Fünf vor 8:00: Das Ergrünen der Republikaner - Die Morgenkolumne heute von Alexandra Endres

 
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FÜNF VOR 8:00
23.06.2017
 
 
 
   
 
Das Ergrünen der Republikaner
 
Ein freier Markt und Geld für jeden Bürger: So gehe guter Klimaschutz, werben Konservative in den USA. Die Zahl der Unterstützer wächst. Doch die Macht haben andere.
VON ALEXANDRA ENDRES
 
   
 
 
   
 
   
Republikanische Politiker in den USA sind allgemein nicht gerade als Freunde einer ehrgeizigen Klimapolitik bekannt. Doch das scheint sich gerade zu verändern. Seit Monaten arbeitet eine den Republikanern nahestehende Gruppe namens Climate Leadership Council an einem eigenen, einem konservativen Klimaschutzplan.
 
Zu den wichtigsten Mitgliedern der Initiative zählen die beiden republikanischen Granden George Shultz, Inhaber diverser Ministerämter unter Richard Nixon und Ronald Reagan, und James Baker, der unter Reagan Finanz- und unter George Bush senior Außenminister war, sowie Henry Paulson, Finanzminister unter George W. Bush.
 
Vor knapp vier Monaten, Präsident Donald Trump war kaum im Amt, führten Vertreter des Council erste Gespräche im Weißen Haus. "Sehr respektvoll" sei die Atmosphäre gewesen, der Empfang "unvoreingenommen", sagten sie danach. Das ist sehr diplomatisch und heißt nicht viel. Aber mittlerweile vereint die Initiative prominente Unterstützer aus Wirtschaft, Wissenschaft, der Umweltschutzszene und der Politik um sich – und zwar quer über die Parteigrenzen hinweg.
 
Der ehemalige Nasa-Klimaforscher James Hansen findet ihre Vorschläge ebenso gut wie der Astrophysiker Stephen Hawking und die Unternehmerin Laurene Powell Jobs, die Witwe des Apple-Gründers Steve Jobs. Auf der Liste ihrer Gründungsmitglieder stehen Konzerne wie ExxonMobil, Shell und General Motors; Naturschutzorganisationen wie The Nature Conservancy und Conservation International; Politiker wie der frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, der einstige Finanzminister der Bill-Clinton-Administration, Lawrence Summers, sowie Steven Chu, Energieminister in der ersten Amtsperiode von Barack Obama.
 
Klimaschutz und freier Markt
 
Trumps direkter Amtsvorgänger betrieb Klimapolitik – mangels Unterstützung durch den Kongress – im Wesentlichen durch Erlasse, die CO2-Grenzwerte festlegten. Konservative aber mögen solche Regeln nicht. Sie sehen in ihnen unzulässige Eingriffe in den freien Markt, die noch dazu eine teure Bürokratie notwendig machen.
 
Im Gegensatz dazu soll der Plan des Climate Leadership Council das Klima schützen und es dennoch dem Markt ermöglichen, sich innerhalb klarer Grenzen frei zu entfalten. Das passt besser ins konservative Weltbild. Seine Autoren nennen ihren Vorschlag auch nicht Klimaschutzplan – Framing ist wichtig – sondern Kohledividendenplan. Das stellt die Gewinne in den Vordergrund und dürfte so in wirtschaftsfreundlichen Kreisen besser ankommen.
 
Eine Steuer auf Emissionen
 
Der Plan soll in vier Schritten funktionieren. Zuerst erhebt der Staat eine Steuer auf Emissionen, zunächst in Höhe von 40 Dollar je Tonne CO2. Fossile Energie würde teurer, klimaschädliches Verhalten bestraft. Der Ausstoß von Treibhausgasen sänke – sogar doppelt so schnell wie unter den Regeln, die Präsident Obama erlassen habe, behauptet das Council. So könne das Klimaabkommen von Paris erfüllt werden.
 
Vermutlich würden die Energieunternehmen die zusätzlichen Kosten an ihre Kunden weiterreichen. Strom, Wärme und Treibstoff aus Öl und Kohle würden teurer.
 
Doch zugleich – das ist der zweite Schritt des Plans – gäbe der Staat die kompletten Einnahmen aus der Steuer zurück an seine Bürger. "Mit einer Steuer von 40 Dollar auf jede Tonne würde eine vierköpfige Familie im ersten Jahr ungefähr 2.000 Dollar bekommen", schreiben die beiden Ökonomen Martin Feldstein und Gregory Mankiw, einstmals Berater der republikanischen Präsidenten Ronald Reagan und George W. Bush, die den Plan des Climate Leadership Council mit verfasst haben, in einem Beitrag für die New York Times.
 
Wer viel schmutzige Energie nutzt, müsste viel zahlen, so stellen die beiden sich das vor. Aber weil die Steuererträge gleichmäßig an alle Bürger verteilt würden, könnten unterm Strich vor allem jene Familien gewinnen, die klimafreundliche Energie nutzen. Im Laufe der Zeit könnte die Steuer steigen, sodass selbst bei sinkenden Emissionen noch Geld zum Umverteilen da wäre. Womöglich sogar stetig mehr Geld, wie Feldstein und Mankiw werben – zumindest so lange, wie der Ausstoß von Treibhausgasen nicht komplett auf Null sinkt.
 
223 Millionen Menschen könnten profitieren
 
Um die heimischen Unternehmen im Wettbewerb zu schützen, schlagen die Ökonomen Klimazölle auf kohlenstoffintensive Importe und Rabatte für US-Exporteure vor. Das ist der dritte Schritt. Sobald das Modell läuft, würden ältere klimapolitische Regeln aus der Obama-Ära abgewickelt: Schritt vier und Schluss.
 
In der New York Times preisen Feldstein und Mankiw die Vorteile ihres Vorschlags in den höchsten Tönen: Es bringe nicht nur Klimaschutz, sondern auch Investitionssicherheit für die Unternehmen und damit Wirtschaftswachstum. Jene 70 Prozent der US-Bürger, die weniger verdienen als der reichere Rest, würden profitieren, schreiben sie. Das wären etwa 223 Millionen Menschen. Der Staat aber beschränke sich auf den allernötigsten Eingriff.
 
Das klingt vielversprechend. Die renommierte Öko-Denkfabrik World Resources Institute, die das Climate Leadership Council berät, nennt den Plan "effizient, wirkungsvoll und politisch machbar". Und die lange Liste der Unterstützer signalisiert, dass die Idee einer Klimasteuer in den USA an Einfluss gewinnt.
 
Die Macht im Weißen Haus haben derzeit aber noch andere. Trumps Energieminister Rick Perry sagte vor ein paar Tagen, Kohlendioxid sei gar nicht die wichtigste Ursache des Klimawandels; Scott Pruitt, der Chef der Umweltbehörde EPA, möchte die wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Klimawandel noch einmal komplett zur Diskussion stellen – und der Präsident selbst scheint eher ihrer Linie zu folgen. Deshalb wird es wohl noch Jahre dauern, bis die Idee einer Kohlendividende realistische Aussichten hat, Mehrheiten im Kongress zu gewinnen.
   
 
   
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