Überseequartier: DIE Shopping-Destination Norddeutschlands?

 
+ Stadt, Land, Familie: Wo sich’s besser leben lässt + Schule: FDP will, dass sich Leistung wieder lohnt + Wir erklären die Bahn II + Liebesdramen von Störchen und Falken +
 

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Die Wolken hängen schwer über Hamburg. Der Regen bleibt uns noch ein wenig erhalten – wobei er wohl heute in niedrigerer Frequenz fällt. Es bleibt bei gut 20 Grad.
   
 
Guten Morgen,
 
Mark Spörrle / Foto: Vera Tammen
 
Hamburg ist mit dem Auto nur noch eingeschränkt erreichbar: Auf der A23 ist Stau, auf der A1 auch, auf der A7 natürlich immer wieder, und seit vorgestern unter der Amsinckstraße ein Wasserrohr brach, staut sich der Verkehr auch über die Elbbrücken hinweg gen Süden. Wäre das Rohr nicht gebrochen, wäre vermutlich genau dort starker Dauerregen aufgezogen und hätte für dasselbe Resultat gesorgt.
 
Wie auch immer: Autofahrer berichten von Stunden frustrierender Warterei hinter dem Lenker, den manche gar mit Fäusten oder Zähnen traktierten, ohne dass es deshalb wesentlich schneller voranging. Einige verließen sogar ihre nutzlosen Fahrzeuge und machten sich daran, den bisher stets mit 60 bis 80 km/h durchmessenen städtischen Raum neu zu entdecken. Es wird von einem Anzugträger berichtet, der, zunächst unsicher, einen Haushaltswarenladen betrat und dann mit verklärtem Gesicht begann, über ein Nudelsieb zu streichen. Andere suchten unterzuckert und auf der Suche nach einem Snack das Gespräch mit den Uranwohnern.
 
Und wieder andere sind sich sicher: Dass so viel Chaos nur durch Zufall passiert, das kann nicht sein – was also ist der Plan dahinter? Will man diese Stadt endlich unattraktiver machen (gute Gründe dafür lesen Sie hier)? Oder wird hier ein anderes Experiment vorgetestet, nämlich die autofreie Innenstadt? Denn der fehlende Autoverkehr, die ruhigen Straßen, das ist so ungefähr das einzig Positive, das vielen Hamburgern vom G20-Gipfel in Erinnerung geblieben ist. So sehr, dass der Fahrrad-Club ADFC und der BUND unlängst die Einführung eines autofreien Sonntags im Monat forderten. Doch die Politik ist zögerlich. Selbst Martin Bill, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen in der Bürgerschaft, möchte das nicht einfach verordnen.
 
Bill sagte aber, er könne sich gut vorstellen, dass Initiativen zu temporärer Autofreiheit zuerst aus der Bevölkerung kommen könnten. Und wenn alle im Stau Stehenden den Motor ausschalten, aussteigen und sich zu Fuß weiterbewegen würden – was wäre das dann anderes?!  

 


Shoppingparadies im Überseequartier?
 
Kürzlich lud der Architekten- und Ingenieurverein Hamburg (AIV) gemeinsam mit der Patriotischen Gesellschaft zur Diskussionsveranstaltung, auf der Agenda: das Überseequartier Süd. Hier wurde im April der erste Spatenstich gefeiert – der Auftakt zum Bau eines riesigen Shoppingcenters. Im Haus der Patriotischen Gesellschaft diskutierten nun Involvierte und Interessierte lebhaft darüber, welche Auswirkungen das neu gestaltete Quartier auf die Bewohner der HafenCity haben würde. Hauptfrage: Soll Hamburg wirklich DIE Shopping-Destination Norddeutschlands werden, so wie es sich Investor Unibail-Rodamco wünscht? Der Unternehmer steckt fast eine Milliarde Euro in die insgesamt rund 270.000 Quadratmeter bebaute Grundfläche, circa 80.500 Quadratmeter davon entfallen auf den Einzelhandel. Was die Anwohner besorgt: dass sich das Konzept erheblich verändert hat. Im Gegensatz zu den Plänen vom Anfang sollen die Gebäude nun um mehrere Stockwerke höher werden, und die Größe der Verkaufsfläche wurde verdreifacht – was wiederum ganz andere Verkehrsströme mit sich bringen und das Leben der Menschen in der HafenCity stark verändern werde. Die Architektin Tina Unruh vom AIV beschäftigt da vor allem die Frage, wer in Hamburg die Hoheit über den öffentlichen Raum habe: »Es ist irritierend, dass die Stadt ihr Recht auf Stadtentwicklung aus der Hand gibt und einem privaten Investor überlässt.« Die großen Ladenketten, die im Center angesiedelt würden, werfen zudem die Frage auf, was mit den kleinen Läden, Restaurants und Kinos im Portugiesenviertel und in der Mönckebergstraße passiert, »denen wird noch mehr das Wasser abgegraben«, so Unruh. Ähnliche Bedenken äußerte die Initiative Lebenswerte HafenCity bereits im Mai bei ZEIT ONLINE.
 
