| Guten Morgen, | | |
wetten, dass Sie misstrauisch werden, wenn Ihr Telefon klingelt und ein netter junger Mann dran ist, der erklärt, ein weitläufiger Verwandter zu sein? Oder wenn vor Ihrer Tür plötzlich ein Monteur steht, der sagt, er arbeite gegenüber und habe gesehen, dass Ihre Dachrinne kaputt sei – ob er sie gleich reparieren solle? Klar, dass Sie da gleich ein böser Verdacht beschleicht … Trickbetrüger profitieren schamlos von dem, was unsere Gesellschaft zusammenhält – Vertrauen – und zerstören es. Neulich drosch eine Frau in Berlin einem netten jungen Mann, der behauptete, ihr Enkel zu sein, und nach ein paar immer hartnäckigeren Anrufen plötzlich vor ihrer Tür stand, einen hölzernen Schuhanzieher über den Kopf: Der Kerl musste ins Krankenhaus. (Leider war es ihr echter Enkel.) Und dass es Handwerker, die Zeit haben, nicht mehr gibt, weiß jeder; dagegen kursiert das Gerücht von einer Senioren-WG, die angesichts zweier als Monteure erschienener Trickbetrüger ihr Geld zusammenlegte und die Herren dazu brachte, die defekte Heizung zu reparieren. Der aktuelle Trick der Betrüger sind Anrufer, die behaupten, Polizeibeamte, Bundespolizisten oder Staatsanwälte zu sein und die Angerufenen mit heiserer Stimme warnen, die örtliche Polizei und/oder die Mitarbeiter*innen von Banken und Sparkassen seien allesamt korrupt und kriminell und die einzige Chance zur Rettung ihrer Ersparnisse sei, diese sofort abzuheben und einem Retter zu übergeben. Also ihnen selbst und/oder ihren Kumpels. Und nun startet die Polizei die Aktion #Miese Masche – nein, ich schwöre, es handelt sich hierbei um die echte Polizei und eine Präventionsaktion zum Thema Trickbetrug und Trickdiebstahl! Bis zum 3. Dezember soll es in betreuten Wohneinrichtungen für Senioren, Einkaufszentren und an Bahnhöfen Informationsveranstaltungen geben, bei denen auch Flyer verteilt werden. Nur zur Sicherheit: Auf diesen Flyern wird NIEMALS stehen, die Hamburger Polizei und/oder die Mitarbeiter*innen von Banken und Sparkassen seien allesamt korrupt und kriminell und die einzige Chance zur Rettung Ihrer Ersparnisse sei, sie sofort abzuheben und den Polizisten am Infostand zu übergeben. Es ist auch nicht vorgesehen, dass Polizisten an der Wohnungstür klingeln, um den Flyer persönlich zu übergeben... Gestern, am Totensonntag – oder Ewigkeitssonntag – gedachte man in der evangelischen Kirche und auf den Friedhöfen der Verstorbenen. Man spielte aber auch Fußball: Der HSV gewann im Heimspiel 3:0 gegen Hoffenheim. Nicht das ärgerte einen unserer Leser, sondern dass am Totensonntag »zum wiederholten Male« ein Bundesligaspiel des HSV angesetzt war, »obwohl das Stadion direkt neben dem Altonaer Hauptfriedhof liegt und dadurch die stillen Besuche an den Gräbern durch den Auflauf von Fans und Lärm direkt am Friedhof gestört werden«. Und Lärm sei nicht alles, so der Mailschreiber. »Fans urinieren in die Hecken oder nehmen Abkürzungen über den Friedhof.« Das muss nicht nur am Totensonntag nicht sein, oder? Und Entschuldigung! Wir bitten alle Leser und Kulturschaffenden, denen wir durch einen dummen Fehler in unseren Veranstaltungstipps Ungemach bereitet haben, um Verzeihung: Durch eine technische Panne sind in der Elbvertiefung vom vergangenen Freitag nicht die Veranstaltungstipps für den 24. November gelandet, sondern die Tipps, die erst für den 1. Dezember vorgesehen waren. Falls Sie unseretwegen am Wochenende vor verschlossenen Türen standen: Bitte entschuldigen Sie vielmals!!! (Und falls Sie andererseits gern eine der Veranstaltungen besucht hätten und dazu keine Zeit hatten: Am kommenden Wochenende gibt es eine zweite, die echte Chance.)
Fabio V. wieder frei: »Haftdauer war unverhältnismäßig« Vier Monate saß Fabio V. in Untersuchungshaft. Am Freitag entschied das Oberlandesgericht, den 18-jährigen Italiener zu entlassen – womit ein tagelanges juristisches Gerangel beendet wurde: Gegen die vom Amtsgericht Altona beschlossene Haftverschonung hatte die Staatsanwaltschaft mehrfach Beschwerde eingelegt. Kein anderer G20-Prozess hat bislang für so rege Diskussionen gesorgt: Umstritten ist, welche Straftat Fabio V. zur Last gelegt werden kann und ob die lange Haftdauer angemessen war. Was war passiert? Vorgeworfen wird dem jungen Italiener, bei einer Demonstration am 7. Juli dabei gewesen zu sein, aus der heraus Polizisten mit Pyrotechnik und Steinen beworfen wurden. Verletzt wurde niemand, Fabio V. wurde festgenommen. Nicht weil er selbst Beamte angegriffen hätte. Doch der junge Mann war eben dabei, hätte die »bürgerkriegsähnlichen Zustände« ergo »mit verursacht«, befand das Oberlandesgericht. Die Vorwürfe: schwerer Landfriedensbruch, versuchte gefährliche Körperverletzung, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Der emeritierte Juraprofessor Ulrich Karpen hat das Polizeivideo, das die besagte Szene zeigt, gesehen. Der Vorwurf des »schweren Landfriedensbruchs« lasse sich nicht aufrechterhalten, sagt er, die lange Untersuchungshaft sei »unverhältnismäßig«. Die wurde mit Fluchtgefahr, »schädlichen Neigungen« und Erziehungsmängeln des Angeklagten begründet – ein psychologisches Gutachten gab es aber nicht. »Das Oberlandesgericht hat handwerklich schlecht gearbeitet, offenbar sollte ein rechtsstaatliches Exempel statuiert werden«, so Karpen. Dass der Angeklagte nun doch freikommt, liege wohl auch am öffentlichen Druck. Wie es für den Italiener nun weitergeht, ist offen: Gegen eine Kaution von 10.000 Euro kann er heute zwar die Handschellen ablegen. Doch am Nachmittag geht der Prozess weiter. |
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