Deal | Siggener Impulse 2018 | Dr. acad. Sommer: Klarkommen mit dem Chef | Eine Universität geht ins Exil

 
Wenn dieser Newsletter nicht richtig angezeigt wird, klicken Sie bitte hier.
 
   
 
Liebe Leserinnen und Leser,
ach, UK. Wie soll das bloß weitergehen, vor allem für die Unis? Weil nichts bleibt, als weiterhin abzuwarten und mit Herzklopfen nach London zu blicken, können Sie sich derweil immerhin mit folgenden Themen befassen: einem Deal mit Verlagshaus Wiley und neuen Infos zur Doktorandenausbildung in Europa. Hessen hat ein neues Kabinett, Dr. acad. Sommer weiß, wie man mit dem Chef klarkommt – und die Fußnote enthält, wie sich das gehört, einen Lektürehinweis.
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Deal!
Deal Nummer eins ist im Kasten. Tusch! Die Projekt Deal-Verhandlungspartner, also: deutsche Unis und Forschungseinrichtungen, und der Verlag Wiley haben einen gemeinsam Vertrag unterzeichnet. (Rechtlicher Vertragspartner für das Projekt Deal ist übrigens die Max Planck Digital Library.) Der Vertrag sieht ein dreijähriges „Publish & Read-Modell“ bis 2021 vor, d.h. die Wissenschaftler der rund 700 teilnehmenden Institutionen können auf alle E-Journals des Verlags zugreifen und müssen für die Open Access-Publikation ihrerseits nicht zusätzlich zahlen. Interessant: Der Vertrag, der ab 15. Februar offen einsehbar sein wird, habe noch nicht alle Details festgeschrieben – man handele „in good faith“ und wolle den Publikationswandel partnerschaftlich gestalten, hieß es. (Auf Twitter gibt es Ausschnitte von der Pressekonferenz.) Als „Meilenstein“ feierte Horst Hippler, Ex-HRK-Chef, den Vertragsabschluss mit dem amerikanischen Verlagshaus Wiley (Umsatz: 1,7 Mrd. Euro); und Anja Karliczek kommentierte, sie hoffe auf „internationale Signalwirkung“. Elsevier, der größte Fisch im Becken (Umsatz: 2,8 Mrd. Euro), soll sich wohl angesprochen fühlen. Der Druck auf das niederländsche Unternehmen steigt, nachdem kürzlich die Max-Planck-Gesellschaft ihre Verträge auslaufen ließ. Kollektivwiderstand leistete gerade auch das Editorial Board des Journal of Informetrics, das bei Elsevier zurücktrat und künftig in einem neuen Open Access Journal des MIT zusammenarbeitet.
  
 
 
Studie: Promovieren in Europa
Die Doktorandenausbildung hat sich – das zeigt sich schon am gebräuchlichen Begriff „Ausbildung“ – überall in Europa gewandelt. Eifrig und kopflos vor sich hinforschen tun Einige vermutlich immer noch – die strukturierte Promotion aber ist inzwischen überall verbreitet, zu 84 Prozent (2006: 29 Prozent). Die European University Association stellt heute (gemeinsam mit dem Centre for Higher Education Governance der Universität Gent) eine neue Studie vor, in der die Promotionen an 250 Universitäten in 36 Ländern analysiert werden. „Doctoral education in Europe today: approaches and institutional structures“ wird heute in Amsterdam vorgestellt – hier gibt es sie zur Ansicht.
  
 
 
Siggener Impulse 2018: Hallo, Chefs!
Siggen, das ist der Code für: die Zukunft der Wissenschaftskommunikation. So jedenfalls der Anspruch der Gruppe aus Pressesprechern, Wissenschaftskommunikatorinnen, Forschungsmenschen unterschiedlicher Institutionen (auch die ZEIT ist vertreten), die sich seit 2013 regelmäßig auf dem holsteinischen Gut Siggen treffen. Aus dem Siggener Kreis sind etwa die Leitlinien für gute Wissenschafts-PR hervorgegangen. Heute nun erscheint ein neues Papier, die Siggener Impulse 2018 zum Thema: „Walk the Talk – Chefsache Wissenschaftskommunikation“. Unipräsidentinnen, Laborleiter, Kanzlerinnen und Institutsleiter sind gemeint, denn mit ihrer Förderung und Unterstützung – so die Prämisse des Papiers – steht und fällt gute #Wisskomm. Es brauche ein „Commitment seitens der Leitungsebenen“ (die das Thema gelegentlich noch als Gedöns werten), aber auch der Forschenden selbst. Empfohlen wird „die projektbezogene und die überinstitutionelle Förderung“: „Strategische Förderung von Wissenschaftskommunikation ist ein Hebel, um Veränderungen durchzusetzen und im Wissenschaftssystem Strukturen zu etablieren, die kommunikationsunterstützend sind.“ Das Papier finden Sie hier.
  
