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Flucht aus der Karibik statt Sun of Jamaika: Nachdem vorgestern Abend die FDP die Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Bundesregierung platzen ließ, kritisieren auch Hamburger Politiker die Liberalen als »verantwortungslos« und »starrsinnig«. »Die Herren Lindner und Kubicki haben sich wie Zocker um die Zukunft unseres Landes aufgeführt«, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Dressel. Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank, Bündnis 90/Die Grünen, äußerte gegenüber dem Radiosender NDR Info den Verdacht, die FDP habe die Entscheidung zum Abbruch der Verhandlungen nicht erst am Sonntagabend getroffen. »Das ist für mich eher die Abteilung Budenzauber und Populismus.« CDU-Chef Roland Heintze fand es enttäuschend, dass die FDP das Handtuch geworfen hat, da eine Einigung doch möglich erschienen sei; man habe sich sogar den Grünen angenähert. »Dass nun ausgerechnet die FDP hinwirft, enttäuscht mich sehr.« Heintze rief die SPD auf, Sondierungsgespräche mit der CDU zu führen, um Neuwahlen zu verhindern. Aber genau das schloss gestern der SPD-Parteivorstand aus. Katja Suding, stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende, sah, wenig überraschend, die Schuld bei den anderen: »Wir waren bereit, Kompromisse einzugehen«, sagte Suding. Man habe aber bei Themen wie Bildungs- und Steuerpolitik eine »liberale Handschrift nicht erkennbar machen« können. »Und deshalb«, ätsch, »ist unser Platz jetzt in der Opposition.« Nein, »ätsch« sagte sie nicht. Aber kann man es sich nicht wunderbar dazudenken? Fragt sich noch: Stecken wir nun, wie Kommentatoren anfangs schrieben, tatsächlich in einer Regierungskrise, oder zeigen die Fehlsondierungen eher, dass nicht nur Angela Merkels Konsenspolitik am Ende ist, sondern dass endlich auch mal Leben in unsere demokratischen Parteien kommt? Mal angenommen, fast alle wollten jetzt in die Opposition, weil Kritisieren immer leichter ist als Regieren: Wäre eine Minderheitsregierung wirklich so schlimm? Oder gibt es tatsächlich Neuwahlen, und wenn ja: War das von jemandem geplant? Fragen über Fragen, mit denen sich natürlich auch die nächste Ausgabe der ZEIT beschäftigen wird. Jede Menge Informationen samt Liveblog und Umfrage finden Sie jetzt schon bei unseren Kollegen von ZEIT ONLINE.
Gefesselt oder nicht?
Ein verurteilter früherer Sexualstraftäter ist in Hamburg wieder auf – ja, was? »Freiem Fuß« trifft es eigentlich nicht ganz; immerhin trägt er eine elektronische Fußfessel. Der Mann war 2006 wegen Vergewaltigung, schwerem sexuellem Missbrauch und gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Wie das »Hamburger Abendblatt« schrieb, hatte er, auf Bewährung wegen einer Vergewaltigung, ein zwölfjähriges Mädchen vergewaltigt und fast erwürgt. Nach seiner Entlassung hatte er eine Fußfessel getragen und dabei so oft gegen seine Auflagen verstoßen, dass er erneut verurteilt wurde. Nun hat er seine Strafe verbüßt, ist frei – und trägt wieder eine Fußfessel. Laut »Abendblatt« wird der 47-Jährige von Experten als »abhängig von Alkohol und Kokain, mit dem Hang zu schwächeren Personen wie Kindern, Frauen und Behinderten« eingeschätzt. Eine Fußfessel ist keine engmaschige Echtzeitüberwachung: Sie wird zwar vor allem für Menschen angeordnet, die Sexualstrafen begangen haben. Aber niemand sitzt rund um die Uhr vor einem Bildschirm, kontrolliert, wo sich der Fußfessel-Träger aufhält und schlägt Alarm, sobald der sich etwa einer Schule nähert. Vielmehr überwacht man mithilfe der Fußfessel Weisungen wie in diesen Fall die Auflage, dass der Überwachte Hamburg nicht ohne Erlaubnis verlassen darf. Verstößt er dagegen, geht ein Alarm los. Doch, die elektronische Aufenthaltsüberwachung sei »eine einschneidende Maßnahme«, sagt Jörg Kinzig, Professor an der Uni Tübingen und Direktor des Instituts für Kriminologie, der im Auftrag des Bundesjustizministeriums und des Bundesamts für Justiz dazu geforscht hat. »Der Gesetzgeber hofft: Wenn jemand weiß, dass er überwacht und schnell erwischt wird, lässt er die Finger von Straftaten«, sagt Kinzig. Trotzdem: »Eine absolute Sicherheit kann die Fußfessel nicht herstellen.« |
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