| Guten Morgen, | | |
einige von Ihnen scheinen durchaus meinen gestern hier geäußerten Eindruck zu teilen, dass die Post beim Austragen immer mal wieder einen Tag Pause macht, namentlich am Montag nicht austrägt. »Auch in Volksdorf wird darauf verzichtet«, schrieb ein Leser, »denn Postleute wollen ihre 5-Tage-Woche.« Früher habe man deshalb am sechsten Tag Springer eingesetzt, »die heute aus Kostengründen in schwächer besiedelten Gebieten wegfallen«. Möglicherweise zählen nun auch innenstadtnähere Viertel zu den schwächer besiedelten Arealen – und die Annahme, dass Menschen, die in strukturschwachen Gegenden leben, auch keine regelmäßige Post benötigen, die entspringt sicher der äußerst eigenen Logik der Deutschen Post.
Noch etwas Erstaunliches: Gegen den bundesweiten Trend sind die Schulden Hamburgs zum Ende des ersten Halbjahrs 2017 stark gestiegen; im Jahresvergleich um 7,3 Prozent auf knappe 32,2 Milliarden Euro. Andere Bundesländer bauen ihre Schulden gerade kräftig ab, Sachsen sogar um fast ein Viertel. Nur Schleswig-Holstein hatte auch einen Schuldenzuwachs von 4,6 Prozent zu verzeichnen. Ein Indiz für den strukturschwachen, völlig zu Recht bald auch postalisch vernachlässigten Norden? Stimmen die ganzen guten Konjunkturzahlen nicht? Wird da heimlich viel mehr Schlamm im Hafen weggebaggert als bekannt, fließt – ein Fall für den finanzinvestigativen ZEIT:Hamburg-Kollegen und Hamburg-Haushaltserklärer Oliver Hollenstein? – Geld dorthin, wohin es nicht sollte? Nein – es ist schon geflossen. Wesentlicher Grund für die steigenden Neuverschuldungen sind die Übertragung von notleidenden Altkrediten der HSH Nordbank an die neu gegründete »hsh portfoliomanagement AöR«. Der Schuldenstand im Hamburger Kernhaushalt, so die Hamburger Finanzbehörde, sei nämlich in Wirklichkeit seit drei Jahren rückläufig. Danke, HSH.
Was war noch? Bei Finkenwerder lief gestern in der Fahrrinne, die geraume Zeit nicht mehr ausgebaggert worden war, ein russischer Frachter auf Grund. Wir hatten solche Havarien in den letzten Jahren ja schon ein paar Mal. Aber diesmal war der Kahn mit dem Abendhochwasser wieder flott.
Und um auf seine Lage aufmerksam zu machen, kletterte ein in Hamburg lebender angeblich abgelehnter 29-jähriger Asylbewerber aus dem Iran auf die Hohenzollernbrücke am Kölner Hauptbahnhof. Dort warf er zerrissene Zettel mit selbst geschriebenen Gedichten auf Farsi in die Tiefe. Die Brücke musste gesperrt werden, die Bahnsteige waren überfüllt, 234 Züge verspätet, elf Bahnen fielen ganz aus, Höhenretter der Feuerwehr waren im Einsatz, und man stellte den Schiffsverkehr auf dem Rhein vorübergehend ein. Der Mann wurde gerettet und kassierte eine Anzeige. An seinem Status wird das wohl nichts ändern; wovon nun aber die derart effektvoll präsentierten Gedichte handelten, das wurde bisher nicht bekannt.
Apropos Zettel: Vergessen Sie bloß nicht, wählen zu gehen!
Hamburg im Bundestag: Einer geht noch raus..? … und da waren’s nur noch 12. Den Ausgang der Bundestagswahl am Sonntag können wir nicht vorhersagen, doch eines scheint jetzt schon festzustehen: Hamburg wird im Parlament bald wohl eine Stimme weniger haben. Denn statt wie bisher 13 Abgeordnete soll die Stadt diesmal nur 12 Politiker nach Berlin schicken – und das, obwohl es mehr Hamburger zu vertreten gibt: Die Zahl der Wahlberechtigten ist seit der letzten Wahl nämlich um 10.000 angestiegen. NDR 90,3 berichtete über diese vorgezogene Wahlschlappe, für die Hamburg mal so gar nichts kann: Entscheidend ist die Bezugsgröße, und hier rechnet der Bundeswahlleiter mit 1,5 Millionen Hamburgern. So steht’s zumindest im Zensus 2011, der letzten Volkszählung, geschrieben. Weil die Einwohnerzahl darin offenbar eher so Pi-mal-Daumen-mäßig nach unten korrigiert wurde (und das auch im Länderfinanzausgleich zu Einbußen führt), hat Hamburg auch schon Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dumm nur, dass die erste Anhörung dazu am 24. Oktober angesetzt ist – also einen Monat nach der Wahl. Was tun? Aufs Gas drücken, findet Verfassungsrechtler Ulrich Karpen. »Die Stadt muss unbedingt einen Eilantrag stellen«, empfiehlt er im Gespräch mit uns. Das Bundesverfassungsgericht könne innerhalb weniger Stunden Entscheidungen fällen, »notfalls schlafen die Richter auf Feldbetten« (was tut man nicht alles für die Demokratie). »Noch sind drei Tage Zeit, der Antrag hätte Erfolg«, sagt Karpen, denn: »Es kann nicht sein, dass das Parlament in der Luft hängt und unklar ist, wohin dieser Sitz geht!« Tatsächlich würde Hamburg nach der jetzigen Rechnung den 13. Sitz nur knapp verpassen. Fragt sich, wer dann einen Platz abgeben müsste. |
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