| | Aufnahme vom Dreh von Stanley Kubricks „2001“ in Namibia © Andrew Birkin | Sein Name ist kaum bekannt, und doch ist er eine der faszinierendsten Gestalten der jüngeren Filmgeschichte. Andrew Birkin, Bruder der legendären Jane. Liest man seine Biografie, denkt man ein wenig an Woody Allens Zelig, der sich stets zur rechten Zeit am richtigen Ort befand. Mit gerade mal 21 Jahren hat er mit Stanley Kubrick an 2001 und mit den Beatles an ihrem Film Magical Mystery Tour gearbeitet, wenig später mit Albert Speer an der Verfilmung seines Lebens. Daneben hat er auch selbst fantastische Filme gedreht wie 1989 Brennendes Geheimnis mit Klaus Maria Brandauer und Faye Dunaway oder 1993 Der Zementgarten mit seiner Nichte Charlotte Gainsbourg, außerdem ist er ein begehrter Drehbuchautor, der unter anderem an Der Name der Rose und Das Parfum mitschrieb. Als ich ihn an einem sehr heißen Sommerabend im Münchner Hofgarten zum Gespräch treffe, wird mir sehr schnell klar, warum er zudem als einer der wichtigsten Experten für J. M. Barrie gilt: Schlank, mit langem Haar und in extrem guter Erzähllaune wirkt er trotz seines Alters wie ein Peter Pan, der seinen festen Wohnsitz nicht in Wales, sondern eigentlich in Neverland hat. Thomas von Steinaecker: Ich bin ein wenig ehrfürchtig. Sie wirkten bei einem der größten Filme aller Zeiten mit, 2001. Ich stelle mir die Zeit gigantisch vor. Andrew Birkin: Ach, am Anfang war ich ja bloß der Tee-Junge und kriegte kaum etwas mit, geschweige denn, dass ich Stanley traf. Das heißt, wenn es Zeit für Erfrischungen war, brachte ich sie. Die meiste Zeit hatte ich aber nichts zu tun. Ich unterhielt mich oft mit Arthur C. Clarke, der auch nur herumhing und an seinem neuen Roman schrieb. Stanley bestand trotzdem auf seine Anwesenheit, falls er eine schnelle Textänderung brauchte. Ansonsten wanderte ich viel auf dem MGM-Studiogelände herum. Besonders war ich an Tanz der Vampire von Roman Polanski interessiert. Ich versteckte mich häufig bei den Scheinwerfern, um Sharon Tate von oben in der Badewanne zu sehen. Ein wunderbarer Anblick, das können Sie mir glauben. Aber irgendwann hatte ich auch davon genug, und ich wollte nur eines: endlich aufs Set von 2001! von Steinaecker: Und irgendwann ist es Ihnen dann gelungen. Birkin: Eines Tages musste ich länger bleiben. Es stand eine Begutachtung des Sets von Aufbruch der Menschheit an, mit dem der Film beginnt. Plötzlich fuhr durch die offene Tür der Halle ein weißer Mercedes und heraus sprang Stanley Kubrick mit den Worten: „Alarm! Razzia!“ Wie ein Mafia-Gangster. Ich stand neben dem Produktionsleiter. Und Stanley schaut sich alles an und sagt nur: „Das wird nichts.“ Und der Produktionsleiter wird blass. „Wie bitte? Ist der Typ verrückt? Das Set hat uns 40.000 Pfund gekostet!“ Aber Stanley geht gar nicht darauf ein. „Ich kann nicht glauben, dass es in ganz England keine Location gibt, an der man das filmen könnte.“ Und in dem Moment war ich etwas vorlaut. Ich sagte: „Entschuldigung, aber ich kenne da einen Ort!“ von Steinaecker: Ganz schön mutig. Ich hoffe für Sie, Sie wussten, was Sie taten. Birkin: Ich erinnerte mich an Bilder von Sanddünen nördlich von Liverpool, Formby Sands genannt. Lange Rede kurzer Sinn. Auch das war am Ende nicht der richtige Ort. Aber immerhin wurde ich zum Locationscout befördert. Und war dabei, als die Bilder für die Frontprojektion von Aufbruch der Menschheit in Namibia gedreht wurden. Warten Sie mal, ich habe hier noch ein paar Fotos davon … Andrew Birkin nimmt sein iPhone heraus, tippt ein wenig darauf herum und hält es mir dann hin. Ungläubig schaue ich auf die Bilder, die er vor meinen Augen weiterwischt: private Aufnahmen vom Dreh in Namibia, eine der ikonischen Sequenzen der Filmgeschichte.
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