Diverse Exzellenz Da reden seit mindestens zehn Jahren alle über Diversität und wie wichtig sie ist für die Zukunft der Wissenschaft, und was sagen Hochschulrektoren? Nur knapp jede/r dritte ist der Meinung, dass Diversität für die Qualität der Forschung von besonderer Bedeutung ist. So berichtet es das
Hochschul-Barometer, eine jährliche Umfrage des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft.
Moment, werden jetzt viele Hochschulchefs protestieren, stimmt doch gar nicht! Wir finden Vielfalt wichtig, und tatsächlich geben 83 Prozent der befragten Hochschulleitungen an, dass Diversität in Lehre und Studium „große Beachtung“ finde. Ja, aber eben nur da. Und das ist das Problem. Denn so, wie in den vergangenen zehn Jahren der Begriff „Diversität“ Karriere gemacht hat, wurde ein zweites Wort an die Spitze hochschulpolitischer Debatten katapultiert: „Exzellenz“. Und gemeint ist damit eigentlich immer Exzellenz in der Forschung.
„Diversität“ in der Lehre, „Exzellenz“ in der Forschung. Die Wahrheit ist, dass viele Rektoren eines noch immer nicht verstanden haben: Exzellenz ohne Diversität, das geht gar nicht. Solange die Mehrheit der Lehrstühle in Deutschland (und anderswo) von weißen Männern über 45 besetzt ist, die noch dazu einen deutschen Pass haben, werden nicht die besten ausgewählt, denn das wäre schon im Sinne der Gaußschen Normalverteilung unmöglich. Zum Zuge kommen die Naheliegendsten. Wenn man so möchte, ist aber genau das der Kern von Diversität: Nehmt nicht die, die immer da waren, sondern die mit dem größten Potenzial.
Dass das mit der Diversität in der Lehre besser klappt, ist erfreulich – und zeigt zugleich, dass Rektoren und Präsidenten Diversität eben nicht als einen Weg zu Exzellenz begreifen. Sondern als einen Beitrag zur Sozialpolitik, etwas, das man der Gesellschaft schuldig ist. Tut man halt. In der Lehre belohnt die Politik die Ausweitung der Studierendenzahlen, Stichwort Hochschulpakt, ja auch kräftig. Aber, denken viele Profs und ihre Chefs (ihre mehrheitliche Demographie siehe oben): Wenigstens in der Forschung können wir noch nach Exzellenz gehen. Und das heißt für sie: ihresgleichen berufen.
Wir können lange über Geld reden, das deutschen Hochschulen fehlt, um zur Weltspitze aufzuschließen. Auch zu Recht. Ganz sicher aber werden sie den Sprung nach ganz vorn nicht schaffen, bis nicht auch der letzte Rektor begriffen hat: Diversität ist eine Frage des Anstandes. Vor allem aber ist Diversität der beste Garant gegen Mittelmäßigkeit.
Die nächste Gelegenheit, es besser zu machen, steht an: das Tenure-Track-Programm. Klar kann man den Wettbewerb nutzen, um ein flammendes Plädoyer für Personalentwicklung einzureichen und in Wirklichkeit ein paar vorgezogene Berufungen durchzudrücken. Oder man beginnt sie, die Suche nach den nicht Naheliegenden. Sie mag anstrengender sein zunächst. Aber noch anstrengender ist auf Dauer das Fehlen ungeahnter Perspektiven.