   
   
   
Anzeige
 
   
   
   
 
 
   
 
 
 
 
Personen
 
 
   
  
Brandenburg in der FDP
Die Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der FDP-Bundestagsfraktion hat Jens Brandenburg zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt – er folgt auf die FDP-Generalsekretärin und Spitzenkandidatin zur Europawahl, Nicola Beer. Brandenburg bleibt weiterhin Sprecher für Studium, berufliche Bildung und lebenslanges Lernen der FDP-Bundestagsfraktion; neuer bildungspolitischer Sprecher der Fraktion ist Thomas Sattelberger.

Jungk in Bayern
Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst wird seit Januar von Rolf-Dieter Jungk – zuvor Bevollmächtiger Bayerns beim Bund – geleitet. Er folgt in diesem Posten als Amtschef auf Peter Müller, der in den Ruhestand gegangen ist.

Bauer in BaWü
Nennen wir es das Theresia-Bauer-Paradox: Wohl keine Ministerin ist so fest in der Wissenschaftsszene verankert wie jene in Baden-Württemberg – obwohl sich die Zulagenaffären-Stricke immer wieder neu um ihre Füße winden. Die Stuttgarter Zeitung berichtet.

Sinemus, Dorn, Asar in Hessen
Revolving Doors: Kristina Sinemus, Professorin für Public Health an der Quadriga Hochschule Berlin (und Gründerin der Kommunikationsagentur Genius), wechselt in die Politik: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat sie zur Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung benannt. Wissenschaftsministerin wird die Grünen-Politikerin Angela Dorn, ihre Staatssekretärin die bisherige Kanzlerin der Hochschule Rhein-Main und ehemalige Vizekanzlerin der Goethe-Uni Frankfurt: Ayse Asar. Ex-Minister Boris Rhein wird Landtagspräsident (FR).

Patzelt beriet AfD
Nochmal Revolving Doors, aber anders: Werner Patzelt, Politikwissenschaftler an der TU Dresden und Mitglied der CDU, hat für die AfD ein Gutachten verfasst, in dem er für die Partei – gegen ein Honorar – „Ansatzpunkte parlamentarischer Oppositionsarbeit“ herausarbeitete. Das ergeben neue Recherchen der ZEIT, nachzulesen hier. Patzelt soll übrigens auch die CDU im Sachsen-Wahlkampf beraten (SZ).

Job: Archive für die Zukunft
Manche Berufe klingen irgendwie Old School. Aber man soll sich nicht täuschen – auch die „Archivoberrätin auf Dauer“ (m/w/d), die die Universität Gießen im aktuellen ZEIT Stellenmarkt sucht, wird bestimmt kopfüber in digitalen Welten hängen.
  
   
 
 
   
 
 
   
 
 
 
 
Dr. acad. Sommer
 
 
   
 
   
Ich bin Verwaltungsmitarbeiter an der Universität und habe einen Konflikt mit einem Vorgesetzten. Wenn wir etwas besprechen, fühle ich mich oft schlecht, da er sehr dominant auftritt, mir rhetorisch überlegen ist und ich mich dadurch verunsichern lasse. Das führt dazu, dass ich seinen Forderungen zustimme und zum Beispiel Termine zusage, obwohl ich weiß, dass ich das nicht schaffen kann. Ich gehe ihm zunehmend aus dem Weg, was aber auf Dauer keine Lösung ist. Was kann ich tun, um mich wieder souveräner zu fühlen?

