Wissenschaftsakademien kritisieren Qualität der Promotionen I Hochkaräter entwickeln Konzept für Uni Nürnberg I Der Jurist Niels Petersen beantwortet 3 1/2 Fragen I Dr. acad. Sommer weiß Rat für den Wechsel

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
von Sommerpause ist in Akademia noch nichts zu spüren: Die drei großen Wissenschaftsakademien fordern eine tiefgreifende Änderung der Promotionspraxis, weil sie die Qualität der Doktorarbeiten in Gefahr sehen. Der bayerische Wissenschaftsminister hat eine hochkarätige Kommission eingesetzt, die ein Konzept für die künftige Universität Nürnberg erarbeiten soll. Und seine baden-württembergische Kollegin ruft alle Hochschulleitungen des Landes zu einer Dienstbesprechung zusammen, weil an mindestens zwei Hochschulen zweifelhafte Zulagen an Professoren gezahlt worden sein sollen. Der Münsteraner Jurist Niels Petersen beantwortet unsere 3 1/2 Fragen, und Dr. acad. Sommer weiß Rat für einen soliden, aber nicht brillanten Forscher, der den Sprung in die nichtakademische Welt wagen will.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Wissenschaftsakademien: Promotionen sollen besser werden!
Die Hüter der deutschen Wissenschaft fordern in einer ausführlichen Stellungnahme eine Reform der Promotionspraxis, um die Qualität der Doktorarbeiten zu sichern. Die Nationale Akademie Leopoldina, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und die Union der Akademien der Wissenschaften fordern unter anderem für jede Promotion neben dem Betreuer einen externen Zweitgutachter, und um die Inflation der Bestnoten ("summa cum laude") zu stoppen, sogar eine weitere Instanz. Für die Mediziner fordern sie, wie der Wissenschaftsrat, ein Berufsdoktorat, das klar vom wissenschaftlichen Doktorat getrennt ist.
  
 
 
Wie Harvard sich auf Trump einstellt
Auch die Harvard-Universität wurde von der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten kalt erwischt. In einem Artikel der Studentenzeitung The Harvard Crimson, den wir gerade entdeckt haben, wird sehr erhellend berichtet, wie die Universität unter der neuen Regierung ihren Einfluss geltend macht.
  
 
 
Staraufgebot für Uni Nürnberg
Hut ab! Der bayerische Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) hat einen illustren Kreis für die "Strukturkommission" der künftigen Universität Nürnberg gewonnen. Geführt wird das Gremium, das ein Konzept für die neue Hochschule entwickeln soll, von TU-Chef Wolfgang Herrmann. Sechzehn Vertreter von Wissenschaft und Wirtschaft gehören ihm an, darunter der Physik-Nobelpreisträger Klaus von Klitzing, der langjährige Präsident der Stanford University Gerhard Casper, Birgitta Wolff, die Präsidentin der Goethe-Universität Frankfurt/Main, Hans-Werner Sinn, langjähriger Präsident des ifo-Instituts, sowie Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung.
  
 
 
Zulagenaffäre zieht Kreise
Wie die Stuttgarter Nachrichten berichten, zieht die sogenannte Zulagenaffäre in Baden-Württemberg weitere Kreise. Es gab wohl nicht nur an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg rechtlich fragwürdige Zulagen für Professoren, sondern auch an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz. Deshalb hat die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) kurzfristig Dienstgespräche mit allen Hochschulleitungen des Landes angesetzt.
  
 
 
Phishing-Angriff auf Website der Newcastle University
Die Universität von Newcastle in Nordengland wurde Opfer eines sogenannten Phishing-Angriffs. Das berichtet der Techniknachrichtendienst ZDNet. Cyberkriminelle hatten die Website der Uni nachgebaut, um Daten und Kreditkartenzahlungen von Studenten zu ergaunern. Inzwischen ist die gefälschte Seite nicht mehr erreichbar.
  
