| Gib dem Affen Zucker in der Bürgerschaft
In der realen Live-Übertragung in der Bürgerschaft erklang gestern kein Geburtstagsständchen für Bürgermeister Olaf Scholz. Der verbrachte nämlich seinen 59. Geburtstag im Parlament, was am Rande der Sitzung zumindest mit wohlwollendem Schulterklopfen gewürdigt wurde. Von Partystimmung ansonsten keine Spur. Drei Monate vor der Bundestagswahl übten sich die Abgeordneten in aggressiver Wahlkampfrhetorik. Diskutiert wurde über die großen Themen unserer Zeit: Flüchtlingskrise, Klimawandel, soziale Spaltung – und über allem lag, klar, die Frage, welche Partei denn nun die besten Vorschläge zur Lösung all jener Probleme habe. Hängen blieb von den politischen Ideen nur wenig, dafür hatte die Debatte zumindest Unterhaltungswert: »Kümmern Sie sich lieber um die große Leere, die Frau Prien hinterlassen wird! Sie treten hier als große Bremser auf und präsentieren kaum eigene Ansätze!«, schimpfte etwa SPD-Fraktionschef Andreas Dressel in Richtung der CDU, die zuvor gegen den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz gewettert hatte. Wir erinnern uns: Die bienenfleißige CDU-Abgeordnete Karin Prien, die Anträge, Anfragen und Stellungnahmen zu Wirtschafts-, Wissenschafts-, Kultur-, Schul- und Flüchtlingsthemen im Akkord verschickt, soll als Bildungsministerin nach Schleswig-Holstein wechseln; für die Fraktionskollegen offenbar ein wunder Punkt, denn nach dieser Klatsche wurde es auf den CDU-Rängen erst richtig unruhig. Eine Retourkutsche erlaubte sich die CDU am Ende übrigens noch: Fraktionschef André Trepoll überreichte Geburtstagskind Scholz eine »Angela-Merkel-Zitronenpresse« als Geschenk. Nun, über diese Symbolik (»Sauer macht lustig«?, »Geben Sie der Kanzlerin Saures«??) kann man streiten …
Was sonst noch war
Der Antrag der Linken, in dem die Fraktion forderte, die Stadt möge Flächen für Anti-G20-Camps zur Verfügung stellen, wurde erwartungsgemäß mit einer großen Mehrheit abgelehnt. Offen ist indes noch, wie es mit den 10.000 Unterschriften weitergeht, die das Bündnis »Gemeinsam statt G20« gesammelt hat. Das Thema wurde in den Verfassungs- und Bezirksausschuss überwiesen, dort werden die Initiatoren nun wohl angehört – eine Absage des Gipfels, die das Bündnis mit einer Volkspetition durchsetzen will, gilt aber politisch und juristisch als ausgeschlossen. Derweil hat die Hamburger Feuerwehr ein neues Notfallkonzept für Einsätze mit vielen Patienten präsentiert. Reiner Zufall, dass wir das jetzt hier erwähnen, so etwas gehöre nämlich »zum Tagesgeschäft«, habe mit G20 also nichts zu tun, sagt die Feuerwehr. Und dann schrieb uns noch ein Leser, er »bemerke eine kontinuierliche Zunahme von Straßenbaustellen in der Stadt: Könnte es sein, dass dort gar keine Baumaßnahmen durchgeführt werden, sondern dass dort nach geheimen Tunneln der G20-Gegner gesucht wird?«
Pferdesteuer für Tangstedt!
Die Befürworter der Pferdesteuer haben gewonnen – vorerst. Begleitet von massiven Protesten hat Tangstedt als erste Gemeinde in Schleswig-Holstein die Einführung einer Pferdesteuer beschlossen. Sie beträgt 150 Euro im Jahr pro Pferd. Die Gemeindevertretung fasste den Beschluss gestern Abend nach emotionaler Debatte und turbulenter Sitzung mit 10 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung – der von Bürgermeister Norman Hübener (SPD). Vorher hatten mehrere hundert Demonstranten gegen die Steuer protestiert, darunter auch Jugendliche und Kinder mit Plakaten wie »Mein Pferd ist mein Freund, und Freunde sind steuerfrei« (das sollten sich Hamburger Hundebesitzer mal abschauen!). Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper war sich laut dpa nicht zu schade gewesen, in einem Schreiben an Bürgermeister Hübener dringend darum zu bitten, von der Steuer abzusehen. Gegen die neue Abgabe haben die Gegner bereits eine Klage angekündigt. Und die voraussichtliche neue Landesregierung Schleswig-Holsteins von CDU, Grünen und FDP verkündete zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen, so die dpa, »die Erhebung von Steuern auf Sportarten (beispielsweise Reitsport)« werde künftig »ausgeschlossen.« Ob auch Mitglieder der voraussichtlichen Landesregierung Pferde in Tangstedt stehen haben, wissen wir nicht. Aber dass ab heute Reiter durch Tangstedt patrouillieren und die zehn Aufrechten, die für die Steuer stimmten, den Ort in Kürze verlassen müssen, das sind angeblich völlig haltlose Gerüchte. |
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