Männlich, deutsch, 59 | Spendabler Alumnus | Gastkommentar Hannes Werthner: Wie die Informatik die Unis verändert

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
neues Schlagwort, das einem ständig um die Ohren fliegt: „KI“. Wie das künstliche Denken unsere Welt und Forschung verändert, wissen Jana Koehler (Personalia) und Hannes Werthner (Gastkommentar). Solange Universitäten noch weitgehend ohne KI auskommen, werden sie weiterhin von Studierenden, Lehrenden, Präsidenten belebt. Letztere sind übrigens fast immer männlich und um die 60 – das zeigt eine neue Studie (Das ist wichtig). 
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
(Keine) Diversität an deutschen Unis
Männlich, deutsch, 59. Das ist der Durchschnittspräsident hiesiger Universitäten. Was eine gefühlte Wahrheit war, belegt jetzt das CHE in einer neuen Studie, die heute erscheint und für die erstmals die Biografien von Universitätspräsidenten ausgewertet wurden: In drei Vierteln der Rektorate sitzen demnach Männer; ein Drittel aller Hochschulleitungen kommt aus NRW; keine einzige Universität wird von einem Präsidenten, einer Präsidentin ostdeutscher Herkunft geleitet. Jan-Martin Wiarda analysiert die Ergebnisse in seinem Blog
  
 
 
Eine Uni für Gelsenkirchen
Markus Söder hat‘s vorgemacht: Wo ein politischer Wille ist, da könnte auch eine Uni-Neugründung sein. Frank Baranowski, Oberbürgermeister von Gelsenkirchen, hätte auch gern eine Universität in seiner Stadt. Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg sind in der Region zwar bereits vertreten, zwei Fachhochschulen gibt es noch dazu. Baranowski aber findet, eine Uni in Gelsenkirchen könnte den regionalen Strukturwandel erforschen. Das Wissenschaftsministerium in NRW reagierte auf die Idee zurückhaltend – das berichtet ausführlich der DLF.
  
 
 
Kurz notiert: Wissenschaftsrat, UK, Auslandsmobilität
Wer oder was ist eigentlich der Wissenschaftsrat? 1957 wurde das Gremium eingerichtet, als Verwaltungsvereinbarung. Klingt blutleer, und in der Tat hat der WR nicht einmal den Status einer juristischen Person. Das geht jetzt aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor; demnach beschäftigt der WR fast 100 Personen und belief sich der Etat im Haushaltsjahr auf 8,592 Millionen Euro. +++ Den Schweizer Unis flattern die Nerven – weil sie nicht wissen, ob sie im neuen EU-Forschungsrahmenprogramm "Horizon Europe" antragsberechtigt sein werden. (NZZ) +++ UK 1: Ein Alumnus der Cambridge University hat seiner Alma Mater hundert Millionen Pfund gespendet; das Geld soll für Stipendien verwendet werden (Guardian; SpOn) +++ UK 2: Die norwegische Regierung rät wegen des Brexit von einem Studium in Großbritannien ab. (Guardian) +++ UK 3: Der Brexit als Chance? Darüber denkt zumindest Alice Gast nach, die Präsidentin des Imperial College London; im ZEIT-Interview sagte sie: „Der Brexit bietet die Möglichkeit, die Migrationspolitik des Vereinigten Königreichs insgesamt zu verbessern. Nach dem Brexit wird schließlich jeder als Ausländer angesehen werden, auch die Europäer.“ +++ Apropos Auslandsmobilität: 68 Prozent der deutschen Studierenden, die ins Ausland gehen, bewegen sich innerhalb der EU, berichtet das Statistische Bundesamt.
  
   
   
   
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Koehler übernimmt
Seit 1. Februar ist die Schweizer Informatikerin Jana Koehler neue CEO des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI); sie folgt auf Wolfgang Wahlster. Koehler gab sogleich der WiWo ein Interview, dort sagt sie: „Forschung ist für mich kein Selbstzweck, sie hat eine wichtige Funktion für die Gesellschaft, damit wir künftige Herausforderungen erfolgreich bewältigen – zum Beispiel einen ressourceneffizienten Umbau der Wirtschaft.“

Leible bleibt
Stefan Leible bleibt weitere sechs Jahre im Amt – der Jurist wurde soeben als Präsident der Universität Bayreuth wiedergewählt. Er leitet die Uni seit 2013.

Frischmann wechselt
Die Hochschule Hannover hat einen neuen hauptberuflichen Vizepräsidenten. Der Jurist Georg Frischmann wechselt von der TU Clausthal, wo er zuvor ebenfalls Vizepräsident war.

Job: Dirigentin fürs Vorsingen
Jahrelang angdauernde, holprige, intransparente Berufungsverfahren sind leider immer noch eine Realität an deutschen Hochschulen. Was helfen könnte: jemand, der oder die das Ganze mal ordentlich in die Hand nimmt, als "Referent/in für Berufungsverfahren". So jemanden sucht jetzt die Universität Mainz – im aktuellen ZEIT-Stellenmarkt.
  