Lieber Herr X,
zunächst einmal: Schlagfertigkeit und rhetorisches Geschick können trainiert und verbessert werden. Doch wichtiger als das Handwerk ist die innere Haltung.
Darf ich Ihnen daher eine etwas überraschende Frage stellen: Wie alt sind Sie? Nein, ich meine nicht Ihr kalendarisches Alter. Und nein, ich frage nicht nach Sport, Ernährung, Rauchen und Alkoholkonsum, um Ihr biologisches Alter in Erfahrung zu bringen. Es geht mir um Ihr „gefühltes Alter“ bei der Begegnung mit Ihrem Vorgesetzten. Viele Menschen fühlen sich im Job in bestimmten Situationen oft schlagartig jünger oder kleiner als sie sind. Man nennt das Altersregression oder schlicht „inneres Schrumpfen“. Das ist nicht ungewöhnlich. Im Gegenteil. Die Erfahrung, sich unabhängig vom kalendarischen Alter in bestimmten Situationen – oft sind es Bewertungssituationen, Vorträge, Gremiensitzungen oder die Begegnung mit dem Vorgesetzten – plötzlich innerlich kleiner zu fühlen, ist weit verbreitet.
In diesem Zustand hat man vorübergehend nicht den vollen Zugriff auf die Fähigkeiten, die einem sonst zur Verfügung stehen. Man verwandelt sich kurzfristig in ein schüchternes Schulkind oder in einen rebellischen Jugendlichen. Vielleicht – aber das ist nur eine Vermutung – spielt dieses Phänomen eine Rolle, wenn Sie Ihrem Vorgesetzten begegnen. Sollte das so sein: Keine Sorge. Denn dieser Zustand lässt sich genauso rasch wieder auflösen, wie er gekommen ist. Oft genügt es, sich die Frage zu stellen: „Wie alt bin ich gerade?“ Zusätzlich können Sie sich vor einem Gespräch mit dem Vorgesetzten bewusst auf Ihre Fähigkeiten und Erfolge besinnen. Denken Sie an berufliche Situationen, in denen Sie sicher, wohl und kompetent gefühlt haben. Erinnern Sie sich an Erfolge und Herausforderungen, die Sie bewältigt haben.
Achten Sie dann bei der Begegnung mit dem Vorgesetzten auf Ihre Körpersprache. Entspanntes Sitzen oder schulterbreiter Stand, gerade Haltung, Blickkontakt und ruhiges Sprechen wirken souverän und signalisieren Augenhöhe.
Schließlich können Sie sich eine „mentale Fernbedienung“ zulegen – und Ihren Vorgesetzten in Ihrer Vorstellung leiser beamen oder weiter weg zoomen, so dass dieser weniger bedrohlich erscheint. So wird es Ihnen leichter gelingen, Ihre Anliegen zu vertreten und mit Ihrem Chef beispielsweise realistische Zeitpläne abzustimmen.
Denn, ich stimme Ihnen zu, Kontaktvermeidung ist keine Lösung. Seien Sie neugierig, wie sich Ihr Auftreten durch diese Haltung verändert – und dadurch beim Gegenüber wiederum andere Reaktionen hervorruft.

Dr. Claudia Eilles-Matthiessen, Frankfurt/M. ist Diplom-Psychologin, Coach, Sachbuchautorin und Dozentin für Konfliktmanagement an der Universität Frankfurt/M. Sie schreibt für das Coachingnetz Wissenschaft als "Dr. acad. Sommer". Ihr Buch "Es muss nicht immer Reden sein" ist im Oktober bei Campus erschienen. Kontakt: www.plan-c-frankfurt.de und www.coachingnetz-wissenschaft.de.
   
 
   
 
   
Auch eine Frage an Dr. acad. Sommer? Schreiben Sie an chancen-brief@zeit.de, twittern Sie unter #ChancenBrief – oder hinterlassen Sie uns in diesem Kontaktformular anonym eine Frage!
   
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
   
   
Anzeige
 
   
   
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
 
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Endlos lernen Bilde dich weiter, sonst wirst du abgehängt – wer lebenslanges Lernen nur so versteht, ist auf dem Holzweg. Aber mithilfe einer einfachen Formel kann es zur Rettung der Welt beitragen 

Weiter, immer weiter Verletzung, Neugierde, der Traum vom Aufstieg – es gibt viele Gründe, sich beruflich zu verändern und Neues zu lernen. Drei Werdegänge Bildung neben dem Beruf – die Fakten Schule der Gewalt Der Missbrauch an der Odenwaldschule hätte verhindert werden können. Doch Eltern und Lehrer sind den Hinweisen nicht nachgegangen. Das zeigen jetzt neue Forschungsergebnisse »Ungarn erlebt einen Augenblick der Klarheit und Brutalität« Die Central European University in Budapest muss das Land verlassen. Die Repression des Regimes wird immer monströser, schreibt der Leiter der Universität Liviu Matei

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
 
 
 
Fußnote
 
 
   
 
   
Ein Text, von dem ich hoffe, dass er viele Leserinnen und Leser findet, steht (Sie entschuldigen die Eigenwerbung) in der aktuellen ZEIT auf S. 68. Liviu Matei, Kanzler der Central European University in Budapest, schreibt hier über die Vertreibung seiner Universität aus Ungarn: „Es gibt in der Geschichte bisweilen Augenblicke außergewöhnlicher Klarheit und Brutalität. Ungarn erlebt gerade einen solchen Augenblick“, schreibt Matei: „Die Angriffe auf die akademische Freiheit sind symptomatisch. Sie zeigen, dass Ungarn von der Einschränkung einzelner Freiheiten zur offenen Repression einer ganzen Gesellschaft übergegangen ist. Es ist der Beginn einer Herrschaft, die noch lange nicht an ihrem Ende ist.“ Es ist ein eindringlicher Kommentar, und, wie man angesichts der Bedrohungen ungarischer Wissenschaftler*innen wohl sagen muss: auch ein mutiger. 
Anna-Lena Scholz
   
 
   
 
 
   
Wie lange noch bis zum Frühling?

Ihr CHANCEN-Team


PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an – unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
   
Anzeige
Jobs im ZEIT Stellenmarkt
Jetzt Branche auswählen und Suche starten: