Neues von den Max Planck Schools | Linksextremismus an Unis? | 3½ Fragen an Frank Stäudner | Gastkommentar Robin Mishra: Aufmerksamkeit für Azubis

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
unser heutiges c.t. ist leider bedrückend, statt wie gewohnt erheiternd. Frank Stäudner vom Zentrum für Wissenschaftsmanagement plädiert im Fragebogen für mehr Selbstvergewisserung der Hochschulen. Und Robin Mishra von der Deutschen Botschaft in Washington gibt uns im Gastkommentar einen Einblick in die Debatten der USA – über Azubis.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Neues von den Max Planck Schools
Zu den geplanten Max Planck Schools, die MPG-Präsident Martin Stratmann gemeinsam mit Bundesministerin Johanna Wanka entwickelt hat, hört man derzeit Divergierendes. Wir sortieren mal. Die Idee: Die an Universitäten angedockten Max Planck Schools sollen kleine, hochexklusive Promotions-Think Tanks unterschiedlicher Fachgebiete sein, die eine internationale Strahlkraft à la Harvard und Oxbridge entfalten. (SWR) Klingt doch toll, worin liegt der Dissens, den die FAZ letzten Donnerstag rundum entfaltete – und befeuerte? 1. Name. Wo „Max Planck“ draufsteht, stecken auch die anderen Außeruniversitären drin – das sorgt für gekränkte Eitelkeiten. 2. Geld. Das alte Argument: Die Spitzenforschung kriegt Geld, die Grundausstattung der Hochschulen darbt. 3. Promotionsrecht. Von einer „Vergesellschaftung des Doktors“ sprach die FAZ; die Unis fürchten, die Fakultätsgebundenheit könne aufgeweicht werden. – Und was ist dran an diesen Befürchtungen? 1. Nix gegen Leibniz, Helmholtz, Fraunhofer, auch nicht gegen so hübsche Kürzel wie TU9 und U15 – aber mal ehrlich: „Max Planck“ ist einfach die weltweit bekannteste Marke, oder? Wer's nicht glaubt, kann ja mal die Follower-Zahlen besagter Player in den Sozialen Medien vergleichen. 2. Stimmt, die Grundfinanzierung der Hochschulen muss steigen. 3. Die MPG verlautet, kein Promotionsrecht anzustreben; die Doktoranden 'gehören' in alter Manier den Betreuern ihrer Arbeit an den Unis. – Was wir sonst noch wissen (und übrigens auch längst die Spitzen von HRK, U15, TU9, AUF): Im Jahr 2018 sollen drei Pilot-Max Planck Schools starten. Budget: Das BMBF-Budget wird insgesamt bei 45 Millionen Euro liegen (= 9 Millionen Euro pro Jahr für 3 Schools). Vorgesehen sind davon 100.000 Euro jährlich für die beteiligten Wissenschaftler, die dieses Geld für Verträge mit ihren Doktoranden nutzen können; und 50.000 Euro gehen als Overhead an die jeweilige Heimat-Universität. Es liegen acht Anträge von Unis und Außeruniversitären vor. Am 20. Juli (diesen Donnerstag) wird die Auswahlkommission tagen – geleitet wird sie von Martin Stratmann und HRK-Chef Horst Hippler; die neun Sitze verteilen sich je zu drei Plätzen auf die Unis, die MPG und die anderen Außeruniversitären. Die Entscheidung, welche drei Anträge für die fünfjährige Pilotphase gefördert werden, wird Johanna Wanka am 4. September bekanntgeben.
  
 
 
Russland: Sparrunde für die Forschung
Auf die russischen Universitäten kommen dramatische Einsparungen um 40 Prozent zu, berichtet University World News. Schon 2018 sollen demnach bis zu 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entlassen werden; auch die Russian Academy of Science sei betroffen. Bis 2020 könnten 8.300 Universitätsangehörige ihren Job verlieren; das Budget für Forschung werde auf 2,45 Prozent sinken. Eine Reihe an forschungsstarken Universitäten – etwa in Moskau und St. Petersburg – solle von den Kürzungen nicht betroffen sein. Premierminister Dmitry Medvedev wird in Übersetzung zitiert: „Amid the current circumstances, it is important to optimise spending allocated for higher education by redistributing funds to the most important areas and by reducing inefficiency. At the same time such optimisation should not have a negative impact on socially significant programmes that are being implemented by Russian universities and should not negatively affect those positive changes that have taken place in the Russian system of higher education in recent years.“
  
