I Uni Bielefeld bekommt eine Medizin-Fakultät I Annette Grüters-Kieslich ist neue Chefin des Universitätsklinikums Heidelberg I Markus Holt von der Uni Paderborn beantwortet 3 1/2 Fragen I Anna-Lena Scholz markiert ihren Standpunkt zur Geschlechterforschung

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
in Bielefeld entsteht eine neue Medizin-Fakultät, die TU München expandiert nach Baden-Württemberg und amerikanische Forscher haben sich den "Bullshit" vorgenommen – streng wissenschaftlich, natürlich! Unsere 3 1/2 Fragen beantwortet diese Woche Markus Holt von der Universität Paderborn und einen klaren Standpunkt zur Geschlechterforschung nimmt die ZEIT-Redakteurin Anna-Lena Scholz ein.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Medizin-Fakultät für Uni Bielefeld
Die künftige schwarz-gelbe Koalition in NRW will eine medizinische Fakultät an der Universität Bielefeld einrichten. Das berichtet unter anderem die Lippische Landes-Zeitung. Die Freude an der Uni, bei der Ärztekammer und der IHK ist groß. Kritiker monieren, dass die geplanten 50 Millionen Euro dafür nicht ausreichten, sondern mehr als 100 Millionen Euro nötig seien.
  
 
 
München goes Heilbronn
Einen Campus in Singapur betreibt die TU München schon. Nun haben die Bayern Baden-Württemberg im Blick. Wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, will die TU am Heilbronner Bildungscampus eine eigene Lehr- und Forschungseinheit aufbauen mit den Schwerpunkten Management digitaler Technologien, Entrepreneurship und Familienunternehmen. Geldgeber ist die Stiftung des Lidl-Gründers Dieter Schwarz. Wer hätte das gedacht im bildungsföderalen Deutschland? Macht die Uni Heidelberg bald einen Campus in München auf? Oder die HU Berlin eine Westfiliale in Köln?
  
 
 
Alles über Bullshit
Forscherinnen und Forscher wissen es: Bullshit sells better than science. Statt nur darüber zu klagen, gehen Carl Bergstrom und Jevin West, beide Professoren an der University of Washington in Seattle, dem Thema auf den Grund: in einer Vorlesungsreihe, von der schon mehrere Videos online abrufbar sind. Die Wissenschaft schlägt zurück!
  
 
 
Jung, schnell, digital
Wer zwischen 18 und 25 Jahre alt ist und sich für Bildung und Digitalisierung interessiert, der sollte sich ganz schnell (Bewerbungsschluss ist am 9. Juni!) für die Teilnahme am Studentenworkshop beim Global Learning Council Summit 2017 vom 27. bis 30. Juni in Berlin bewerben. Erforderlich ist dazu ein kurzer Essay (ca. 500 Wörter) zur Frage: What will teaching and learning look like in 20 years?
  
 
 
Und ewig grüßt der Studienabbruch
29 Prozent aller Bachelorstudierenden brechen ihr Studium ab. An Universitäten liegt die Quote bei 32 Prozent, an Fachhochschulen bei 27 Prozent. Die große Mehrheit der Studienabbrecher gestaltet nach Verlassen der Hochschule ihren weiteren Bildungs- oder Berufsweg jedoch erfolgreich: Ein halbes Jahr nach Verlassen der Hochschule haben 43 Prozent von ihnen eine Berufsausbildung aufgenommen und 31 Prozent sind erwerbstätig. Dies ist ein Ergebnis einer aktuellen Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW),
  
   
 
 
   
 
   
   
 
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Neue Chefin der Universitätsklinikums Heidelberg
Die Medizinprofessorin Annette Grüters-Kieslich hat am 1. Juni 2017 das Amt der Leitenden Ärztlichen Direktorin und Vorstandsvorsitzenden des Universitätsklinikums Heidelberg übernommen. Sie tritt damit die Nachfolge des Medizinprofessors Guido Adler an, der in dieser Position seit Juni 2012 tätig war. Hier ein interessantes ZEIT-Interview mit ihr aus dem Jahr 2015.

Amerikaner wird Direktor am Forschungszentrum caesar
Ebenfalls seit dem 1. Juni ist Dr. Kevin Briggman einer von drei wissenschaftlichen Direktoren am Forschungszentrum caesar. Der amerikanische Neurowissenschaftler wird eine neue Abteilung aufbauen, die sich mit der Abbildung von Nervennetzwerken mithilfe von Computermodellen beschäftigt.

Himmelsstürmer gesucht
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt sucht zum Januar 2018 ein "Vorstandsmitglied (m/w) Raumfahrtmanagement". Es gestaltet die deutsche Raumfahrtpolitik mit und "vertritt deutsche Raumfahrtinteressen im internationalen Bereich". Gesucht wird also ein echtes Schwergewicht. Nähere Informationen finden sich im Stellenmarkt der ZEIT.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Dr. Markus Holt

