Nobelpreise | ExStra: Wer überzeugt, wer enttäuscht? | 3½ Fragen an Stefan Wagner | Dr. acad. Sommer: Wem gehören die Daten?

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
im Forschungsalltag ist es wie im Privaten: Konflikte lauern, wo man geht und steht. Wie man diese löst, erklärt unser Dr. acad. Sommer aka Uli Rockenbauch. Thema heute: Wem gehören die Daten des gemeinsamen Forschungsprojekts? Stefan Wagner, Professor an der Wirtschaftshochschule ESMT in Berlin, hat zum Trost für alle Unbill ein schickes Zitat von Oscar Wilde parat – im Fragebogen.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Nobel, nobel
Es ist Nobelpreiswoche. Schön und aufregend, jedes Jahr wieder! Und dann auch wieder nicht so aufregend, denn der Medaillenglanz rückt ausschließlich ältere, weiße Männer aus den klassischen Forschernationen ins Licht. 2016 wurde keine einzige Forscherin ausgezeichnet; 2017 verspricht kein besserer Jahrgang zu werden – die Medizin-, Physik- und Chemie-Preise in diesem Jahr gingen an insgesamt neun Männer. Heute ist die Literatur dran. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Autorin ausgezeichnet wird, liegt laut dieser schönen NZZ-Grafik bei eins zu acht. Wir sind gespannt.
  
 
 
ExStra: Wer überzeugt, wer enttäuscht?
Die ersten Exzellenzentscheidungen sind gefallen; seit Ende letzter Woche steht fest, welche Cluster Vollanträge einreichen und – sofern sie mit mindestens zwei solchen Clustern im Rennen sind – außerdem ihren Hut für den Eliteuni-Titel in den Ring werfen dürfen. (Hier die Liste der 88 bewilligten Clusteranträge.) Welche Uni überzeugt schon jetzt (der Berliner Verbund), welche überrascht (Bonn), welche enttäuscht (Frankfurt/Main)? Hier ein paar Deutungen: Spektrum; SpOn; Tagesspiegel; Berliner Zeitung; Schwäbisches Tagblatt; Gießener Anzeiger; Passauer Neue Presse; Welt; Hamburger Abendblatt; Hannoversche Allgemeine; FAZ; Frankfurter Neue Presse; Dresdner Neueste Nachrichten; Südkurier.
  
 
 
Lebenslange Matrikelnummer
Nur eine Nummer im System zu sein, das hat auch seine Vorteile. Jedenfalls wenn es sich um die Matrikelnummer handelt und diese ein Leben lang dieselbe bleibt. So wie in Österreich, Frankreich, der Schweiz. Der Verwaltung und den Statistikern erleichtert eine solche lebenslange Matrikelnummer einen besseren Überblick über die Studierenden in einem Land. Wäre das nicht auch etwas für Deutschland? Das Centrum für Hochschulentwiclung (CHE) hat sich dem Thema in Kooperation mit der duz ausführlich gewidmet; die Analyse als PDF finden Sie hier.
  
 
 
Glaubwürdigkeit von Wissenschaft, oder: Der Glaube an Chemtrails
Es sind eher beunruhigende Zahlen, die der Norwegische Forschungsrat in seiner Umfrage zur Glaubwürdigkeit der Wissenschaft vorgelegt hat: Demnach halten fast die Hälfte der Befragten – 46 Prozent – publizierte Forschungsergebnisse für nicht vertrauenswürdig; zwei von fünf Leuten glauben, diese Ergebnisse seien von den Haltungen der Forscher beeinflusst. Die Hälfte der Befragten glaubt zudem, dass Wissenschaftsjournalisten nur das berichten, was mit ihrer eigenen Meinung übereinstimmt. Und hier noch ein paar wirklich schräge Zahlen der Befragung: Jeder Zehnte glaubt an Chemtrails; jeder Dritte glaubt an übernatürliche Phänomene, die von der Wissenschaft nicht erklärt werden können; jeder Vierte sagt, dass wir die wahren Strippenzieher von 9/11 niemals finden werden. Ausführlich berichtet University World News.
  
