| | © Reuters/Leonhard Foeger | Wollte man einen Roman über Politik schreiben und die Protagonisten Kurz und Kern nennen, es ginge bei keinem Lektor durch. Zu gewollt, zu naheliegend, zu kalauerhaft klingt das, wäre der berechtigte Einwand. Überhaupt wäre die Schmierenkomödie, die sich die beiden fiktiven Spitzenkandidaten der österreichischen Volksparteien SPÖ und ÖVP liefern, vermutlich nicht originell genug. Gab es das nicht schon mal, vor dreißig Jahren, in Schleswig-Holstein? Damals hießen die Protagonissten Engholm und Barschel, von der Namenswahl zumindest ein wenig gewitzter, aber die Geschichte war ganz ähnlich: Der ehrgeizige, vielleicht auch etwas verzweifelte, da siegesungewisse Kandidat einer Volkspartei beauftragt einen Helfer, um möglichst viel Schmutz über seinen Konkurrenten auszuschütten, und weil man nicht genug Schmutz findet, erfindet man ihn eben. Eine anonyme Anzeige wegen Steuerhinterziehung, ein Dr. Wagner, der bei Engholm Aids diagnostiziert haben will, ein Detektiv, der das Privatleben ausspioniert – dagegen ist das niedliche Video vom achtzehnjährigen Christian Lindner, das kurz vor der deutschen Bundestagswahl kursierte und ihn noch nicht in schicken Unterhemden und mit Dreitagebart, sondern mit Kuhkrawatten und Aktenkoffer zeigt, fast eine liebevolle Umarmung: Schau mal, Fieseres haben wir nicht finden können. Aber wir haben uns Mühe gegeben! Nachdem die Wahl des österreichischen Bundespräsidenten beinahe an nicht klebenden Briefumschlägen gescheitert wäre, was immerhin ein Novum in der an politischen Um- und Zusammenbrüchen nicht armen Geschichte der parlamentarischen Demokratie gewesen wäre, ist die österreichische Politik samt ihrer Probleme mittlerweile im digitalen Zeitalter angekommen: Nicht mehr die Briefumschläge machen Sorgen, sondern die sozialen Netzwerke. Epochemachender Umbruch Wir für Sebastian Kurz und Die Wahrheit über Sebastian Kurz nannte man die beiden Facebook-Seiten, die der SPÖ nun mehr als irgendwelche Klebeumschläge zu schaffen machen, denn sie sind offensichtlich aus Kreisen ihres Berater- und Wahlkampfteams entstanden und ihr Versuch, den erfolgreichen Gegner mit überspitzten Aussagen, etwa zur Obergrenze, mit antisemitischen Untertönen und mit allzu aggressiven Anhängern zu diffamieren, wirkt nun einfach nur noch schäbig und bitterböse. Den Schaden tragen beide, Kurz und Kern.
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