 
 
Der linksextreme Campus?
Vergangene Woche war Christian Lindner an der Uni Bochum eingeladen, um über das bildungspolitische Programm der FDP zu diskutieren. Einige Studierende protestierten, vor allem gegen die Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer in NRW; sie unterbrachen Lindner lautstark und hielten Plakate hoch. „Ich habe Toleranz für andere Meinungen. Aber dass ihr euch nicht mal meine Meinung anhören wollt, spricht nicht für euch“, sagte Lindner. Die Welt berichtet; dort gibt es auch die Videoaufzeichnung eines Studenten zu sehen. Der Vorfall dürfte Wasser auf die Mühlen von Jenovan Krishnan sein, dem Bundesvorsitzenden des RCDS, der – ebenfalls in der Welt – kritisierte, es gebe an den Hochschulen ein Problem mit „Linksextremisten“. Seine Forderung: Die Wiedereinführung der „Extremismusklausel“ als „klares Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, um einen Anspruch für Fördermittel des Bundes zu haben.“ (siehe auch AFP/DLF). – In diesem Zusammenhang nochmal der Hinweis auf unsere Recherche über (k)eine neue Studentenrevolte aus der ZEIT 27/2017
  
 
 
Forscher auf der Flucht
Auf keinen Fall verpassen: den Web-Comic „The Scientist who escaped Aleppo“ bei npr
  
 
 
Umfrage: Wer sind Sie?
Unsere kleine Umfrage bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, läuft noch. Wer noch nicht mitgemacht hat – bitte hier entlang für kurze 3½ Fragen!
  
   
   
   
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Die Zahl
 
 
   
3.098

Anzahl ausländischer Professoren und Professorinnen an deutschen Hochschulen im Jahr 2015
(2012: 2.780; 2009: 2.297). 
 
Quelle: DAAD, DZHW: Wissenschaft weltoffen 2017
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Dr. Frank Stäudner

Leiter Beratung im Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V. 
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Lernen bedeutet Veränderung. Und weil wir Menschen es uns gern bequem machen, ist Lernen immer sehr anstrengend, kann aber auch sehr erfüllend sein – für Lehrende und Lernende.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Die kurze Antwort: Jedes wichtige.
Die lange Antwort: Die Selbstvergewisserung der Akteure darüber, was eine Hochschule sei, kostet erst einmal nichts, ist aber unverzichtbar. Denn ohne sie werden Governancestrukturen, Verwaltungsabläufe und Prozesse nicht oder nur mit Glück zu den Aufgaben passen. Soll die Universität eine strategiefähige Institution mit Auftrag und Ziel sein? Ist sie eine Ansammlung anarchischer Individuen, die Überlebende einer harten Bestenauslese sind? Oder irgendetwas dazwischen? Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, müssen auch die Regeln andere sein, nach denen sich die Hochschule organisiert.

Lektüre muss sein. Welche?
„Being a Beast“ von Charles Foster, der versuchte, ein Dachs zu sein. Ein radikales Wissenschaftsbuch. Und für alle, die beruflich mit Sprache zu tun haben, Stephen Kings „On Writing“.

Und sonst so?
Noch eine Erkenntnis: Eitelkeit ist der Endgegner.
   
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Gastkommentar
 
 
   
   
von Robin Mishra
   
   
   
