BTW17 | ExStra: Was bringt's? | 3½ Fragen an Susanne Buchbinder | Standpunkt Jan-Martin Wiarda über die Koalitionsverhandlungen

 
Wenn dieser Newsletter nicht richtig angezeigt wird, klicken Sie bitte hier.
 
 
   
 
 
 
 
 
 
 
 
   
   
Liebe Leserinnen und Leser,
kehrt man einfach zur Tagesordnung zurück, wenn erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine Partei mit zum Teil rechtsextremen Kandidaten in den Bundestag einzieht? Der Chancen-Brief sagt Nein – und verlinkt gegen die Normalisierung menschenverachtender Positionen zu einer Auswahl neuer Bundestagsmitglieder der AfD. Apropos Bundestagswahl: Jan-Martin Wiarda prognostiziert im Standpunkt die Auswirkungen jamaikanischer Koalitionsverhandlungen für die Wissenschaft. Wir blicken außerdem auf die FDP, die ja vollmundig behauptet hat, Deutschland zur "weltbesten Bildung" zu verhelfen. Aber was steht eigentlich über die Wissenschaft im Wahlprogramm?
Viel Vergnügen!
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Trommelwirbel für die Exzellenz-Strategie! 
Das internationale Expertengremium tagt, seit dem gestrigen Mittwoch. Welche Cluster-Bewerbungen bleiben im Rennen? Am Freitagmorgen verschickt die DFG die Bescheide, Interessierten empfiehlt sich, die Homepage der DFG aufzurufen und ab 10 Uhr regelmäßig F5 auf der Tastatur zu drücken. Zumindest bei Windows. Wo ist eigentlich der Reload-Button beim Mac? Aber davon ganz abgesehen: Wie sinnvoll ist eigentlich das ganze Exzellenz-Unterfangen? Darüber denkt Wilhelm Krull, Generalsekretär der VW-Stiftung, in der aktuellen Ausgabe der ZEIT nach. Sein Urteil: "Der enorme Aufwand an Antragsvorbereitung und -begutachtung rechtfertigt sich nur dann, wenn es gelingt, über die Förderung einzelner Forschungsvorhaben hinaus strukturelle Verbesserungen für die gesamte Wissenschaftslandschaft zu erzielen." Ansätze sieht Krull in der Digitalisierung und in starken Hochschulleitungen
  
 
 
BTW17: Was will die FDP?
Die FDP ist zurück. Im Bundestag, aller Wahrscheinlichkeit nach auch in der Regierung; Katja Suding, Fraktionschefin der Liberalen in der Hamburger Bürgerschaft, gilt als Kandidaten für das BMBF. Was würde das bedeuten? Auf Wahlplakaten versprach sie unter anderem die "weltbeste Bildung". Große Worte, Wahlkampf eben. Im Wahlprogramm, 82 Seiten lang, widmet sich gleich das erste Kapitel der Bildung. In erster Linie geht es um Schule und Ausbildung, doch es finden sich auch ein paar konkrete Vorschläge für Studium und Wissenschaft. Zum Beispiel eine Stipendienquote von 15 Prozent unter den Studierenden, Open-Access von Forschungsergebnissen sowie Online-Zugang zu Lehrmaterial. Und: Studiengebühren. Allerdings nachgelagert, nach Abschluss des Studiums, von der Steuer absetzbar. Über die Höhe der Gebühren steht im Programm nichts. Stoff für Bildungsdebatten liefert die FDP auf jeden Fall, bleibt zu hoffen, dass in den Koalitionsverhandlungen über diese Themen auch ernsthaft diskutiert wird. 
  
 
 
Die AfD im Bundestag
Die genaue Zahl bleibt abzuwarten, nachdem Frauke Petry der Fraktion bereits den Rücken gekehrt hat – aber die Alternative für Deutschland wird mit über 90 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Das geht auch die Wissenschaft etwas an, schließlich sind unter ihnen Klimawandelskeptiker ebenso wie Geschichtsrevisionisten. Und viele Akademiker, Juristen genauso wie Professoren. Der Tagesspiegel hat sich die Mühe gemacht, einige Kandidaten zu beleuchten, die unbekannter sind als Dr. Alexander Gauland, Dr. Alice Weidel oder Prof. Jörg Meuthen. Lektüre lohnt sich.
Auch der "Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften" hat eine Pressemitteilung zur Bundestagswahl herausgegeben, er befürchtet wegen der AfD unter anderem Rückschritte in der Gleichstellung.
  
 
 
Kippt der NC?
Der Numerus clausus steht vor dem Bundesverfassungsgericht. Konkret wird darüber entschieden, ob der NC vereinbar mit dem Grundgesetz ist: »Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen", heißt es dort. Ist das gewährleistet, wenn von 42.000 Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung, die sich auf ein Medizinstudium bewerben, nur 9000 einen Platz bekommen? Astrid Herbold geht im Aufmacher des CHANCEN-Ressorts der aktuellen ZEIT der Frage nach, was der Fall für Folgen haben könnte. Ist die Abiturnote als zentrales Kriterium der Studienplatzvergabe womöglich am Ende?
  
 
 
Darf's ein bisschen mehr sein?
Bund und Länder haben vergangene Woche ein Programm für 468 Tenure-Track-Professuren an 34 Universitäten aufgelegt, das erklärte die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) vergangene Woche in Berlin. Die Zahl der Professuren soll 2019 in einer zweiten Runde auf 1000 Professuren wachsen. Das Programm kostet den Bund bis 2032 eine Milliarde Euro. Viel Geld, keine Frage. Die schlechten Betreuungsbedingungen an den Hochschulen werden aber weder 468 noch 1000 Professuren lösen können.
  
