Lehrerbildung | Hängepartie beim Brexit | Promovenden fordern Kulturwandel | 3½ Fragen an Myrle Dziak-Mahler

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
diese Woche ist Überzeugungsarbeit angesagt. In Berlin schmiedet Angela Merkel weiter am Jamaika-Bündnis. Der Wissenschaftsrat hat das krisengeschüttelte Begutachtungswesen am Wickel. Und die Unis in UK müssen die Regierung Theresa May irgendwie aus dem Brexit-Verhandlungstran holen. Das Promovierenden-Netzwerk N² sagt im Gastkommentar, was für einen Kulturwandel in der wissenschaftlichen Beschäftigungspolitik nötig ist, und Myrle Dziak-Mahler befasst sich mit der Lehrerbildung (3 1/2 Fragen).
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Kultusminister bleiben cool
Die Universitäten sind so voll wie nie – und doch fehlen Absolventen in Schlüsselfächern. Zum Beispiel im Lehramt. Allein die Grundschulen brauchen etwa 2000 Pädagogen (Spiegel Online). Insgesamt sind etwa 3.300 Lehrerstellen unbesetzt (Süddeutsche Zeitung). Die akute Not ist mittlerweile selbst für Kultusminister unübersehbar. In vielen Ländern zeichnet sich in verschiedenen Bereichen ein Lehrkräftemangel ab“, ließ die KMK vergangenen Donnerstag verlauten und garnierte ihren Euphemismus gleich noch mit diesem Lösungsvorschlag: „Es sollen zusätzliche Maßnahmen zur Berufs- und Studienorientierung, mit dem Ziel ein Lehramtsstudium aufzunehmen, geprüft und länderspezifische Konzepte zur Gewinnung von Lehrkräften ausgetauscht werden“, heißt es im O-Ton der Pressemitteilung.  
  
 
 
Hängepartie beim Brexit
Großbritanniens Universitäten zeigen Nerven. In den stockenden Brexit-Verhandlungen läuft ihnen die Zeit davon. Anfang Dezember endet in Brüssel die Antragsfrist für Forschungsprojekte, die nach dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU im Jahr 2019 gefördert werden sollen. Ob und unter welchen Konditionen sich britische Unis daran beteiligen können, ist völlig unklar. “We cannot have answers in 2019 – we need them in six weeks”, zitiert THE den Präsidenten der University Aberdeen Sir Ian Diamond. Die Dringlichkeit scheint Jo Johnsen immerhin verstanden zu haben. Der Wissenschaftsminister stellte jedenfalls einen Brexit-Deal für Forschung und Innovation in Aussicht (Guardian).
  
 
 
Forscher erhöhen Druck auf Elsevier
In den Vertragsverhandlungen mit Elsevier bleibt die Wissenschaft eisern. Die Gespräche über den Zugang zu elektronischen Fachzeitschriften ziehen sich mittlerweile über Monate hin. An die 200 Universitäten und Forschungsorganisationen haben ihre  Elsevier-Abos bereits gekündigt und so den Druck auf den Verlagsgiganten erhöht – ohne Ergebnis. Jetzt legt die Wissenschaft nach. Wie die mit den Verhandlungen betraute Hochschulrektorenkonferenz mitteilte, geben nun die ersten Wissenschaftler ihre Herausgeberschaft für Elsevier-Zeitschriften auf (HRK). Unter ihnen: Wolfgang Marquardt. Die komplette Namensliste findet sich hier. Die Gespräche mit Elsevier führen die großen Wissenschaftsorganisationen koordiniert im Projekt DEAL. Verhandlungen um eine bundesweite DEAL-Lizenz laufen aktuell auch mit dem Wissenschaftsverlag Springer Nature. Ergebnisse sind nach HRK-Angaben noch in diesem Monat zu erwarten.
  
