| Von starken Frauen und schwachen Männern
Betrogen, gedemütigt und herabgewürdigt fühlten sie sich – von ihren Frauen: Das haben diejenigen Männer gemeinsam, die sich derzeit oder in jüngerer Vergangenheit vor Hamburger Gerichten verantworten müssen und mussten. Denn sie, auch das eine Gemeinsamkeit, reagierten mit roher Gewalt, stachen ihre Frauen nieder, überschütteten sie mit heißem Öl oder mit Salzsäure. Die Frauen überlebten. »Der Terror ihrer Männer ist vorbei, dafür plagen sie nun Ängste und Schlafstörungen«, konstatiert Autorin Elke Spanner, die die Prozesse beobachtet, in der aktuellen ZEIT-Ausgabe, die es noch am Kiosk oder hier digital gibt. Das Motiv der »Männer der Tat«, wie die Kollegin ihren Text betitelte, war immer das Gleiche: »Die Eifersucht spielt eine große Rolle. Oder das, was die Männer Eifersucht nennen. Denn in Wirklichkeit geht es eher um Eitelkeit. (...) Sie alle sprechen von ihrer Kränkung als Mann.« Ob aktiv zugefügte oder nur empfundene Kränkung, ob tatsächliche oder nur eingebildete Affäre – eine Parallele dieser dramatisch endenden Beziehungen: Den Part der Macherin, teilweise auch der Versorgerin bekleidete die Frau. Und in der gleichberechtigten Ehe von Armin B. und Sonja A. habe die Beziehung unter seinem Burn-out gelitten, irgendwann sei tatsächlich ein anderer Mann in das Leben von Sonja A. getreten. Und Armin B. habe reagiert: mit einem Salzsäure-Angriff auf das Gesicht seiner Frau. Während er noch seinem Urteil entgegenblickt, »funktionieren« die verstümmelten Frauen trotz ihrer Stichwunden und Verätzungen, schreibt Spanner. »So, wie sie es immer taten.«
Nandu-Tagestourismus
Seit zehn Jahren verfolgt Frank Philipp mit einer Arbeitsgruppe aus Wissenschaftlern und Naturschützern die Entwicklung der Nandus im Norden. Mit dem Nandumonitoring erforscht er die Population der ursprünglich aus Südamerika stammenden Vögel, die sich, seitdem vor Jahren eine kleine Gruppe bei Lübeck aus einem Gehege entkam, in der Grenzregion zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein immer mehr vermehren. Im Frühjahr wurden 220 Tiere gezählt, besonders wohl fühlen sie sich zwischen den Orten Schattin und Utrecht. Wir wollten wissen: Kommen die Laufvögel bald auch nach Hamburg? Elbvertiefung: Herr Philipp, wie nahe sind die Nandus Hamburg schon gekommen? Frank Philipp: Bislang beschränkt sich das Ausbreitungsgebiet auf einen Bereich östlich des Ratzeburger Sees, wir dokumentieren eher eine Ausbreitung in östliche Richtung. Den Ratzeburger See haben sie noch nicht überschritten, das ist eine natürliche Grenze. In der Vergangenheit gab es auch Beobachtungen aus Schleswig-Holstein. Aktuell betrifft dies jedoch nur einen kleinen Bereich. EV: Die Gerüchte stimmen also nicht, dass man schon Nandus nahe Hamburg gesichtet habe? Philipp: Es gab auch schon Meldungen von Nandus um Hamburg herum, das waren Tiere, die aus privaten Haltungen entkommen sind. Dass Nandus entlaufen, passiert immer häufiger. Die Leute zäunen Gehege nicht ordentlich ein, da brechen auch mal Tiere aus. EV: Allerdings sind es von Schattin bis Hamburg nicht mal 60 Kilometer ... Philipp: Die Tiere haben keinen Grund, so weit zu laufen. Sie wandern mal ein paar Kilometer, aber die Ausweitung verläuft sehr langsam. Nicht so wie bei den Wölfen, die wirklich weite Strecken von ein paar Hundert Kilometern zurücklegen. Außerdem gibt es Barrieren wie Autobahnen, die nicht überschritten werden, über normale Brücken gehen Nandus nicht, höchstens über begrünte. Bis Hamburg werden sich die Tiere also erst mal nicht ausbreiten. EV: Umgekehrt verlässt man als Hamburger gelegentlich Hamburg. Könnte es gefährlich werden, wenn einem dann ein Nandu gegenübersteht? Philipp: Dem Nandu wird Angriffslustigkeit nachgesagt, das stimmt aber nicht. Nur wenn sie Küken dabeihaben, sind die Hähne aggressiver und könnten versuchen, den Angreifer zu vertreiben – und zwar mit einem Scheinangriff: Sie rennen mit aufgestellten Flügeln auf den Angreifer zu und drehen kurz vorher wieder ab. Es gab auch schon Verkehrsunfälle, weil niemand damit rechnet, mitten am Tag ein großes, graues Tier auf der Straße zu sehen, daher sollte man gerade auf Landstraßen in dem Gebiet aufpassen. Aber eine Gefahr sind Nandus nicht. EV: Rund um Ratzeburg soll es andererseits schon Nandu-Touristen geben ... Philipp: Es finden noch keine Safaris statt, aber es gibt einen gewissen Tagestourismus auch von Hamburg aus. Wir beobachten, dass sich Leute vermehrt auf einer bestimmten Straße in Schattin sammeln, um Nandus zu beobachten. Dabei laufen sie über Flächen und Felder, durch Naturschutzgebiete, machen das Wild scheu und parken auf der schmalen Straße, sodass kaum noch jemand durchkommt, das nervt die Landwirte. EV: Also sollte man eigentlich fragen: Was kann man gegen die Nandu-Touristen tun? Philipp: Man müsste die Flächen einzäunen, aber das wäre zu teuer. Es gibt Studien, wie viele Besucher explizit wegen der Kraniche in den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft kommen und welchen wirtschaftlichen Einfluss das hat – solche Dimensionen hat das beim Nandu noch nicht. |
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