 
 
Wie wird man ein „Public Intellectual“?
Öffentliche Intellektuelle fallen nicht vom Himmel. Professoren und Professorinnen, die im Radio als Experten befragt werden oder – zum Beispiel auf unseren Seiten in der ZEIT – flammende Essays schreiben, haben häufig ein klares Profil, sind aktiv in den Sozialen Medien, suchen aktiv den Kontakt mit Medienvertretern, testen bewusst ihre Stimme in der Öffentlichkeit. Kurz, es braucht eine starke Persönlichkeit, Mut, und ein bisschen strategisches Know How. Im Chronicle schreibt Devoney Looser, wie das funktioniert: ein „Public Intellectual“ zu werden.
  
 
 
 
   
   
   
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Neuer Rektor in Biberach
Die Hochschule Biberach hat einen neuen Rektor: André Bleicher. Er lehrt dort bereits seit 2012 Betriebswirtschaftslehre und strategisches Management. Er folgt auf dieser Position auf Thomas Vogel, der sich in den Ruhestand verabschiedete.

Nicht mehr im Bundestag
Claudia Lücking-Michel, 2004 bis 2013 Leiterin des Cusanuswerks und seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU), scheidet aus letzterem aus, weil es nicht mehr für ein Mandat gereicht hat. Auch Simone Raatz (SPD), Mitglied des Bildungsausschusses im Bundestag, wird künftig nicht mehr MdB sein.

Job: U15
Dies ist eine Stelle für einen strategischen, kommunikationsfreudigen Kopf: Die German U15, der „Verbund von 15 traditionsreichen, medizinführenden und forschungsstarken deutschen Universitäten mit breitem Fächerspektrum“ (Selbstbeschreibung) sucht für die Leitung des Berliner Büros eine Geschäftsführerin (m/w). Die detaillierte Ausschreibung finden Sie wie immer in unserem ZEIT Stellenmarkt.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Dr. Stefan Wagner

Associate Professor of Strategy und Direktor der PhD Studies an der Wirtschaftshochschule ESMT Berlin
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Digitalisierung ist in aller Munde und wird häufig als eine der größten Herausforderungen für die etablierte deutsche Bildungs- und Industrielandschaft genannt. Trotz dieser Erkenntnis scheint Deutschland hier den Anschluss zu verlieren. Zum einen sind die Investitionen in relevante Bildungsinitiativen (Stichwort MINT-Absolventinnen und Absolventen) und Infrastruktur (Stichwort Breitbandausbau) nicht ausreichend, zum anderen scheint an vielen staatlichen Stellen das Verständnis für digitale Prozessketten zu fehlen. Viele Vorschriften – wie etwa die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GOBD) – schaffen einen Regulierungsrahmen, der vor allem von kleinen Unternehmen und Startups kaum fehlerfrei zu beherrschen ist. Ein Umdenken ist hier dringend erforderlich.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Rund zwei Drittel der in Deutschland getätigten Forschungs- und Entwicklungsausgaben (F&E) werden vom privaten Sektor aufgebracht, während die staatlichen Ausgaben nur bei rund einem Drittel liegen. Hochschulbildung hingegen wird für die große Mehrheit aller Studierenden unentgeltlich angeboten und durch den Staat finanziert. Wir sollten offener für eine Debatte sein, inwieweit eine Beteiligung des privaten Sektors und der Studierenden an den Kosten eines Hochschulstudiums sinnvoll sein kann. Zu diskutieren ist dabei insbesondere, inwieweit auch geringe Studiengebühren zu positiven Wettbewerbseffekten zwischen Hochschulen führen, die die Ausbildungsqualität steigern und eine effizientere Allokation der Studierenden zu Studiengängen und Hochschulen fördern könnten.

Lektüre muss sein. Welche?
The Geography of Bliss: One Grump's Search for the Happiest Places in the World. Eric Weiner, 2009.

Und sonst so?
„Life is far too important a thing ever to talk seriously about.” – Oscar Wildes Zitat sollten wir uns öfter zu Herzen nehmen. 
   
