Prof. Dr. Angela Schwarz
Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität SiegenEine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen? Es beschäftigt mich schon eine Weile und ich komme in der täglichen Arbeit immer wieder darauf zurück: Das Allerwichtigste ist die Neugier, das Wissen-Wollen und die Freude am Erforschen. Obwohl im Wissenschaftsalltag leider häufig völlig andere Dinge vorrangig zu tun sind, ist es doch diese Neugier und der Blick für das Neue, Spannende, die Zusammenhänge, in denen Menschen leben, denken, handeln, fühlen, die mich antreiben und mich darauf zurückverweisen, worum es letztlich geht, nicht nur, aber besonders in der Wissenschaft.
Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen? Der Umgang zwischen Lernenden und Lehrenden: Er sollte weniger von zu erbringenden Leistungspunkten, dem von beiden Seiten vorzunehmenden ständigen Abfragen und Bewerten/Evaluieren als vielmehr von Interesse oder sogar Spaß an der Sache, am Herausfinden und Erkennen bestimmt sein. Das erfordert ein grundlegendes Umdenken auf beiden Seiten.
Lektüre muss sein. Welche? Ich habe das Glück, dass ich meine (Forschungs-)Interessen zum Beruf machen konnte. Das wäre in der Form – für eine Frau – vor fünfzig Jahren noch schwierig, vor hundert unmöglich gewesen. Daher lese ich die momentan wichtige Forschungsliteratur – fast – immer auch aus großem privatem Interesse. Daneben finde ich Spekulationen über künftige Entwicklungen, gegenwärtige wie vergangene, hochgradig spannend, z.B. „Geschichte der Zukunft“ von Georges Minois und das Buch gleichnamigen Titels von Joachim Radkau, lasse mich gerne von Überlegungen über Zeit und unseren Umgang mit ihr zum Nachdenken anregen, etwa von Rüdiger Safranskis „Zeit. Was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen“, Hartmut Rosas „Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“ oder Simon Garfields „Timekeepers. How the world became obsessed with time“. Daneben muss es aber immer wieder Charles Dickens sein, vor allem „Dombey and Son“ und „Little Dorrit”.
Und sonst so? Ich fände es reizvoll, wenn wir einen Teil unserer Lebenszeit damit verbringen könnten, die Welt einer immer wieder anderen Person aus deren Augen zu sehen und das mit der eigenen Wahrnehmung abzugleichen. Die Dinge wirklich aus einer anderen Perspektive, Denkweise, kulturellen und individuellen Prägung sehen zu können, das fände ich spannend. |
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