| Hamburgs dunkle Vergangenheit Der Kolonialismus: ein dunkles Kapitel für Hamburg, das als Hafen- und Handelsstadt eine zentrale Rolle spielte. Wie mit diesem Erbe umzugehen ist, damit befasst sich fortan ein Runder Tisch. Beim ersten Treffen am Mittwochabend kamen gut 100 Gäste aus Kultur, Politik und von zivilgesellschaftlichen Initiativen im Völkerkundemuseum zusammen, eingeladen hatte die Kulturbehörde. Eine Frage, die besprochen wurde: Wie umgehen mit Denkmälern aus besagter Zeit? Sollen sie ausgestellt und durch Infotafeln in einen neuen Kontext gesetzt werden? Oder gehören sie ins Museumsdepot? In einem breiten Diskurs soll nun beim Runden Tisch ein Erinnerungskonzept erarbeitet werden. Die wissenschaftliche Basis liefert eine Forschungsstelle der Uni Hamburg, die sich seit 2014 mit dem (post)kolonialen Erbe der Stadt beschäftigt. »Wir können auf jeden Fall sagen, dass die Hamburger Gesellschaft viel stärker involviert war, als eh schon angenommen«, sagt Historiker Jürgen Zimmerer, der die Forschungsstelle leitet. Wenn sich etwa Soldaten für ihren Einsatz in Namibia einschifften, gab es für sie Abschiedspartys. »Das postkoloniale Erbe wirkt bis heute nach, wenn es darum geht, wie wir die Welt sehen, etwa während der Flüchtlingskrise«, so Zimmerer. Das sieht auch Tahir Della von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland so. Rassismus, die globale Ungleichheit und die aktuelle Migrationsbewegung hätten ihren Ursprung in dieser Epoche, daher sei die Aufarbeitung notwendig, so Della.
Welt-Aids-Tag: »Die Unwissenheit ist fatal« Seit 29 Jahren ist der 1. Dezember Welt-Aids-Tag. Der Künstler Michael Batz hat gestern schon per Lichtinstallation eine rote Schleife ans Rathaus projiziert – als Symbol für die Solidarität mit HIV-Infizierten und Aids-Kranken. In Hamburg haben Ende 2016 7300 Menschen mit HIV und Aids gelebt, schätzt das Robert-Koch-Institut. Die Zahl der Neuinfektionen ist leicht zurückgegangen – und doch ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, findet Jörg Korell, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Hamburg. Elbvertiefung: Herr Korell, wie sieht die Situation der HIV-Infizierten in Hamburg aus? Jörg Korell: Durch frühe Diagnostik und Behandlung ist die Lebenserwartung deutlich gestiegen. Für jemanden, der früh behandelt wird, ist ein quasi unbeeinträchtigtes Leben möglich, zumindest Aids bricht nicht mehr aus. Das heißt aber auch, dass es nie so viele HIV-Positive im Berufsleben gab wie heute. EV: Was bedeutet das für Betroffene? Korell: Jeder überlegt sich genau, wen er ins Vertrauen zieht. So selbstverständlich, wie man über andere chronische Krankheiten wie etwa Diabetes spricht, redet keiner über HIV. Gerade im beruflichen Kontext werden negative Folgen gefürchtet – im Umgang mit Kollegen, aber auch für die Karriere. EV: Welche Reaktionen sind typisch, wenn die HIV-Infektion in einem Unternehmen oder einer Schule bekannt wird? Korell: Aus Überforderung kommt es oft zu Kurzschlusshandlungen. Panik unter Mitarbeitern oder Eltern bricht aus, Schulleiter werden informiert und Elternbeiratssitzungen einberufen, um Kinder vom Unterricht auszuschließen. Das ist eine Überreaktion, dahinter steckt Unwissenheit. Und HIV aktiviert Ängste: Die Furcht, man könnte erkranken und schnell sterben, schwingt unterschwellig immer mit. Viele glauben, sie könnten sich in Alltagssituationen infizieren, wenn man aus derselben Flasche trinkt oder angehustet wird. Das ist Quatsch. Die Übertragung ist so kompliziert, dass es einen intensiven Körperkontakt geben müsste. EV: Ein anderes Vorurteil ist, dass nur schwule Männer betroffen sind ... Korell: Die meisten Infizierten sind Männer, die mit Männern Sex haben, doch das sind eben nicht die einzigen. Die Konsequenz ist, dass Ärzte die Erkrankung bei vielen Frauen erst sehr spät diagnostizieren. Die Person fällt nicht ins Raster, wenn sie keine Drogen nimmt, keine Prostituierte ist und eben kein schwuler Mann. Die Unwissenheit selbst im medizinischen System ist fatal. EV: Die Hamburger Polizei markiert HIV-Infizierte in ihrer Datenbank mit der Kennzeichnung »Anst.« für »ansteckend«, zum Schutz der Polizisten... Korell: Es gab schon etliche Interventionen, um das zu ändern. Denn was passiert, wenn man unter der Nachweisgrenze ist? Wenn also die medizinische Therapie so gut funktioniert, dass das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar ist und es zu keiner Ansteckung mehr kommen kann, wird dann die Kennzeichnung entfernt? Das ist ein Höchstmaß an Diskriminierung. Und die führt dazu, dass Menschen sich gar nicht erst testen lassen. Dabei unterscheidet sich die Lebensperspektive mit HIV bei früher und guter Behandlung heute nicht mehr von der nicht Betroffener. Man kann auch mit HIV alt werden. Heute und morgen ab 10 Uhr informiert die Hamburger Aids-Hilfe im Tibarg Center und im Wandsbeker Quarree über ihre Arbeit und das Leben mit dem HI-Virus. Weitere Termine und Informationen finden Sie auf der Website der Aids-Hilfe Hamburg. |
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