Feinstaubalarm | Überstunden | Gastkommentar Tobias Lentzler: Innerdeutscher Brain Drain | Stoffbeutel

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
Überstunden, wer kennt sie nicht. Die Frage ist: Wieviele davon sind üblich – und normal? Zahlen dazu finden Sie unter Das ist wichtig. Außerdem müssen wir über Krisenkommunikation in Sachen Feinstaub reden. Und über Stoffbeutel (Fußnote). Im Gastkommentar berichtet Masterstudent Tobias Lentzler über eine andere Art des Brain Drain beim innerdeutschen Hochschulwechsel. 
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Feinstaubalarm
Die Feinstaub-Debatte war, in Sachen Wissenschaftskommunikation, ein ziemlicher Super-GAU. Nicht nur der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat das Schreiben der Lungenärzte um Dieter Köhler dankbar angenommen, um damit Politik nach Gutdünken zu machen, auch viele Redaktionen haben eilfertig berichtet. Die Verwirrung, welche Studie wie zu bewerten und welchem Experte zu vertrauen sei, senkte sich wie klebriger Dunst über das Land. Wer nicht selbst Wissenschaftlerin war, oder Mediziner, blieb ratlos zurück. Da fragt man sich: Warum saß Helmholtz-Chef Otmar Wiestler am Sonntag Abend nicht bei Anne Will, warum warf sich die Leopoldina nicht mitten in die Debatte? Es fehlte an Kontext, Differenzierung, Versachlichung und an schneller (!), schlagkräftiger Reaktion insbesondere der großen Wissenschaftsorganisationen. – Wir empfehlen zur Lektüre: Stefan Tomiks Analyse „Ein Lungenarzt macht Politik“ aus der FAS; Ralf Krauters Kommentar bei Spektrum: „Fehlgeleitete Debatte um Luftschadstoffe“; einen Blog-Beitrag von Jens Rehländer: „Warum die Wissenschaft schweigt und der Siggener Kreis recht hat“ – und aus der neuen ZEIT: Andreas Sentker: „Die Wertedebatte“. 
  
 
 
Wissenschaftsrat: Man lernt nie aus
Der Wissenschaftsrat hat getagt. Martina Brockmeier, Vorsitzende seit 2017 (ZEIT 5/2017), wurde in ihrem Amt bestätigt; anfang der Woche gab sie der SZ ein Interview über die Zukunft der Lehre. Berufen wurden in den WR – von Bundespräsident Steinmeier – außerdem neue Mitglieder, darunter die Historikerin Rebekka Habermas und der Physiker Martin Sternberg (hier die ganze Liste). Empfehlungen gibt es, wie immer, ebenfalls, diesmal zum Thema lebenslange Weiterbildung. Was nach Floskel klingt (Man lernt nie aus!), ist ziemlich ernst – die Zeiten, in denen das Germanistik- oder Elektrotechnikstudium bis zur Rente trägt, sind vorbei. Für die Hochschulen bedeutet das einen neuen, gigantischen Aufgabenbereich: Welche Lehrkräfte sollen Weiterbildungsstudiengänge stemmen, wer bezahlt dafür, und wie werden die Weiterbildungskapazitäten angerechnet? Hier stehen die Empfehlungen
  
 
 
Kurz verlinkt: Bafög, Überstunden, Söders Uni
Noch ein paar News auf die Schnelle: Das Kabinett hat die Bafög-Reform verabschiedet (SpOn; DLF) +++ Nachwuchswissenschaftler machen im Schnitt 12 Überstunden pro Woche, berichtet Forschung und Lehre +++ Neues von der Söder-Uni in (oder besser: bei) Nürnberg: eine Fakultät für Luft- und Raumfahrt solle in Ottobrunn und Taufkirchen entstehen, sagte der Ministerpräsident; dafür solle vor allem die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut werden (SZ) +++ Der Government Shutdown in den USA hat ein Ende, die Wissenschaftler an staatlichen Forschungseinrichtungen atmen auf – vorerst, berichtet Nature.
  
   
   
   
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Im Ruhrgebiet
Die Fachhochschule Dortmund hat ihren Rektor Wilhelm Schwick wiedergewählt; der Mathematiker leitet die Hochschule seit 2009.

An der Ostsee
Die Hochschule Stralsund hat ihre neue Rektorin – die Professorin für Werkstoff- und Fertigungstechnik Petra Maier – ins Amt eingeführt; die Ostsee-Zeitung berichtet über die nicht allzu harmonische Veranstaltung.

Gestern
Wolfgang Frühwald, Germanist und Wissenschaftsgestalter, ist im Alter von 84 verstorben. Frühwald war von 1992 bis 1997 Präsident der DFG, von 1999 bis 2007 Präsident der Humboldt-Stiftung. Dazu zwei Texte aus unserem Archiv: 2001 erinnerte sich Frühwald in der ZEIT an seine Lehr- und Professorenjahre: „Die heutige Generation der Studierenden ist völlig anders. Sie will alles wissen, presst ihre Lehrer aus wie Zitronen und denkt selbst nach – zum Glück.“ 2008, im Gespräch mit Manuel J. Hartung, sagte er: „Die Zeit des Durchwurstelns ist vorbei. Jetzt stehen die Reformen auf der Tagesordnung, die wir jahrelang nicht angegangen sind.“ (ZEIT 04/2008)

Heute
In eigener Sache: Das Studierendenmagazin ZEIT CAMPUS startet mit vier Chefinnen ins neue Jahr: Derweil Oskar Piegsa elf Monate in Elterzeit ist, übernimmt Martina Kix kommissarisch die Position als Chefredakteurin. Viola Diem wird ihre Stellvertreterin; die Artdirektion leitet Beate Zollbrecht. Verantwortlich für ZEIT CAMPUS ONLINE ist Amna Franzke.