   
   
 
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Stadt, Land, Familie: Wo sich’s besser leben lässt
 
Die Stadt wird immer teurer, die Wohnung für die Familie immer enger? Wer mit dem Gedanken spielt, die Stadtwohnung gegen ein Häuschen im Hamburger Speckgürtel zu tauschen, sollte sich das dennoch gut überlegen. »Wer in eine wenig bevölkerte Zone zieht, darf nicht die gleichen Vorteile erwarten, wie es sie in der Stadt gibt«, sagt Ingrid Breckner, Stadt- und Regionalsoziologin an der HafenCity Universität ganz sachlich. Schlechtere Infrastruktur, noch längere Wartezeiten beim Arzt als in der Stadt, weniger Möglichkeiten der Kinderbetreuung – das Umland könne nicht leisten, was die Stadt vermag, sagt Breckner, und das werde sich auch nicht ändern. »In Henstedt-Ulzburg wird niemand eine U-Bahn bauen«, sagt sie. Mobilität aber sei ein wesentlicher Faktor dafür, dass beide Elternteile weiterhin berufstätig bleiben könnten, dass Eltern nicht etwa nur noch »zum Taxifahrer der Kinder« werden oder die gut ausgebildete Frau das Haus hüten muss. Steigende Mieten aber seien ein Problem in jeder Stadt, in der der Arbeitsmarkt gut funktioniere, wo hingegen die Mieten gering seien, gebe es oftmals keine Arbeit. Kürzere Wege, bessere Schulbildung, attraktivere kulturelle Angebote sind drei weitere Faktoren, die in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Reurbanisierung geführt haben. Es gebe immer mehr Haushalte, die die Stadt dem Land vorzögen, sagt Breckner. »Viele geben sich mit weniger Wohnraum zufrieden, um ihren Lebensstil beibehalten zu können.« Im vergangenen Jahr habe sich der »Wohnflächenkonsum« der Hamburger zum ersten Mal seit längerem verringert, von 38,8 auf auf 38,6 Quadratmeter pro Nase.

 


Schule: FDP will, dass sich Leistung wieder lohnt
 
Jetzt wo Schulferien sind, rücken sie raus damit: Mit einem Impulspapier will die FDP-Bürgerschaftsfraktion das Hamburger Schulwesen umkrempeln. Insgesamt sind es zehn Thesen, wichtige Punkte: Bildungspolitik dürfe nicht nur für Schüler mit besonderen Herausforderungen gemacht werden, und auch das Leistungsprinzip soll im Sinne der Bildungsgerechtigkeit gestärkt werden. Nicht nur die Schüler, die sich schwertun, sondern auch diejenigen, die eigentlich mehr können, zielgerichtet zu fördern: Für so manchen Lehrer mag das in der Tat ein Novum sein. Zugleich fordern die Liberalen eine Abkehr von der »Kuschelpädagogik« und wollen zwecks realistischer Selbsteinschätzung auch Zeugnisnoten für alle Schüler ab Klasse 3; bisher gibt es die nur auf Wunsch der Eltern. Schlechte Schüler sollen nach Vorstellung der Liberalen künftig wieder um ihre Versetzung bangen müssen; derzeit ist die erzwungene Klassenwiederholung in Hamburg abgeschafft. Was laut Schulbehörde auch so bleiben soll, genau das aber mindere die Motivation, meint die FDP: Ein Aufrücken wider besseres Wissen suggeriere, dass Leistungswillen nicht ausschlaggebend für Bildungserfolg sei.