 
 
Viktor Orban lenkt ein
Aufatmen an der Budapester Elite-Universität CEU und ihrem weltweiten Unterstützerkreis. Nach internationalen Protesten lässt Ungarns Staatspräsident Viktor Orban die von der Schließung bedrohte Privatuniversität vom Haken. Um die Bedingungen des neuen Hochschulgesetzes zu erfüllen, hat die CEU nun ein Jahr Zeit. Nach der Novelle bekommen nur die ausländischen Unis eine Lizenz, die einen Heimatcampus in ihren Herkunftsstaaten nachweisen können. Bei der von Orban-Kritiker George Soros gegründeten CEU ist dies aktuell nicht der Fall. Für die CEU hat Orban nun eine „Gnadenfrist“ bis Januar 2019 erlassen (Standard, Info-Direkt).
  
 
 
Unis, Unis, Unis und Bücher, Bücher, Bücher
Gerade war Buchmesse. Vielleicht waren Sie vor Ort oder saßen am Wochenende zumindest Zuhause und haben sich mit glühenden Wangen durch die Neuerscheinungen gelesen. (Was man lesen sollte, um mitreden zu können, steht in dieser praktischen Handreichung unserer Kolleginnen und Kollegen aus dem Feuilleton.) Derart eingestimmt, können Sie sich überlegen, ob Sie nicht mit Ihrer Hochschule bei dem Projekt „Eine Uni, ein Buch“ mitmachen wollen. Letztes Jahr erstmals ausgelobt von Stifterverband, Tschira-Stiftung und der ZEIT, gehen wir derzeit mit einer neuen Ausschreibung in die zweite Runde. Bewerbungsschluss ist der 19. Januar, hier steht, wie es geht.
  
   
   
   
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Die Zahl
 
 
   
34,8

Prozent aller Hochschulratsmitglieder in Deutschland sind mittlerweile Frauen. Im Jahr 2003 waren es 20 Prozent.
 
Quelle: GWK-Bericht „Frauen in Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen“, 2017
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Myrle Dziak-Mahler
 
Geschäftsführerin des Zentrums für LehrerInnenbildung der Universität zu Köln 
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Die Digitalisierung fordert Schule und LehrerInnnenbildung mehr heraus als mir lieb ist: Nicht nur, dass wir bei dem Einsatz digitaler Medien und der digitalen Infrastruktur noch immer massiven Nachholbedarf haben, wir müssen Schule und Unterricht komplett neu denken.
Wir wissen eigentlich gar nicht, was Schülerinnen und Schüler, die in zehn Jahren ins Berufsleben starten und weitere 25 Jahre später die „Leading Generation“ in Politik und Wirtschaft bilden, heute in der Schule lernen müssen. Dabei geht es nicht nur um die Methode, also wie wir unterrichten, sondern um die Bildungsziele und -inhalte. Über die müssen wir uns neu verständigen. Wenn wir wollen, dass unsere Schülerinnen und Schüler keine willfährigen Digital-Konsumenten werden, sondern lernen, kritisch und reflektiert mit den gesellschaftlichen Herausforderungen umzugehen – also Gestalter des zukünftigen gesellschaftlichen Prozesses sind – müssen wir konsequenterweise in der LehrerInnenbildung damit anfangen.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
„Program or be programmed.“ Dieser programmatische Satz des Medientheoretikers Douglas Rushkoff aus seinen „Ten Commands for a Digital Age“ ist schon einige Jahre alt, markiert aber eine entscheidende Frage: Mit welcher Haltung begegnen wir in der LehrerInnenbildung dem digitalen Transformationsprozess? Wir sollten diesen Prozess an den Universitäten aktiv angehen, als Zukunft antizipierende Instanz, die für die Schule von morgen ausbildet. Eine solche Haltung und Herangehensweise bedarf keiner großen Budgets, wohl aber individueller und institutioneller Anstrengung.