Mehr Aufmerksamkeit für Azubis
Nicht viele Pläne des US-Präsidenten stoßen auf überparteiliche Unterstützung. Doch Donald Trumps Ankündigungen zur Stärkung des amerikanischen Ausbildungssystems bekommen in den USA viel Applaus. Zu groß ist die Fachkräftelücke, zu hoch der Schuldenberg, der auf amerikanischen Studierenden lastet. Und zu verzweifelt die Situation derjenigen, denen der Zugang zu höheren akademischen Weihen verschlossen bleibt. Die Kombination von Arbeit und Lernen bietet sich da als Alternative für ein aus der Balance geratenes Bildungssystem an. „Earn while you learn“, so die publikumswirksame Formel des Präsidenten.
Erklärtes Vorbild für den neuen amerikanischen Lehrlingstraum ist Deutschland. Unser duales System erfährt gerade in diesen Tagen viel Lob und Preis. Da „vocational training“ in den USA bei Schülern und Eltern einen miesen Ruf hat, wird besonders bestaunt, welche gesellschaftliche Anerkennung deutsche Azubis genießen. Hohe Wirtschaftskraft und niedrige Jugendarbeitslosigkeit untermauern den Eindruck, bei uns stehe alles zum Besten.
Aber stimmt dieses Glanzbild vom deutschen dualen System wirklich noch? Sicher, auf dem Papier ist die von Politik und Wirtschaft propagierte Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung durchgesetzt: Im Deutschen Qualifikationsrahmen stehen Meister und Bachelor auf gleicher Stufe. Auch die Rahmenbedingungen stimmen: Das Meister-BAföG ist erhöht, digitale Inhalte sind stärker gefördert worden. An Vorzeigeprojekten ist kein Mangel. Noch immer kehren Ivanka Trump und hochkarätige Besucher aus aller Welt mit glänzenden Augen heim, wenn sie einen deutschen Betrieb besichtigt haben.
Dennoch stimmen die Schulabgängerinnen und -abgänger mit den Füßen ab: Die von der Geringschätzung gegenüber der dualen Ausbildung geprägten OECD-Appelle, doch bitte zu studieren, hatten fatale Wirkung: Lag die Studienanfängerquote vor 10 Jahren noch bei 37 Prozent, ist sie inzwischen deutlich über die 50-Prozent-Marke geklettert. In den Hörsälen sitzen jetzt manche, deren Talente in den Werkhallen fehlen. Laut Berufsbildungsbericht 2017 blieben im letzten Jahr mehr als 40.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Nur noch jeder fünfte Betrieb bildet aus – mit weiter sinkender Tendenz.
Die Herausforderungen für das System sind gewaltig. Gerade Unternehmen in Zukunftsbranchen wie IT steigen erst gar nicht mehr in die duale Ausbildung ein. Ausbildungsinhalte müssen also schneller angepasst, Berufsschulen dringend modernisiert und attraktiver für gute Lehrkräfte werden. Ein Exzellenzpakt für berufliche Bildung – wie er im NRW-Koalitionsvertrag angedacht wird – könnte dem Image der Ausbildung guttun. Hohe Qualität muss das Ziel sein. Was spricht also dagegen, dass Universitäten und Fachhochschulen – so einer der interessanten neuen Wege in den USA – in die duale Ausbildung (und Weiterbildung!) einsteigen?
Die Begeisterung der USA und vieler andere Länder der Welt für das deutsche Modell steht im Widerspruch zur Lieblosigkeit (und zuweilen akademischen Arroganz), mit der wir unser Ausbildungssystem betrachten. Höchste Zeit, das zu ändern. Die Nöte der Azubis brauchen ebenso viel Aufmerksamkeit wie die Lage der Studierenden.

Dr. Robin Mishra ist Leiter Wissenschaft an der Deutschen Botschaft in Washington D.C. Der Artikel gibt seine persönliche Meinung wieder.
   
   
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Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
   
Anti. Autoritär. Die Neue Rechte lebt ein radikales Bildungsideal: Alle hinterfragen alles. Unser Autor Yascha Mounk plädiert für eine Pädagogik des Vertrauens – und einen neuen Patriotismus

Goodbye, Humboldt? Von wegen! Der Bildungsprophet war noch nie so zukunftsträchtig wie heute, da künstliche Intelligenz die Welt erobert. Eine Replik auf Manuel J. Hartungs Abgesang Hier wollen wir studieren! Vor drei Wochen haben wir gefragt: Wie sieht Ihre Universität der Zukunft aus? Hier sind einige Antworten Das Grundschul-Lotto Ganz gerecht soll es zugehen bei der Einschulung in San Francisco – damit die Armen und die Reichen nicht unter sich bleiben. Geregelt wird das per Computer-Algorithmus. Unser Autor Christoph Drösser berichtet, was seine Familie dabei erlebt hat Nichts für arme Leute Privatschulen sollen offen für alle sein. Eine Studie zeigt, dass das nicht gelingt

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Ein Jahr ist seit dem Militärputsch in der Türkei vergangen (ZEIT). Seitdem wurden 15 Hochschulen geschlossen; 3.500 Hochschullehrer und -lehrerinnen und 1.200 Verwaltungsangehörige wurden entlassen oder vom Dienst suspendiert. Scholars at Risk berichtet zudem von mindestens 889 festgenommenen Hochschulangehörigen.

Quelle: Scholars at Risk / Hochschulrektorenkonferenz
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Einen schönen Start in die Woche wünscht Ihnen

Ihr CHANCEN-Team

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