 
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
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Neue Prorektoren an Jenaer Ernst-Abbe-Hochschule
Der Senat der Ernst-Abbe-Hochschule Jena hat laut idw den Physikprofessor Andreas Schleicher zum Prorektor für Studium, Lehre und Weiterbildung gewählt, sowie den Professor für Maschinenbau Bruno Spessert zum Prorektor für Forschung und Entwicklung.

Kanzlerin abgewählt
Das geschieht nicht alle Tage: Wie der Bonner General-Anzeiger schreibt, wurde Michaela Schuhmann, die Kanzlerin der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg von der Hochschulwahlversammlung abgewählt. Hintergrund sei „eine zunehmend divergierende Vorstellung zwischen Kanzlerin und den übrigen Mitgliedern der Hochschulleitung über Führungsfragen, insbesondere in der Verwaltung“, lässt die Pressestelle der Hochschule verlauten.

Präsidentinnen/Präsidenten und Rektorinnen/Rektoren gesucht
Neues Spitzenpersonal suchen: die Johannes Gutenberg Universität Mainz (Präsidentin/Präsident; der jetzige Amtsinhaber beabsichtigt, sich um eine weitere Amtszeit zu bewerben), Universität für Musik und darstellende Kunst Graz (Rektorin/Rektor), Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd (Rektorin/Rektor), Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main (Präsidentin/Präsident; der derzeitge Präsident stellt sich zur Wiederwahl). Näheres finden Sie im Stellenmarkt der aktuellen ZEIT.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Dr. Niels Petersen

Professor für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht sowie empirische Rechtsforschung an der Universität Münster
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Es sind weniger neue Erkenntnisse als neue Fragen, die mich momentan umtreiben. Wir erleben gerade in vielen Ländern in der westlichen Welt eine fundamentale Umgestaltung der politischen Landkarten: der Aufstieg populistischer Parteien, die Verschiebung der politischen Konfliktlinien, die sich nicht am klassischen rechts-links-Schema orientiert. Lediglich in Deutschland scheinen wir davon allenfalls mittelbar berührt zu sein. Steht uns die große Veränderung noch bevor? Haben wir einfach nur Glück, dass es hier momentan keine charismatischen Populisten gibt? Liegt es am Geschichtsunterricht? Oder macht das politische System (repräsentative Demokratie statt Mehrheitsdemokratie) doch einen Unterschied?

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Viele Vorgaben, mit denen die Politik versucht, die Hochschulen zu steuern, sind gut gemeint, aber nicht zielführend. Zu einfach ist es, pauschal nach mehr Eigenverantwortung der Hochschulen zu rufen, da hier teilweise Interessenkonflikte bestehen. Aber ein intensiverer Dialog zwischen Hochschulen und Politik wäre wünschenswert.

Lektüre muss sein. Welche?
Bilal Tanweer, Die Welt hört nicht auf. Eine eindrucksvolle Erzählung, die zeigt, dass selbst den dunkelsten Momenten Licht und Hoffnung innewohnen.

Und sonst so?
Es tut immer gut, für ein paar Stunden aus dem digitalen Hamsterrad auszusteigen und einfach nicht erreichbar zu sein.
   
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Dr. acad. Sommer
 
 
   
Liebe Frau Dr. acad. Sommer,
ich bin promovierter Physiker, 36 Jahre alt, ohne Erfahrung außerhalb Uni/MPI/Fraunhofer. Habe solide Forschung und renommierte Publikationen vorzuweisen. Aber: Ich bin eben nur "solide", nicht die Spitze der Spitze. Mich ins Ausland zu verabschieden, kommt aus familiären Gründen nicht in Frage. Für die Karriere in der Wissenschaft also reicht's vermutlich nicht, und in der freien Wirtschaft habe ich mich bisher erfolglos beworben. Vermutlich bin ich zu alt und ohne praktische Erfahrung. Mein Forschungsprojekt läuft in einem Jahr aus. Und dann?