 

 
 

Wir erklären die Bahn ... und finden immer neue Fragen

Kurze Wiederholung für alle, die die letzte Folge verpasst haben: Seit Montag wird am Hauptbahnhof die Bahnsteigkante von Gleis 8 erneuert, weshalb der RE 70 mit Pendlern zwischen Hamburg und Kiel noch bis September am Bahnhof Altona endet. »Warum Bahnsteig 8 neu gebaut wird, erschließt sich jedem, der dort ein- und aussteigt«, schrieb uns ein Leser dazu, die entscheidende Frage aber sei: Weshalb wird zeitgleich an der Eisenbahnüberführung über die Julius-Leber-Straße gebaut, sodass wegen der Beeinträchtigung des S-Bahn-Verkehrs der Bahnhof Altona ab Sternschanze nur mit Umstieg auf den Schienenersatzverkehr oder einen Umweg über die Landungsbrücken zu erreichen ist? Bis Ende September pendeln Ersatzverkehrsbusse zwischen Othmarschen, Altona und Holstenstraße sowie Direktbusse zwischen Othmarschen und Altona. Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis versteht die Aufregung nicht: »Man muss ja nicht den Busersatzverkehr nutzen.« Zwischen Altona und Hauptbahnhof könnten Pendler nach wie vor mit der S1 oder der S3 fahren. Oder mit der U-Bahn über die Landungsbrücken. Etwas komplizierter als sonst, aber: »Es wird bei Bauarbeiten immer Beeinträchtigungen geben, das lässt sich nicht verhindern«, so Meyer-Lovis. Und warum muss überhaupt parallel gebaut werden? »Für die S-Bahn-Arbeiten brauche ich mindestens sechs bis sieben Wochen, um die Brücke zu erneuern, und das ist schon ein sehr eng gestrickter Zeitplan«, sagt Meyer-Lovis. Weil man so wenig Berufspendler wie möglich treffen wolle, sei klar: »Das kann nur in den Sommerferien passieren.« Wer da nicht frei hat, ist selber schuld.

 


Liebesdramen von Störchen und Falken

Es ist ein Drama in so vielen Akten, dass wir sie kaum noch zählen können. Kein Hollywood-Drehbuchschreiber käme mit einer Liebesgeschichte durch, wie es sie die Realität für unseren Freund Storch Rolf schrieb. Sie erinnern sich: Nach dem Verlust seiner geliebten Maria fand er neues Glück in Maria II (der entzündete Liebesreigen konnte live via Webcam verfolgt werden) – doch dann wurde dem Paar das Babyglück genommen: Bei Revierkämpfen ums Nest mit anderen Störchen wurden drei von vier Eiern zerstört, auch das letzte Storchenbaby wurde nicht ausgebrütet. Wie es weiterging? Rolf und Maria II können wir nicht fragen; das Nest ist leer. Ob sie es im nächsten Jahr an gleicher Stelle noch einmal probieren? Oder ob Rolf dann eventuell eine Maria III ins Nest lockt – wirklich treu sind Störche schließlich nur ihrem Heim –, wir werden sehen. Glücklicherweise widerfuhren nicht allen vom Nabu per Kamera überwachten Vogelpärchen solche Schicksalsschläge: den Turmfalken, dem anderen gefilmten gefiederten Liebespaar in der Michaelis-Kirche in Neugraben waren vier Küken vergönnt. Die Vögel sind bereits ausgeflogen – allerdings wohl nicht als Familie. Denn nach der Brut ist bei Falken vor dem Singledasein. Sind die Kleinen flügge, gehen auch Mama und Papa wieder ihrer eigenen Wege. Das nennt man dann wohl Instant-Familien-Glück!
 