Lektüre muss sein. Welche?
„Die vier Dimensionen der Bildung. Was Schüler im 21. Jahrhundert lernen müssen“ von Charles Fadel, Maya Bialik und Bernie Trilling.

Und sonst so?
Für mein Leben gern greife ich zum guten, alten Vinyl und gebe mich dem unverfälschten analogen Musikgenuss hin. Am Liebsten Musik aus den achtziger Jahren: The Smiths oder The Cure. Oder der unvergleichliche Freddy Mercury.
   
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Gastkommentar
 
 
   
   
von N², dem Netzwerk Promovierender an Außeruniversitären Forschungsorganisationen
   
   
   
Mehr Geld für...? Einen Pakt für Diversität in der Wissenschaft
Kürzlich veröffentlichten 22 Organisationen aus Wirtschaft und Wissenschaft eine Stellungnahme mit der Forderung nach wachsender finanzieller Förderung von Forschung und Entwicklung. Für die Menschen in der Wissenschaft sollen “Beschäftigungsmöglichkeiten verbessert” werden, schreiben die Autoren. Das ist viel zu vage.
In Vertretung von mehr als 14.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern möchten wir als – dem Netzwerk der Promovierenden der Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft und Helmholtz-Gemeinschaft – mit einer Stellungnahme in den Dialog über die Zukunft der Promotion in Deutschland treten.
Aus unserer Perspektive ist es um die Attraktivität einer wissenschaftlichen Karriere bei Weitem schlechter bestellt, als vom BMBF behauptet wurde. Wir möchten deshalb einen substanziellen Kulturwandel hin zu einer diversen und innovativen Forschungslandschaft einleiten. Entscheidend dabei ist:
 
Mobilität durch strukturelle und finanzielle Absicherung zu unterstützen,
neue Wege im Wissenschaftsmanagement wie die Trennung von disziplinärer und fachlicher Betreuung einzuschlagen sowie
die volle Vergütung der tatsächlichen Arbeitszeit (i.d.R. Vollzeit) und sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse für alle Promovierenden, um ein finanziell sorgenfreies Forschen zu ermöglichen.

Darüber hinaus schlagen wir eine Phase der intersektoralen Mobilität – beispielweise in Stiftungen, privaten Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen – während einer vierjährigen Promotion vor, um auf Karriereperspektiven außerhalb der Wissenschaft vorzubereiten und Innovation zu fördern. Gleichwohl sollte die Attraktivität einer Karriere in der Wissenschaft anderen Bereichen in nichts nachstehen. Diese Maßnahmen müssen in einem Pakt für Diversität in der Wissenschaft gebündelt werden.
 
N² – Network of Networks ist das Bündnis der Promovierenden an der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft
   
   
Sind Sie anderer Meinung? Dann schreiben Sie an: chancen-brief@zeit.de
– oder twittern Sie unter #ChancenBrief
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
   
Rechtschreibung Wie lernen Kinder richtig schreiben? In der Debatte darüber spielen Fakten kaum eine Rolle 

Luther Sind Protestanten schlauer? Wie die Reformation einen Bildungsschub auslöste IT & Telekommunikation Gute Hacker versuchen, das Internet sicherer zu machen Replik Die ZEIT macht es sich in ihrer Berichterstattung über Unterrichtsausfall zu einfach. Ein Gastbeitrag von KMK-Generalsekretär Udo Michallik

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Voilà, ein Mal Soja-Gyros mit Paprika und Tomatencreme! So sieht ein Vier-Sterne-Menu aus. Serviert wird es an der Mensa der Universität Augsburg, die für ihr veganes Angebot beim Kantinen-Test der Tierschutzorganisation PETA die Wertung „hervorragend“ erzielte. Vier-Sterne-Gerichte werden auch gereicht in den Mensen von Erlangen-Nürnberg, Berlin, Essen-Duisburg, Heidelberg und Koblenz.

Quelle: DSW, PETA
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Mahlzeit!

Ihr CHANCEN-Team

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