Lieber X,
in der Tat eine herausfordernde Situation: Momentan kommt auf fünf abgeschlossene Habilitationen nur eine freiwerdende Professur – noch drastischer ist das Zahlenverhältnis, wenn man habilitationsäquivalente Qualifikationswege einrechnet. Da reicht es nicht, „nur“ sehr gut zu sein.
Die intensive Lektüre des Stellenmarkts oder Initiativbewerbungen sind nicht der Königsweg, um als Wissenschaftler in einem anderen Segment des Arbeitsmarkts erfolgreich Fuß zu fassen. Vielversprechender ist ein Blick auf die eigenen Kompetenzen und Interessen: Neben Forschungsmethoden haben Sie in der Wissenschaft etwa Führungspraxis, Projektmanagement, die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte allgemeinverständlich zu vermitteln, oder parkettsicheres Auftreten erlernt. Relevante Erfahrung kann auch aus Ehrenamt oder Hobby stammen. Vielleicht haben Sie neben der Wissenschaft Interessen, die zum Beruf werden könnten?
Informieren Sie sich nach dieser Selbstanalyse, wo Leute mit Ihren Kompetenzen und Interessen gebraucht werden. Knüpfen Sie ein neues berufliches Netzwerk: Womöglich haben Sie über Forschungsprojekte Kontakte mit Firmen oder Institutionen, sicher finden Sie im Bekanntenkreis oder unter ehemaligen Kommilitonen Insider aus der einschlägigen Branche. Fragen Sie nach deren Erfahrungen und Tipps. Vielleicht hören Sie auch von offenen Stellen.
Setzen Sie für Bewerbung und Vorstellungsgespräch die Wissenschaftsbrille ab: Stellen Sie diejenigen Qualifikationen in den Mittelpunkt, die für die neue Stelle von Interesse sind. Passen Sie Stil und Selbstpräsentation an und verzichten Sie auf die „harte Währung“ der Wissenschaft, wie Publikations- und Vortragsverzeichnis. Bewerbungen aus der Wissenschaft scheitern oft am mangelnden Transfer zur neuen Arbeitswelt: Zeigen Sie, dass Sie wissen, worauf es dem potenziellen Arbeitgeber ankommt. Falls Sie sich bei Ihrer Bewerbung auf namhafte Konzerne konzentriert haben: Vielleicht gibt es Mittelständler oder Start-ups, die jemanden mit Ihren Kompetenzen suchen und bei denen Sie gegen weniger Mitbewerber antreten. Selbstverständlich ist auch denkbar, dass Sie eine Weiterqualifizierung draufsatteln und sich für Arbeitsfelder fit machen, die derzeit Experten suchen.
Und: Verzweifeln Sie nicht. Alternative Karrierewege einzuschlagen, bedeutet kein Scheitern, sondern ist statistisch gesehen der Normalfall. Der Berufswechsel hat gute Chancen: 95% aller Promovierten sind erwerbstätig, 96% der berufstätigen Promovierten schätzen ihre Position als adäquat ein und 91% sind beruflich (sehr) zufrieden. Viel Erfolg!

Mirjam Müller ist Personalentwicklerin und Coach an der Universität Konstanz. Sie schreibt für das Coachingnetz Wissenschaft als Dr. acad. Sommer. Kontakt: www.coachingnetz-wissenschaft.de
   
   
Auch eine Frage an Dr. acad. Sommer? Schreiben Sie an chancen-brief@zeit.de, twittern Sie unter #ChancenBrief – oder hinterlassen Sie uns in diesem Kontaktfomular anonym Ihre Frage!
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
„Das bleibt, wenn ihr geht“ Sechs Jahre lang begleitete Jeannette Otto eine Bremer Klasse beim Großversuch Inklusion

Schuld ist der Autor Der Chef bin ich. Und das ist das Problem, sagt Daniel Erk   Sommer, Sonne, Risiko Wer mit seinem Kind vor Ferienbeginn in den Urlaub fährt, muss Bußgelder fürchten   Was Lehrer lernen müssen Ein neues Institut will die Wissenschaft ins Klassenzimmer bringen   Universum – Noch immer gibt es keine Plattform für wissenschaftliche Integrität

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Auf dass sich diese Prophezeihung selbst zerstöre!
Quelle: PHDCOMICS
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Sie haben mehr Sonne verdient, findet

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