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
   
   
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Gastkommentar
 
 
   
von Hannes Werthner
   
 
   
Die Informatik verändert nicht nur die Welt
Das WWW zeigt, wie weit sich die Informatik in ihrer kurzen Geschichte entwickelt hat: vom stand-alone Rechner zum weltweiten Operating System unserer Gesellschaft. Die Reise führt zur Digitalisierung der Inhalte, der Automatisierung der Arbeit und des Denkens. Die Informatik durchdringt Alles: Arbeit, Freizeit, Politik, Berufliches und Privates – und dabei zeigt sie auch ihre Kehrseiten: Monopolisierungserscheinungen im Netz; zunehmende Eingriffe in die Privatsphäre; Fake News in politischen Auseinandersetzungen. Diese Liste ließe sich leicht fortsetzen.
All dies wird auch die Universitäten verändern, in allen ihren Bereichen. Dies wird verschärft durch wachsenden Wettbewerb mit privaten Forschungseinrichtungen der großen IT Firmen. Auch im Forschungs- und Bildungsmarkt gilt, dass Wenige das Feld dominieren werden. Universitäten werden ihre Rolle neu definieren und dabei auch neue Aufgaben übernehmen müssen:
In der Forschung werden in allen Disziplinen Methoden und Paradigmen der Informatik Einzug halten; die klassischen disziplinären Silos werden aufbrechen. Insbesondere im Wettbewerb mit privaten Unternehmen ist aber der Beitrag hochqualitativer und nicht interessensgebundener Forschung essentiell.
Das Studium der Zukunft wird wie ein mehrere Disziplinen umfassender Lego-Baukasten gestaltet sein, mit kombinierbaren Grundblöcken und einem Fokus auf grundlegenden Konzepten und Methoden. In einer KI-geprägten Welt ist Kreativität und Systemwissen gefragt, mit einer wichtigen Rolle für die Geisteswissenschaften.
Universitäten werden die zentralen Bausteine eines Forschungsökosystems. Ihr Innovationsfokus sollte auf Neuem liegen, nicht auf ökonomischer Verwertbarkeit.
In einer durch die Informatik geprägten Zukunft stehen wir vor der Aufgabe, unsere Rolle zu reflektieren und auch einzugreifen, durch technische und gesellschaftliche Antworten. Hier ist die Informatik als Disziplin und jede/r Einzelne gefragt.
Mit den rasanten Wissenszyklen müssen Universitäten Zugänge des lebenslangen Lernens bieten. Dies wird keine „One size fits all“-Lösung sein, sondern wir brauchen individuelle Programme. Dies wird zu einer veränderten Didaktik führen.
Im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe gilt es – speziell für den deutschsprachigen Raum – das universitäre Karrieremodel auf ein Tenure Track-Modell umzustellen, mit flacheren Strukturen und durchgängigeren Karrieremöglichkeiten. Wenn wir Menschen gewinnen wollen, müssen wir sie entsprechend schätzen und fördern.
Universitäten werden sich in ihren Strukturen, Aufgaben und Herangehensweise ändern müssen, sonst drohen existentielle Probleme.

Prof. Dr. Hannes Werthner ist Dekan der Fakultät für Informatik der TU Wien
   
 
   
 
 
   
 
 
 
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Mission im Klassenraum Die Bundeswehr schickt ihre Jugendoffiziere in Schulen, um Politikunterricht zu geben. Was bringen sie den Schülern bei? 

Sommerkinder, Winterkinder Welche langfristigen Folgen hat das Einschulungsalter? Hand im Glück Jahrelang sank die Zahl der Auszubildenden in klassischen Lehrberufen. Nun wird das Lernen jenseits der Uni populärer Eine Schule für Europas Unberührbare Im Nordosten Ungarns versuchen zwei Männer, junge Roma mit Bildung aus ihren Ghettos zu holen Was tun, wenn es jeden Tag weitergeht? Der Psychiater Gerd Schulte-Körne über Mobbing an Schulen

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
 
 
 
Fußnote
 
 
   
 
   
Fast ein Jahr mit Anja Karliczek. Viele Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen wissen immer noch nicht so recht, wohin die Reise mit ihr geht. Bei der Opposition ist sie auch nicht gerade gut gelitten. Und die Öffentlichkeit? Erinnert sich an irgendwas mit einer Milchkanne und einem Nicht-Digitalpakt. Berlin Direkt hat das am Sonntag in einem 3-Minuten-Beitrag zusammengfeasst – hier zu sehen. Besonders lesenswert fand ich diese Woche aber Anna Lehmanns Karliczek-Portrait in der TAZ. Es schließt mit den Sätzen: "Karliczek braucht jetzt Erfolge. Sonst könnte ihre Partei bald ohne sie planen." 
Anna-Lena Scholz
   
 
   
 
 
   
Fast schon Wochenende.

Ihr CHANCEN-Team


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