Job: Prävention
Studienabbrüche können viele Ursachen haben – auch psychische Erkrankungen oder Erfahrungen sexueller oder körperlicehr Gewalt. Viele Hochschulen haben dafür Beratungsangebote geschaffen, auch die Uni Hamburg – sie sucht jetzt eine „Teamleitung Psychologische Beratung“. Details im ZEIT Stellenmarkt!
  
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
   
   
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Gastkommentar
 
 
   
von Tobias Lentzler
   
 
   
Der unterschätzte Brain Drain
Die Bologna-Reform fördert Mobilität. Allerdings nur, wenn man sich nach dem Bachelor entscheidet, zum Master ins Ausland zu gehen; nicht wenn man innerhalb Deutschlands die Hochschule oder das Studienfach wechseln will. Entscheidet man sich für einen innerdeutschen Hochschulwechsel, so muss man fast immer „studiengangsspezifische Zulassungsvoraussetzungen“ erfüllen. Erfüllt man diese
nicht – weil man, wie ich, etwa einen interdisziplinären Bachelor gemacht hat – so gibt es zwar oft die Möglichkeit, durch besondere Auflagen zugelassen zu werden, wie die Erbringung zusätzlicher ECTS.  Allerdings ist meine Erfahrung, dass viele Universitäten nur eine bestimmte Anzahl an zusätzlich erworbenen ECTS zulassen und außerdem sehr spezifische Vorstellungen davon haben, wie viele ECTS man in einem bestimmten Modul erbracht haben muss.
Ich wollte nach einem interdisziplinären Bachelor in Philosophie, Politik und Ökonomik an der Universität Witten/Herdecke einen Philosophie-Master in Deutschland machen. Da die Philosophie in meinem Studiengang aber eher eine angehängte Rolle spielte, konnte ich die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen.
Mir blieb am Ende die Wahl zwischen einem Master im Ausland, weil dort die Zulassungsvoraussetzungen in Bezug auf das Bachelorstudium oft wesentlich unspezifischer sind, oder einem interdisziplinären Master in Witten, an meiner Heimatuni. Viele Freunde an anderen Hochschulen machten ähnliche Erfahrungen.
Will Deutschland einen Brain Drain nach dem Bachelor verhindern, muss an dieser Stelle dringend nachgebessert werden. In einem ersten Schritt sollten die Zulassungsverfahren reformiert werden. Ähnlich wie bei der Bewerbung um ein Zweitstudium könnte ein einheitliches Punktesystem neben der Durchschnittsnote wissenschaftliche, berufliche oder sonstige Gründe bewerten. Ein Motivationsschreiben und ein persönliches Gespräch könnten in einer zweiten Stufe folgen.
Meine Geschichte ging schließlich gut aus: Ich bin heute sehr glücklich mit meinem
interdisziplinären Master in Witten.

Tobias Lentzler, 25, studiert im englischsprachigen Masterstudiengang „Philosophy, Politics and Economics“ an der Universität Witten/Herdecke.
   
 
   
 
 
   
 
 
 
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Sie retten jetzt die Welt Die Schülerproteste könnten ein Wendepunkt in der globalen Klimapolitik sein 

Sie müssten in der Schule sein Demo statt Unterricht – auf nach Berlin! Ein Reisebericht Vier für alle Klima, Bildung, Waffengesetze – diese jungen Menschen nehmen ihre Welt selbst in die Hand Aufstehen, Brexit ist fertig! Der EU-Ausstieg bedroht die britischen Universitäten. Wie geht die internationalste Hochschule Englands damit um? Fragen an Alice Gast, die Präsidentin des Imperial College London Kein Geld von Antidemokraten! Universitäten sollten keine Drittmittel von autoritären Staaten annehmen. Plädoyer für eine demokratische Selbstverpflichtung

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
 
 
 
Fußnote
 
 
   
 
   
Nachhaltigkeit. Wichtiges Thema. Besonders leicht fällt das umweltbewusste Leben bekanntlich, sobald es zum modischen Accessoire taugt. Wie der Stoffbeutel. In der Metropole, auf dem Dorf, in der Hipster-Bar, auf dem Markt: Stoffbeutel. Die Unis sind natürlich auch voll dabei. Und die Stiftungen. Und Forschungsorganisationen. Kein Empfang, keine Konferenz, kein Hintergrundgespräch, bei dem mir nicht ein neuer Stoffbeutel überreicht wird. Rote, gelbe, grüne, blaue. Immer mit Schriftzug. Immer schick. Nur leider nicht nachhaltig. Hundertmal muss ein Beutel verwendet werden, um gegenüber der Plastiktüte besser abzuschneiden. Ich habe genug. Dutzende. Bitte schenkt mir keine Stoffbeutel mehr.
Anna-Lena Scholz
   
 
   
 
 
   
Mit den Worten Greta Thunbergs: „Ich will, dass ihr handelt, als würde euer Haus brennen. Denn es brennt.“

Ihr CHANCEN-Team


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