| | |
Eine meiner Doktorandinnen hat ihre Promotion kürzlich aus privaten Gründen abgebrochen. Das respektiere ich natürlich, aber jetzt habe ich folgendes Problem: Sie hat noch unpublizierte Daten auf ihrem Laptop und weigert sich, sie mir zu übergeben. Auf meine Emails antwortet sie mittlerweile nicht mehr. Vor Gericht klagen möchte ich eigentlich nicht, aber ich möchte natürlich auch nicht die Ergebnisse von mehreren Jahren Arbeit verlieren. Was tun?
Ein Gerichtsverfahren wäre hier tatsächlich kein guter Weg. Aber Sie tun gut daran, Ihre eigene Verhandlungsposition zu kennen: | • | | Hatte die Doktorandin im Rahmen ihres Projekts einen Arbeitsvertrag nach TV-L/TV-öD, dann „gehören“ die Daten der Institution. (Anführungszeichen deshalb, weil man in Deutschland bei Daten nicht von Eigentum, sondern von Nutzungsrechten spricht.) | | • | | Hatte sie kein formales Arbeitsverhältnis, dann war sie lediglich ein privater Gast am Institut. Ob sie ihre Arbeitsergebnisse mit Ihnen teilt oder nicht, ist dann ihre Entscheidung. | | • | | Sonderfall: Stipendiat/innen sind keine Angestellten und daher ebenfalls als Privatpersonen unterwegs. Hier kommt es darauf an, ob Ihre Doktorandin mit Ihrer Institution eine Betreuungsvereinbarung geschlossen hatte, die das „Eigentum“ von Forschungsergebnissen vorab regelte. | In jedem Fall sollten Sie zunächst wieder die Kommunikation mit Ihrer Doktorandin herstellen. Einen ersten Schritt vorwärts können Sie durch eine dritte Vertrauensperson machen, so dass Sie beide sich erst einmal nicht „von Angesicht zu Angesicht“ treffen müssen. Denn ein möglicher Grund für den abgebrochenen Kontakt kann z.B. Scham über die abgebrochene Promotion sein, verbunden mit der Angst vor Vorwürfen. Ebenfalls denkbar wäre, dass es nur vordergründig um die Daten geht und der Situation ein persönlicher Konflikt zugrunde liegt (der Ihnen nicht unbedingt bewusst gewesen sein muss). Sanften Druck können Sie aufbauen, indem Sie Ihre Bitte um Herausgabe der Daten offizieller gestalten, z.B. per Brief und mit dem offiziellen Briefkopf des Instituts. Auch ein freundliches (!) Schreiben der Fachbereichsleitung kann deutlich machen, dass es sich nicht um eine Bagatelle handelt. Äußerst sensibel sollten Sie bitte vorgehen, sobald Sie Hinweise auf eine Lebenskrise erhalten. Erhöhter Druck könnte hier gefährlich sein und wird sicher auch nicht das Problem lösen. Allerdings können Sie in diesem Fall betonen, dass Sie außer den Rohdaten nichts weiter von Ihrer Doktorandin möchten: keine zusätzlichen Arbeiten, keine weiteren Besprechungen, keine Einarbeitung eines Nachfolgers. Vielleicht empfindet sie dies sogar als Ausweg, um eine Sorge weniger mit sich herumtragen zu müssen.
Dr. Uli Rockenbauch ist Persönlicher Referent der Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft und berät die Scientific Community im ZEIT CHANCEN Brief als "Dr. acad. Sommer". |
|