| Neues Gesetz zur Prostitution: Schutz oder Schikane?
Im Rotlichtmilieu Hamburgs wird sich bald einiges ändern, denn ab Samstag tritt das neue Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Geht es nach der Bundesministerin für Frauen und Familie Manuela Schwesig, ist dieses ein Zeichen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution und für die Stärkung der Grundrechte von Prostituierten. Darüber kann Undine de Rivière, Pressesprecherin des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen und Sexarbeiterin in Hamburg, nur lachen. »Für uns bringt das Gesetz keinen Vorteil. Offiziell soll es unserem Schutz dienen, ist aber eigentlich ein übles Kontroll- und Überwachungsgesetz«, sagt sie. Das Regelwerk sieht eine Anmeldepflicht für Prostituierte vor, ebenso verpflichtende Beratungsgespräche zur Gesundheit und eine Kondompflicht. Es sei fraglich, wie Letztere überprüft werden soll, sagt de Rivière – unangekündigte Kontrollen, sozusagen in flagranti? »Das ist entweder überhaupt nicht möglich oder nur durch menschenunwürdige Aktionen«, sagt sie. Noch sei vieles in Bezug auf das Gesetz nicht klar, sagt auch Sozialbehördensprecher Marcel Schweitzer. Die Behörde sieht vor allem die Anmeldepflicht für alle Prostituierten kritisch und befürchtet, dass diese leichter in die Illegalität abgedrängt werden könnten. Auch de Rivière sagt: »Wir benötigen kein weiteres Sonderrecht, sondern eine Eingliederung in das normale Gewerbe- und Arbeitsrecht, einen Abbau der Stigmatisierung.« Bis die Stadt so weit ist, das Gesetz auch umzusetzen, wird es laut Schweitzer noch dauern. Über den weiteren Verlauf informiert man hier.
Klassik in der Scheune
Beim Schleswig-Holstein Musik Festival, das an diesem Sonnabend startet, wird an 109 Orten im ganzen Bundesland musiziert – etwa in großen Schlössern, alten Scheunen und Schiffswerften. Bis zum 29. August stehen 193 Konzerte auf dem Programm, auch Hamburg macht mit. Lohnt sich Klassik in der Scheune oder im Pferdestall? Wir haben mit Intendant Christian Kuhnt gesprochen. Elbvertiefung: Herr Kuhnt, bei Klassik denkt man an elegante Konzertsäle und feines Publikum. Sie lassen Künstler in Scheunen auftreten. Warum? Christian Kuhnt: Bis in die Achtzigerjahre war klassische Musik den großen Metropolen und ihren Bewohnern vorbehalten. Seit der Gründung des Festivals 1986 bringen wir Musik direkt zu den Menschen, die in ländlicheren Gebieten wohnen. Durch die Internationalität der Musiker und den lokalen Charme der Spielstätten entsteht eine positive Reibung. Und wir möchten dazu anregen, weniger bekannte Ecken in Schleswig-Holstein zu erkunden. Elbvertiefung: Die Elbphilharmonie, die S-Bahn-Station am Flughafen, eine ehemalige Reithalle in Elmshorn – allein in und um Hamburg wird an unterschiedlichsten Orten musiziert. Und das klappt mit der Akustik …? Kuhnt: Ja, es gibt viele Orte, die zwar für andere Zwecke gebaut wurden, aber wunderbar bespielt werden können, etwa die »Alte Reithalle« in Elmshorn: Da dort sehr viel Holz verbaut wurde und der Stall so rechteckig wie eine Schuhschachtel ist, ergibt sich eine Akustik wie im Konzertsaal. Wo der Klang nicht unseren Ansprüchen genügt, wird manchmal mit Verstärkung nachgebessert. Für diese Umbauarbeiten geben wir einen siebenstelligen Betrag aus. Elbvertiefung: Und wer darf wo auftreten? Internationale Stars spielen in der Elbphilharmonie, unbekanntere Künstler im Gewächshaus …? Kuhnt: Wichtigstes Kriterium ist, dass die Musik zum Charakter der Spielstätte passt. Die Popsängerin Esther Ofarim tritt etwa im Tivoli in Heide, einer alten Vergnügungshalle, auf. Im Großen Saal der Elbphilharmonie ist schon vom Ambiente her Klassik mit einem Orchester wie Gershwin & Ravel passender. Und auf der Robbe & Berking Werft in Flensburg spielen Rockbands, das passt besser zur rustikalen Umgebung. Elbvertiefung: Ihre persönlichen Highlights in diesem Jahr? Kuhnt: Ich freue mich auf die Musik des französischen Komponisten Maurice Ravel, die im Fokus steht: Ravels Werk hat nämlich weit mehr als seinen »Bolero«-Ohrwurm zu bieten. Interessant ist auch der israelische Mandolinenspieler Avi Avital. Er spielt Jazz, Folklore und Neue Musik. Elbvertiefung: Nicht nur das Festival, auch die musikalische Bandbreite wird größer: Die »Tatort«-Kommissare Axel Prahl und Ulrich Tukur treten mit ihren Bands auf … Kuhnt: Klar, warum auch nicht? Ich gehöre einer Generation an, die Musik nicht so sehr in Kategorien presst: Ich mag Elton John, höre aber auch gern Beethoven. Wir möchten gerade die vielen Menschen erreichen, die nicht aufs Etikett achten und Musik generell offen begegnen. | |
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