 
 
 
   
 
 
 
ANZ. WHS Foundation
   
 
   
   
 
Personen
 
 
   
   
Bundestags-Aus für Bildungsexperten 
Michael Kretschmer, einer der versiertesten Bildungspolitiker innerhalb der CDU, ist in der kommenden Legislaturperiode kein MdB mehr. Er verlor seinen Wahlkreis in Görlitz/Sachsen überraschend an den AfD-Kandidaten. Vorerst bleibt Kretschmer nur sein Posten als Generalsekretär der CDU-Landesgruppe Sachsen.

Neues Amt für Bulmahn
Die ehemalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn hat einen neuen Posten: Die SPD-Politikerin wird Vorsitzende des Kuratoriums der HU Berlin. Sie folgt turnusgemäß auf den Geowissenschaftler Rolf Emmermann, der das Amt seit acht Jahren inne hatte. Der ZEIT gab Bulmahn übrigens vor wenigen Wochen ein Interview.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Dr. Susanne-Christiane Buchbinder
Vizepräsidentin der TH Georg Agricola in Bochum
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Alles ist wichtig, nur auf Zeit.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Das Problem misslingender interpersonaler Kommunikation. Die Ursachen sind erforscht, aber mit Geld nicht zu lösen.

Lektüre muss sein. Welche?
Moritz Freiherr Knigge: "Erfolgsfaktor Wertschätzung".

Und sonst so?
Macht Zeit frei oder unfrei?
   
   
 
 
   
 
 
 
Vom Essay bis zur Reportage – alles über Journalismus lernen
ZEIT AKADEMIE
Was macht guten Journalismus aus? Welche sind die wichtigsten journalistischen Genres? Und wie entsteht ein Interview? Werfen Sie im Video-Seminar der ZEIT Akademie einen Blick hinter die Kulissen der ZEIT-Redaktion.
 
 
>>> Mehr erfahren
   
 
   
   
 
Standpunkt
 
 
   
Von Jan-Martin Wiarda

Johanna Wanka will nicht mehr. Am Dienstag hat sie dem CDU-Bundesvorstand mitgeteilt, was sich die meisten schon seit Monaten dachten: Sie wird das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) abgeben. Wer auch immer ins Ministerbüro am Kapelle-Ufer einzieht, mit direktem Blick aufs Kanzleramt, hat eine turbulente Legislaturperiode vor sich. Die Weichen dafür werden in den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen gestellt. Lassen Sie mich drei Prognosen wagen.
Prognose eins: Klappt Jamaika, wird die Bildung im Ministeriumsnamen künftig großgeschrieben. Sowohl Liberale als auch Grüne fordern mehr Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in der Schulpolitik. Im BMBF geht man davon aus, dass Kanzlerin Merkel schon in den Verhandlungen ein konkretes Angebot vorlegen wird, wie das sogenannte Kooperationsverbot im Grundgesetz weiter gelockert werden kann. Das ist umso ironischer, weil sie in der Union gern behaupten, ein solches Verbot existiere gar nicht.
Prognose zwei: Die Wissenschaft gerät in Verteilungskämpfe. Innerhalb des BMBFs – denn neben Forschung und Hochschulen wird künftig deutlich mehr Geld in die Schulen fließen. Innerhalb des Bundeshaushalts – denn selbst bei grüner Regierungsbeteiligung dürfte der Verteidigungshaushalt rapide zunehmen in den kommenden Jahren. Das wird auch auf Kosten des BMBF-Budgets gehen, dessen Wissenschaftsteil nicht schrumpfen, aber merklich langsamer wachsen dürfte. Und schließlich innerwissenschaftlich, zwischen den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Derzeit scheinen die Hochschulen dabei die besseren Karten zu haben. Womöglich werden Max Planck & Co nur noch mit einem Inflationsausgleich rechnen können.
Prognose drei: Union, Grüne und FDP werden mit den Ländern sehr schnell die Grundzüge der künftigen Hochschulfinanzierung aushandeln, sprich: den Übergang vom auslaufenden Hochschulpakt in eine langfristige Mitfinanzierung durch den Bund. Der Mechanismus, nach dem die Gelder künftig verteilt werden, ist nicht absehbar, aber er dürfte komplizierter werden, als die meisten erwarten. In jedem Fall werden die Länder sich auf eine stärkere Kontrolle einlassen müssen, was sie mit den Bundesgeldern anstellen.
Aber erstmal muss Jamaika überhaupt mal am Horizont auftauchen. Scheiterte die Regierungsbildung, droht auch in Bildung und Wissenschaft: kein Land in Sicht.
   
   
Sie stehen woanders? Schreiben Sie an chancen-brief@zeit.de,
twittern Sie unter #ChancenBrief
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Kippt 
der NC? Die Abiturnote regelt, wer in Deutschland 
was studieren darf – womöglich ist das 
verfassungswidrig 
Universum Die Wissenschaft könnte noch mehr vom Exzellenzstreben profitieren
Orbáns Gegner Eine Gruppe junger Akademiker gründet in Ungarn eine Partei. Wird sie dem Premierminister gefährlich?
Allah in der Schule Eine Studie zeigt die Probleme bei der Ausbildung von Islamlehrern

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Eine hilfreiche Skala, bei welchen Experten-Interviews man es mit der Angst zu tun bekommen sollte...
Bildquelle: xkcd
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Der Herbst ist da!

Ihr CHANCEN-Team


PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an – unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
 
 
 
   
Anzeige
Jobs im ZEIT Stellenmarkt
Jetzt Branche auswählen und Suche starten: