| »Stau gehört zum Urlaub« Sommer, Ferien, Baustellenzeit – gefühlt gibt es gerade nur sehr wenige Wege, um die Stadt zu verlassen. Seit gestern ist auch noch die Auffahrt Hamburg-Schnelsen zur A7 in Richtung Hannover gesperrt, die Sperrung soll bis zur Fertigstellung des Lärmschutzdeckels Ende 2018 dauern. Was, wenn man doch mal aus der Stadt rauswill? Wir haben Michael Schreckenberg gefragt, Professor für die Physik von Transport und Verkehr an der Universität Duisburg-Essen. Elbvertiefung: Herr Schreckenberg, Hamburg hält den Rekord des längsten in Deutschland gemessenen Staus, im Juli 1993 war die A7 vom Elbtunnel bis zur dänischen Grenze komplett gestaut. Wie kann man als Autofahrer vermeiden, im Stau zu landen? Michael Schreckenberg: Besonders Richtung Schleswig-Holstein gibt es einige Engpässe, auf der Strecke kann man nur die A7 oder die A23 nehmen. Leider hat man ja versäumt, die A20 zu bauen, die wäre von der A1 nach Glücksstadt hochgegangen, das wäre eine Option zur großräumigen Umfahrung von Hamburg gewesen. Man sollte also versuchen, die Autobahn zu umgehen, als Hamburger mit Ortskenntnissen kann man die Elbbrücken nehmen. Man sollte außerdem in Zeitfenstern fahren, in denen kein Berufsverkehr ist, also nicht morgens zwischen 7 und 10 Uhr, nicht nachmittags zwischen 16 und 19 Uhr ... EV: Was hilft, wenn man doch in einen Stau gerät? Schreckenberg: Man sollte gucken, dass man möglichst harmonisch mitfließt. Ständiges Gasgeben und Bremsen stiftet Unruhe und stört den Verkehrsfluss. Dadurch entstehen Stauwellen, die sich über Stunden halten können. 60 Prozent aller Staus entstehen aus dem Nichts, 38 Prozent durch Baustellen oder Unfälle und etwa 2 Prozent durch widrige Wetterbedingungen, also plötzlichen Starkregen oder Glätte. Mittlerweile gibt es mehr Staus durch Baustellen als durch Unfälle, das wird die nächsten 10 bis 15 Jahre auch so bleiben und schlimmer werden. EV: Ist die Verkehrsplanung das einzige Problem? Schreckenberg: 10 bis 20 Prozent der Staus könnte man verhindern, wenn Autofahrer sich kooperativer verhalten würden. Die Staupsychologie zeigt: Menschen werden zu anderen, wenn sie ein Auto besteigen. Im normalen Leben sind sie nett und freundlich, aber im Verkehr wollen sie mit allen Mitteln andere übervorteilen, sind rücksichtslos und verhalten sich nicht kooperativ. EV: Für die meisten sind Staus wohl eine Geduldsprobe, mit der sie nicht besonders gut umgehen können ... Schreckenberg: Es gibt drei Phasen: Wenn man in den Stau reinkommt, werden die meisten aggressiv, und zwar gegen den anderen. Sie fragen sich: Was machen die alle hier? Phase zwei ist die Depression: Sie verpassen einen wichtigen Termin, sind gefangen, sehen keinen Ausweg. Phase drei ist die Erlösung, wenn Sie aus dem Stau rauskommen. Das ist wie eine Neugeburt. Aber hier passieren die meisten Unfälle, weil die Leute unkonzentriert sind. Diese Staudynamik ist immer die gleiche. In der Zukunft werden wir aber automatisierte Gefährte haben, vernetzte Fahrzeuge, die vor Stauenden warnen können, sodass man frühzeitig darauf reagieren kann. EV: Haben Sie Trost für diejenigen, die unter stockendem Verkehr oder langen Stauzeiten leiden? Schreckenberg: Es gibt Unterschiede zwischen Berufs- und Urlaubsverkehr. Im Urlaub sind die Menschen länger unterwegs und müde, aber Stau gehört zum Urlaub dazu: Wenn Sie auf dem Weg in den Urlaub nicht im Stau gestanden haben, dann stimmt da was nicht. Das ist wie eine Tür – man hat erst im Stau gestanden, und dann kommt der Urlaub. Und auf der Straße entsteht ein Wir-Gefühl – wir alle fahren in den Urlaub.
Drohnen für den guten Zweck Der Ruf der Drohnen hierzulande könnte besser sein. Besorgt denkt man bei unbemannten Luftfahrtsystemen, wie Drohnen offiziell heißen, an Datenschutz, Sicherheit und die eigene Intimsphäre, so mancher Gartenbesitzer überlegt zudem, sich illegalerweise eine Schrotflinte zuzulegen, um solch ein fieses Gerät umstandslos vom Himmel holen zu können, sollte es unangemessen tief über der eigenen Terrasse kreisen. Doch von wegen fieses Gerät: Beim Arbeiter-Samariter-Bund in Heiligenhafen hat man schon vor eineinhalb Jahren eine eigene Drohneneinheit für Hilfseinsätze eingerichtet. Nun soll bald eine zweite in Ostholstein folgen. Jeder Flugapparat kostet rund 5600 Euro und ist mit speziellen Kamerasystemen ausgestattet. »Dadurch können wir vermisste Personen auch in der Dämmerung orten, bei Waldbränden Glutnester aufspüren oder bei Chemieunfällen ein Lagebild erstellen, ohne dass sich ein Mensch in die Gefahrenzone begeben muss«, erklärt Jörg Kreiser. Er ist »Chefpilot« einer Gruppe von 17 Ehrenamtlichen, die sich regelmäßig zum Training in Heiligenhafen treffen. Pro Fluggerät brauche es drei Steuerleute, sagte der Nachrichtenagentur dpa der Geschäftsführer der Holsteiner Rettungssanitäter, Udo Glauflügel: »Einer, der die Drohne steuert, einer hält Sichtkontakt zum Fluggerät und beobachtet den Monitor, und der Dritte ist der Fahrer und hält den Funkkontakt mit der Einsatzleitstelle.« Grünes Licht kommt auch von ganz oben: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will »diese Fluggeräte in der nächsten Zeit zu einem Standardeinsatzmittel im Katastrophenschutz machen«. Möglicherweise könnten angeflogene Rettungsroboter in ein paar Jahren sogar für Erstversorgung, Wiederbelebung und Medikamentengabe sorgen, liest man auf der Website des Bundesinnenministeriums.
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