Geschäftsführer der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik an der Universität Paderborn
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Es gibt noch viel Luft nach oben, was die Professionalisierung in der Wissenschaftsadministration angeht; ein Projektmanagement, das diesen Namen verdient, würde wahrscheinlich auch unter ProfessorInnen, die teilweise enorm viel Zeit mit irgendeiner Form von Verwaltung verbringen, wieder mehr Lust erzeugen, da mitzumachen.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Das Schaffen besserer Studiengänge. Das ginge nicht nur ohne Geld, sondern es ließe sich sogar Geld sparen: In fast allen Köpfen ist inzwischen angekommen, wie wichtig gute Lehre ist. Die Bereitschaft, das anzugehen und loszulegen, ist unter Studierenden und Lehrenden groß – bis sie auf die Regulierungswut des Akkreditierungsprozesses und das Heer derer treffen, die ihren Job nicht selten damit ausfüllen, zu erklären, was alles NICHT geht – und damit Veränderungen und Innovationen schon im Keim ersticken. Wenn Akkreditierung sich auf einige wenige Standards („Wie viele Semester hat ein Bachelorstudium?“, „Was muss man im Studiengang xy am Ende an Wissen und Kompetenzen erworben haben?“) beschränken würde, wäre viel gewonnen – auf allen Seiten.

Lektüre muss sein. Welche?
Navid Kermani: Wer ist Wir? Ein wohltuend menschenfreundlicher, klarer, vielseitiger Blick auf das Ist unserer Gesellschaft. Wunderbar zu lesen, auch und gerade jetzt, wo Europa zu zerbröckeln droht.

Und sonst so?
Die Semesterferien kommen – mehr Zeit, sich den Ideen zu widmen, die einen längeren Atem brauchen und im Semester immer wieder von den dringenden To Do's nach hinten geschoben werden.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Standpunkt
 
 
   
   
von Anna-Lena Scholz
Diskursdingsbums
Wie viel Satire verträgt die Wissenschaft? Nicht so viel. Wer lacht, denkt nicht. Siehe kürzlich, als die Wissenschaft zum Schenkelklopfer wurde, genauer: die Geschlechterforschung. 
»Der konzeptuelle Penis als soziales Konstrukt« lautet übersetzt der Titel eines Aufsatzes, den zwei amerikanische Autoren – Jamie Lindsay und Peter Boyle – bei der Fachzeitschrift Cogent Social Sciences eingereicht hatten. Die Studie argumentiert, der Penis müsse nicht als anatomisches Organ verstanden werden, sondern sei ein fluides soziales Konstrukt und Zeichen einer toxischen Maskulinität, die für den Klimawandel mitverantwortlich sei. Kaum war der Aufsatz publiziert, sprang der Clown aus der Dose. Es handele sich um ein ausgedachtes Pseudo-Paper, schrieben die Autoren, die eigentlich Peter Boghossian und James Lindsay heißen. »Komponiert im Stil der poststrukturalistischen, diskursiven Geschlechtertheorie«, hätte die erfundene Studie niemals publiziert werden dürfen, merkten sie an. Dies belege zweierlei: erstens, dass aus den Sozialwissenschaften im Allgemeinen und den Genderstudies im Besonderen nur modischer »Nonsens« komme. Und zweitens, dass in der Wissenschaft laxe Publikationsstandards gälten.
Große Aufmerksamkeit im Netz und in den Medien gab es für erstere These. Der Penis schuld am Klimawandel! Poststrukturalistisches Diskursdingsbums! Die spinnen, diese Gender-Forscher! Vor lauter Eifer gingen ein paar wichtige Tatsachen unter: Erstens: Cogent Social Sciences ist keine seriöse Fachzeitschrift. Boghossians und Lindsays »Studie« war zuvor bei einem anderen Journal abgelehnt und schließlich bei Cogent gegen eine Gebühr veröffentlicht worden. Gegen Gebühr, das heißt: Gehandelt wurde mit Geld, nicht mit Erkenntnis. Journale wie Cogent Social Sciences, die drucken, wofür man zahlt, sind auf dem millionenschweren Publikationsmarkt keine Seltenheit und in der Tat kritikwürdig. Sie unterminieren die Arbeit aller, die redlich forschen. Nicht tragbar ist daher, zweitens, die Schlussfolgerung, die Publikation der Penis-Studie sage irgendetwas über die Integrität und Methodik eines Fachgebiets aus. 
Was aufklärerisch tat, war ein billiger Scherz. »Wir haben keinen Versuch unternommen herauszufinden, was ›poststrukturalistische, diskursive Geschlechtertheorie‹ eigentlich bedeutet«, taten Boghossian und Lindsay kund, und suhlten sich lässig in ihrer fachlichen Ahnungslosigkeit: Was interessiert uns die geisteswissenschaftliche Begriffs- und Erkenntnisgeschichte der letzten drei Jahrzehnte! Weitergetragen wurde diese grobe Irreführung über die Arbeit von Tausenden Forscherinnen und Forschern ausgerechnet von jenen, die sich derzeit besonders gerne als Verfechter des Faktischen gerieren: den Journalisten. Penis-Alarm statt sachliche Information darüber, was in der Geschlechterforschung tatsächlich untersucht und diskutiert wird. 
Erkenntnisgewinn: null. Schaden: groß. Etwas zu diskreditieren und zu verbreiten, wovon man nichts versteht, ist bloß Populismus – auf Kosten der gesamten Wissenschaft. Kein Witz.
   
   
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c.t.
 
 
   
 
Bernie Sanders am 31.5.17 an der FU Berlin, Rede und Interview
 
 
 
 
 
 
 
 
   
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