 
Mittagstisch
 
 
Jenseits der Currywurst

Nein, das Le Canard Nouveau ist nicht der rechte Ort für den täglichen Mittagstisch. Es liegt zwar wunderschön auf der richtigen Seite der Elbchaussee – aber zu weit entfernt von der Innenstadt. Für den zweigängigen »Business Lunch« (39 Euro) plus Dessert (12 Euro) und Kaffee muss man (ohne An- und Abreise) durchaus zwei Stunden einkalkulieren. Vor allem aber: Das Essen im Le Canard ist einfach zu gut. Wie auch sollte man Kartoffelsuppe und Currywurst in der Kantine noch ertragen, wenn Kalte Gurken-Meerrettich-Suppe mit Nordseekrabben, Wachtelei und Gartenkresse zum Alltag würde? Oder ein Rosa Kalbsrücken, zu dem nebst Petersilien-Gnocchi ein Artischockenpüree gereicht wird sowie eine in einer gegrillten roten Spitzpaprika versteckte Merguez? Und alles – die beiden Vor-, drei Hauptspeisen und drei Desserts der Mittagskarte – perfekt und mit großer Genauigkeit auf die Teller gebracht, sommerlich leicht und von überzeugend abgestimmter Aromatik! Florian Pöschl, der den Chefkochlöffel im Le Canard zu Anfang dieses Jahres endgültig von seinem langjährigen Vorgesetzten Ali Güngörmüs übernommen hat, er hat es ganz einfach drauf. Vielleicht also nicht jeden Tag, aber wenn es einmal ein besonderes Mittagessen sein soll: Raus ins Le Canard!

Altona, Le Canard Nouveau, Elbchaussee 139, Di bis Sa 12 Uhr bis 14.30 Uhr und 18.30 Uhr bis 22.30 Uhr

Wolfgang Lechner
 
Alle Mittagstische im ZEIT Gastroführer
 
Gastro-Karte
 
 
 
Was geht
 
 
 
»Schippern im Museum: Von Stade aus tuckert das Containerschiff elbaufwärts. Ein kleiner Stopp in den Häfen Hamburg, Rotterdam und Singapur – alles hört auf das Kommando des Chefs. Als Kapitän, Steuermann oder Lotse geht es auf große »Fahrt mit dem Schiffsführungssimulator«.
Maritimes Museum, Deck 1, Koreastraße 1, 14 Uhr, im Eintrittspreis enthalten
»Kind als Hofhund: Welche Regeln müssen Kids auf dem Bauernhof einhalten, um ein wirklich guter Hofhund zu werden? »Killewipps geheimes Bauernhof-Handbuch« von Anne Vittur Kennedy liefert erstaunliche Antworten. So viel sei verraten: Bellen allein macht heiser, aber nicht weiser.
Bücherhalle Alstertal, Heegbarg 22, 16 Uhr, Eintritt frei
»Bauernkrieg im Michel: Wenn die »Marseillaise der Bauernkriege« (Friedrich Engels) im Michel klingt, wirkt der Hamburger Orgelsommer fast revolutionär. Neben »Ein feste Burg ist unser Gott« tönt die Symphonie Nr. 6 g-Moll op. 42 von Charles-Marie Widor durch das Kirchenschiff.
St.-Michaelis-Kirche, Englische Planke 1, 19 Uhr, 10 Euro
»Finnischer Sound: »Die Doors und Joni Mitchell treffen auf King Crimson und die Beatles« – so kündigen Kritiker Hexvessel an. Die Finnen interpretieren Psychedelic Forest Folk auf ihre ganz eigene Weise, finden immer wieder zurück zu den Wurzeln der sechziger und siebziger Jahre. Ist der Titel des aktuellen Albums eine Reminiszenz an die Vergangenheit? – »When We Are Death«.
Hafenklang, Große Elbstraße 84, 21 Uhr, 16 Euro
 
 
 
 
 
Hamburger Schnack
 
 
Im Reformhaus in Eppendorf, draußen strömender Regen, circa 24 Grad, subtropisch.
Mitarbeiter zur Kundin an der Kasse: »Also Sie sind der Highscore heute.«
Kundin: »Wieso?«
Kassierer: »Sie sind sommerlich angezogen!«
Kundin: »Draußen ist es ja auch total warm.«
Kassierer: »Das heißt nix. Wir hatten schon Mantel, Schal und Mütze heute. Hier in Eppendorf ist man sehr empfindlich.«

Gehört von Martina Behrens
 
 
 
 
Meine Stadt
 
 
 
 
Und wie soll ich nun meinen BMI ausrechnen?

Foto: Dieter Tretow
 

Das war sie wieder, die Elbvertiefung. Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, über das wir berichten sollten? Schreiben Sie uns: elbvertiefung@zeit.de
 
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Morgen lesen wir uns wieder, wenn Sie mögen!

Ihr
Mark Spörrle
 
 
PS: Gefällt Ihnen unser Letter, leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an unter www.zeit.de/elbvertiefung. Dann schicken wir Ihnen die neue Elbvertiefung, solange Sie wollen, immer montags bis freitags ab 6 Uhr.
 
 
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