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Plädoyer für den Tenure Track Die Kritik am Bund-Länder-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses hält an. Es sei eine Versorgungsmaßnahme und könne zur Konvertierung von Qualifikationsstellen in unbefristete Dünnbrettprofessuren führen. Der Tenure-Track solle damit als Regelfall der Stellenbesetzung positioniert werden. Schließlich ließen sich mit dem Programm keine flächendeckenden, langfristigen Bedarfe abdecken. Die Kritik geht am eigentlichen, strategischen Potenzial freilich vorbei: Das liegt nämlich in der Angleichung der akademischen Nachwuchsrekrutierung an die international üblichen Standards und einer damit bewirkten Stärkung unserer Universitäten beim Wettbewerb um die besten Köpfe. Kurz nach der Promotion ist der richtige Zeitpunkt, um langfristiges Forschungs- und Lehrpotenzial zu erkennen, gleichzeitig aber auch die jungen Kolleginnen und Kollegen, oft schon mit Familie, zu einem Umzug zu motivieren, der eine dauerhafte Perspektive verspricht. Denn das bedeutet Tenure-Track: Nach einer herausragenden Promotion geht es auf die Spur (Track) an eine Universität, die einem bei Bewährung die Lebenszeitprofessur (Tenure) verspricht. So sind die neuen Tenure-Track-Juniorprofessuren trotz des bescheidenen Gehalts auch international ausgesprochen attraktiv. In Potsdam haben wir schon vor einigen Jahren überwiegend auf Tenure-Track umgestellt. Wir bekommen hochkarätige Bewerbungen aus dem In- und Ausland, die Qualifikation der berufenen Kollegen ist auch im internationalen Vergleich exzellent, und ganz nebenbei: die Frauenquote beträgt um die 50%. Ein positiver Nebeneffekt des BMBF-Programms ist die Aufstockung des akademischen Lehrkörpers. Derzeit gibt es in Deutschland etwa 24.000 Universitätsprofessuren, was bedeutet, dass die 1000 BMBF-Professuren immerhin zu gut 4% Aufwuchs führen könnten. Dass so manche Bundesländer versuchen, die Strukturerweiterungen durch Taschenspielertricks zu reduzieren oder die Finanzierung der Personalaufstockung den Universitäten aufzubürden, ist ein Skandal, dem der Bund unbedingt entgegenwirken muss. Und wie geht es mit dem Tenure-Track weiter? Die Fakultäten wissen meist am besten, über welchen Weg sich die bestqualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewinnen lassen. Schließlich gibt es auch noch viele Habilitierte, die für eine Juniorprofessur überqualifiziert sind, andererseits für jede W2- oder W3-Professur eine Zierde wären. Der Anteil der über Tenure-Track besetzten Professuren wird von Fach zu Fach und von Hochschule zu Hochschule stark schwanken. Und diese Vielfalt ist auch zu begrüßen.
Prof. Oliver Günther, Ph.D. ist Präsident der Universität Potsdam | |
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