Freitext: Jochen Schmidt: Wir nannten es Erhohlung

 
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14.07.2017
 
 
 
 
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Wir nannten es Erhohlung
 
 
Das große Kind kotzt schon im Auto zum Flughafen. Das Baby wacht morgens um fünf Uhr auf. Und dann auch noch die Schwiegereltern! Über die Tücken des Familienurlaubs
VON JOCHEN SCHMIDT

 
© Ciprian Boiciuc / unsplash.com (https://unsplash.com/)
 
Das Wichtigste am Familienurlaub mit kleinen Kindern ist, nicht mit der Erwartung zu fahren, sich zu erholen, dann kann man auch nicht enttäuscht sein, und es gibt hinterher keine Vorwürfe. Im Urlaub fehlt die Entlastung durch den Kindergarten, aber vor allem hat man nicht die Ausrede, arbeiten zu müssen, dadurch ziehen sich die Tage in die Länge wie Kaugummi, was im Urlaub ja eigentlich von Vorteil wäre, wenn man irgendetwas davon hätte. Schon im Taxi zum Flughafen muss der Kleine „spucken“, und wir haben für die kurze Strecke nicht an eine Tüte gedacht. Ein bisschen rührt es mich ja, weil mir als Kind im Auto auch immer schlecht wurde, das verbindet. (Ich hatte allerdings immer meine rote „Kotzschüssel“ dabei.) Der Flughafenwechsel mit dem Shuttlebus durch den Pariser Peripherie-Stau erhöht die Vorfreude auf Südfrankreich, wo sich die Großeltern seit vielen Jahren in einer Ferienkolonie einmieten und uns diesmal eingeladen haben. Auf so eine Weise Urlaub zu machen, hätte ich mir nie träumen lassen, für mich war es immer Ehrensache, mich abenteuerlich zu erholen, möglichst ohne Geld dabei auszugeben, alle Entscheidungen selbst zu treffen und mich unterwegs nur an Orten aufzuhalten, an denen man keinen Touristen begegnete.
 
Das ist natürlich mit Kindern nicht mehr durchzuhalten. Also ging es nach Frankreich, in einen Ort, der erst in den späten 1960ern erbaut worden ist (vorher musste man die ganze Region zunächst aufwendig von Mücken befreien). Die lebensfroh-schwebende, geometrisch-minimalistische Betonarchitektur, die dabei zur Anwendung gekommen ist, gefiel mir ungeheuer (vor allem, wenn man sie mit den bedrückend-hässlichen Feriengebäuden verglich, mit denen seit der Wende die ostdeutsche Ostseeküste ausgestattet worden ist).
 
Im Flugzeug nach Paris verlor ich leider mein Notizbuch, was mir erst ein, zwei Mal im Leben passiert ist, es ist immer ein großer Kummer, der mir fast die Lust nimmt, weiterzuschreiben. Ich kaufte mir am Kiosk ein französisches Notizbuch, es gab nur linierte, was ich überhaupt nicht mag. Beim ersten Baden im Mittelmeer bekam ich Wasser ins Ohr, und da ich nachts wegen der Kinder Ohrstöpsel benutze, war mein Ohr bereits so verschmutzt, dass das Wasser nicht mehr herauskam, ich war also auf einem Ohr taub. Das war eigentlich nur gerecht, da die meisten anderen Gäste der Ferienanlage auch schwerhörig waren, aber ich ließ mich trotzdem in die nächste Ortschaft zu einem Ohrenarzt fahren, der mir meine Ohren reinigte. Am nächsten Tag hatte ich Bauchschmerzen, konnte aber nicht im Bett bleiben, weil unser Baby uns jeden Morgen gegen 5 Uhr weckte und unser Sohn davon auch aufwachte. Die Croissant-Ausgabe der Anlage öffnete erst um 8 Uhr, deshalb streunte ich morgens mit Babytrage und Kinderwagen durch die menschenleere Ortschaft und suchte nach einem Bäcker. Dabei fand ich wieder ein Paradies für meine Sammlung.


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