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das war es auch schon, und wahrscheinlich haben Sie es gestern Abend gesehen: das TV-Duell der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihres SPD-Herausforderers Martin Schulz, medialer Höhepunkt des Bundestagswahlkampfs – zumindest, was die personelle Besetzung angeht. Schulz versuchte, Merkel bei Themen wie Flüchtlinge, Rente und der Türkeipolitik in Bedrängnis zu bringen, aber Beobachter verzeichneten viel Harmonie zwischen den beiden, eine echte Diskussion, vielleicht gar emotional, die gab es eigentlich nicht. »Die haben ja immer beide mit dem Kopf genickt, wenn der andere geredet hat«, sagte Moderator Thomas Gottschalk später bei »Anne Will«. Für Merkel war die Sendung eher lästige Pflichtübung, für Schulz war es die große Chance, die Kanzlerin vor Millionen Zuschauern zu stellen. Der SPD-Chef warf Merkel schwere Fehler in der Flüchtlingskrise vor. Merkel habe sich im Herbst 2015 nicht mit den europäischen Partnern abgestimmt; eine europäische Lösung wäre weniger zulasten Deutschlands gegangen. Er mahnte mehr soziale Gerechtigkeit an: »Ja klar, ist Deutschland ein wohlhabendes Land, aber nicht alle Menschen in unserem Land sind wohlhabend.« Merkel sicherte zu, dass es mit ihr keine Rente mit 70 geben werde; Schulz zweifelte an, dass diese Zusage letztlich Bestand haben werde. Merkel warf der Autobranche im Zusammenhang mit zu hohen Abgaswerten von Diesel-Autos »Vertrauensbruch« vor. Die Industrie müsse den Schaden wiedergutmachen, aber die Arbeitsplätze müssten sicher bleiben. Schulz war gegen Diesel-Fahrverbote; von denen würden ja unter anderem Handwerker getroffen. Und was den Konflikt mit der Türkei angeht, plädierte der SPD-Mann für einen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen.
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz stellte dem Kanzlerkandidaten seiner Partei später ein gutes Zeugnis aus: Schulz habe kompetent, präzise und überlegt deutlich gemacht, vor welchen Herausforderungen Deutschland stehe und wie er sie angehen wolle. Doch ob das TV-Duell der SPD die Trendwende bringen könne, sei fraglich, so war der Tenor in einigen Medien danach. In Blitzumfragen von ARD und ZDF nach der Hälfte der Live-Übertragung lag Angela Merkel vorne. Immerhin aber hatten viele Wähler nun zur besten Sendezeit endlich Gelegenheit, diesen Martin Schulz mal kennenzulernen.
Zur Frage, wer denn nun endgültig Kanzler wird und wer nicht und warum nicht, empfehle ich Ihnen noch den Wahlblog der Kollegen von ZEIT ONLINE namens »Fünf und der Fisch«. Dort analysieren fünf namhafte Experten das Wahlgeschehen. Und der Fisch? Genau – der prognostiziert den nächsten Kanzler.
Naturschutzgebiet: Verwirrung um »Brandbrief« aus Hamburg
In Niedersachsens Landesregierung gibt es Pläne, an der südlichen Elbmündung zwischen Cuxhaven und Freiburg ein mehr als 8000 Hektar großes Gebiet als Naturschutzgebiet auszuweisen. Seit das im August bekannt wurde, befinden sich der Hamburger Senat und die Hafenwirtschaft in Habachtstellung, befürchten sie doch negative Folgen für die hiesige Wirtschaft und das Sorgenkind Elbvertiefung (natürlich die andere). Manfred Braasch, Geschäftsführer des BUND Hamburg, will dagegen nicht an eventuelle Auswirkungen auf die Elbvertiefung glauben. Am Wochenende berichteten NDR 90,3 und dpa nun von einem gemeinsamen Brief von Bürgermeister Olaf Scholz und seinem Bremer Amtskollegen Carsten Sieling, ebenfalls SPD, in dem sie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) aufforderten, die Pläne zu stoppen; die wirtschaftliche Entwicklung beider Städte würde dadurch »nachhaltig belastet«. Anke Pörksen, Sprecherin der niedersächsischen Landesregierung, sagte uns, ein solches Schreiben sei bereits am 24. August eingegangen: »Es enthält die Bitte, sich die Überlegungen zu weiteren Naturschutzgebieten an der Elbmündung noch einmal gemeinsam anzusehen. Das ist ohnedies im weiteren Verfahren vorgesehen.«
Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel dagegen zeigte sich gestern gelassen. Ihm liege kein »Brandbrief« aus Hamburg und Bremen vor, schrieb er uns und verwies auf ein laufendes Vertragsverletzungsverfahren der EU wegen versäumter Schutzmaßnahmen für Pflanzen und Tiere: »Mit den Planungen an der Unterelbe soll genau das umgesetzt werden, was europarechtlich notwendig ist.« Fakt sei, »dass die Freie Hansestadt Hamburg im Rahmen dieses Verfahrens noch keine Stellungnahme abgegeben hat und sogar die Frist hat verstreichen lassen. Das Vorgehen ist insofern einigermaßen merkwürdig und ich kann nur dringend raten, das europäische Umweltrecht zu achten. Ansonsten würde man tatsächlich alle Infrastrukturmaßnahmen, die anstehen, egal ob Häfen oder Stromtrassen oder was auch immer, gefährden.« |
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