   
 
 
   
   
   
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Dr. acad. Sommer
 
 
   
Eine meiner Doktorandinnen hat ihre Promotion kürzlich aus privaten Gründen abgebrochen. Das respektiere ich natürlich, aber jetzt habe ich folgendes Problem: Sie hat noch unpublizierte Daten auf ihrem Laptop und weigert sich, sie mir zu übergeben. Auf meine Emails antwortet sie mittlerweile nicht mehr. Vor Gericht klagen möchte ich eigentlich nicht, aber ich möchte natürlich auch nicht die Ergebnisse von mehreren Jahren Arbeit verlieren. Was tun?

Ein Gerichtsverfahren wäre hier tatsächlich kein guter Weg. Aber Sie tun gut daran, Ihre eigene Verhandlungsposition zu kennen:
Hatte die Doktorandin im Rahmen ihres Projekts einen Arbeitsvertrag nach TV-L/TV-öD, dann „gehören“ die Daten der Institution. (Anführungszeichen deshalb, weil man in Deutschland bei Daten nicht von Eigentum, sondern von Nutzungsrechten spricht.)
Hatte sie kein formales Arbeitsverhältnis, dann war sie lediglich ein privater Gast am Institut. Ob sie ihre Arbeitsergebnisse mit Ihnen teilt oder nicht, ist dann ihre Entscheidung.
Sonderfall: Stipendiat/innen sind keine Angestellten und daher ebenfalls als Privatpersonen unterwegs. Hier kommt es darauf an, ob Ihre Doktorandin mit Ihrer Institution eine Betreuungsvereinbarung geschlossen hatte, die das „Eigentum“ von Forschungsergebnissen vorab regelte.
In jedem Fall sollten Sie zunächst wieder die Kommunikation mit Ihrer Doktorandin herstellen. Einen ersten Schritt vorwärts können Sie durch eine dritte Vertrauensperson machen, so dass Sie beide sich erst einmal nicht „von Angesicht zu Angesicht“ treffen müssen. Denn ein möglicher Grund für den abgebrochenen Kontakt kann z.B. Scham über die abgebrochene Promotion sein, verbunden mit der Angst vor Vorwürfen. Ebenfalls denkbar wäre, dass es nur vordergründig um die Daten geht und der Situation ein persönlicher Konflikt zugrunde liegt (der Ihnen nicht unbedingt bewusst gewesen sein muss).
Sanften Druck können Sie aufbauen, indem Sie Ihre Bitte um Herausgabe der Daten offizieller gestalten, z.B. per Brief und mit dem offiziellen Briefkopf des Instituts. Auch ein freundliches (!) Schreiben der Fachbereichsleitung kann deutlich machen, dass es sich nicht um eine Bagatelle handelt.
Äußerst sensibel sollten Sie bitte vorgehen, sobald Sie Hinweise auf eine Lebenskrise erhalten. Erhöhter Druck könnte hier gefährlich sein und wird sicher auch nicht das Problem lösen. Allerdings können Sie in diesem Fall betonen, dass Sie außer den Rohdaten nichts weiter von Ihrer Doktorandin möchten: keine zusätzlichen Arbeiten, keine weiteren Besprechungen, keine Einarbeitung eines Nachfolgers. Vielleicht empfindet sie dies sogar als Ausweg, um eine Sorge weniger mit sich herumtragen zu müssen.

Dr. Uli Rockenbauch ist Persönlicher Referent der Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft und berät die Scientific Community im ZEIT CHANCEN Brief als "Dr. acad. Sommer".
   
   
Auch eine Frage an Dr. acad. Sommer? Schreiben Sie an chancen-brief@zeit.de, twittern Sie unter #ChancenBrief – oder hinterlassen Sie uns in diesem Kontaktfomular anonym Ihre Frage!
   
   
 
 
   
 
   
   
 
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c.t.
 
 
   
 

Kleine Posse darüber, wie Open Access nicht funktioniert.

Quelle: Twitter-Account von Hanna Engelmeier (@HannaEngelmeier)
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Falls noch diese Woche bei Ihnen das Telefon läutet und Schweden dran ist: Erstmal Ruhe bewahren, danach dann einen Schnaps.

Ihr CHANCEN-Team

PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an –  unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
 
 
 
   
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