Hochschul-Bildungs-Report | Bildungsweltmacht China | 3½ Fragen an David Willmes | Standpunkt Jan-Martin Wiarda: Ungewissheit

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
wir diskutieren uns über Neinmaika, GroKo und Minderheitsregierung die Köpfe heiß, Sie bestimmt auch. Was die aktuelle Lage für Johanna Wanka und das BMBF bedeutet, schreibt Jan-Martin Wiarda im Standpunkt. Und Davis Willmes von der Uni Freiburg hat im Fragebogen schon mal einen Geschenketipp für morgen in einem Monat.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Neuer Hochschul-Bildungs-Report 2017/18
Der neue Hochschul-Bildungs-Report von Stifterverband und McKinsey ist da, und wie immer leuchtet er zielsicher in die dämmerigen bis dunklen Ecken der hiesigen Hochschullandschaft. Durchblättern bzw. -scrollen lohnt sich; wir fassen hier kurz die acht Diagnosen und Empfehlungen zusammen: 1. Gerade mal 1,6 Prozent aller Lehrämtler studieren Informatik – dabei wäre der Bedarf, wenn Informatik als Pflichtfach an den Schulen eingeführt wäre, riesig; er läge bei 40.000 Lehrerinnen und Lehrern. Empfehlung: Ein Bund-Länder-Pakt zur Informatiklehrerausbildung inklusive einmaliger Kapazitätserhöhung. 2. Big Data und Advanced Analytics betreibt hierzulande nahezu niemand. Empfehlung: Mehr davon, denn die Konkurrenz schläft nicht. 3. Die Mobilitätsquote unter Studierenden, insbesondere wenn sie Erstakademiker oder MINT-lerinnen sind, ist gering. Empfehlung: Diese Gruppen gezielter ansprechen. 4. Der Weiterbildungssektor ist an deutschen Hochschulen noch schwach ausgebildet. Empfehlung: Weiterbildende BA-Studiengänge sollten von den Hochschulen unabhängig von ihrer Trägerschaft angeboten werden; das bedürfte Gesetzesänderungen; außerdem: Einführung vom „Micro-Degrees“. 5. Zwei Drittel der Uni- und ein Drittel der FH-Studierenden klagt über zu geringen Praxisbezug. Empfehlung: Anwendungsbezug stärker ins Studium einbauen; Hochschulen sollten „Kompetenzportfolios und -coachings“ anbieten. 6. Die Chancengerechtigkeit verbessert sich kaum (darüber hatten wir in der ZEIT 22/2017 vorab berichtet). Empfehlung: Anpassung des Bafög an die Diversität der Studierenden. 7. Bis 2020 könnten 80.000 bis 110.000 Geflüchtete an deutschen Hochschulen studieren – allerdings nur dann, wenn fehlende Sprachkenntnisse oder gesundheitliche Probleme nicht zu Hürden werden. Empfehlung: Weniger Bürokratie, mehr Bildungsberatung. 8. Frauen stellen die Hälfte der Studierenden, sind später aber deutlich seltener in Führungspositionen vertreten. Empfehlung: MINT-Fächer müssen attraktiver werden; es braucht mehr Career Service für Frauen. 
  
 
 
Ranking: Welche Hochschule bildet am besten aus?
Mal wieder ein interessantes Ranking! Der Global University Employability Survey bildet ab, welche Hochschulen ihre Absolventen und Absolventinnen besonders gut auf den Arbeitsmarkt vorbereiten; befragt wurden 6.000 Arbeitgeber unter anderem aus Deutschland und Österreich. And the winner is: die Hochschule München! Auf Platz zwei bis fünf folgen die Uni Heidelberg, die TU München, die HU Berlin und TU Dresden. Im Internationalen Ranking rangiert Caltech auf Platz 1. 
  
 
 
China: Die neue Bildungsweltmacht
China erlebt eine massive Bildungsexpansion und drängt an die wissenschaftliche Weltspitze. Das Land braucht mehr Akademiker, mehr Forschung, mehr Patente, bessere Ranking-Platzierungen. Und zwar bald. Wie rapide dieser Wandel vorangeht, ist in Deutschland immer deutlicher spürbar. Wie aber umgehen damit, dass einerseits immer mehr interessierte Studierende aus China an deutsche Hochschulen strömen (derzeit knapp 33.000), dass Kooperationsprojekte aus dem Boden schießen – und China aber zugleich durch Zensurverstöße und Überwachung auffällt? Wir widmen uns diesem Thema in der aktuellen ZEIT ausführlich – Astrid Herbolds Text „Konfuzius nimmt Anlauf“ lesen Sie auf S. 87f.
  
 
 
Humboldt-Forum: „Die Konsensmaschine“
„Humboldt-Labor“ – das klingt irgendwie super, und wenn es in Zukunft wirklich zu einem Wissenschafts-Hot Spot im noch fertigzubauenden Berliner Schloss wird, dann wäre das erfreulich. Gestern hat HU-Chefin Sabine Kunst mit Gründungsintendant Neil MacGregor einen „Einblick in den Planungsstand“ gegeben. Serious Gaming und Citizen Science werde es geben, Science Slams und ein Lautarchiv. Gegen allzuviel Humboldt-Übermut empfehlen wir allerdings zugleich eine sehr lesenswerte Analyse aus der SZ, die die institutionellen Verstrickungen des Humboldt-Forums – dieser "Konsensmaschine" – offenlegt. 
  
 
 
Neu: Genius Loci Preis
Gute Lehre passiert nicht einfach so. Sie braucht institutionelle Ressourcen, persönlichen Einsatz und wird getragen von der Leidenschaft für den Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden. Aus diesem Geist heraus wurde gerade erstmals der vom Stifterverband ausgelobte, mit 10.000 Euro dotierte „Genius Loci-Preis“ verliehen. Ausgezeichnet wurde die Technische Hochschule Köln, weil sie „ein sehr schlüssiges Lehrkonzept entwickelt“ habe, zu dem auch ein verpflichtendes „LehrendenCoaching-Programm“ gehört. Auch die RWTH Aachen wird geehrt – für ihre „solide und sehr durchdachte Lehrstrategie, die sich klar in die Gesamtstrategie der Hochschule einfügt“ und die den Studierenden eine „kompetenzorientierte, forschungsgeleitete und praxisbezogene Ausbildung“ biete. (ZEIT)
  
   
   
   
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Job: Nachrichtenkönig*in
Wer in der Wissenschaftskommunikation oder im Wissenschaftsjournalismus arbeitet, für den und die vergeht kaum ein Tag ohne den idw – den „Informationsdienst Wissenschaft e.V.“, der News und Personalia versammelt. Josef König, Gründer und Geschäftsführer der Plattform, sucht jetzt zum 1. September 2018 eine Nachfolgerin (m/w). Details im ZEIT Stellenmarkt!
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Dr. David Willmes

Wissenschaftlicher Referent der Freiburg Research Services an der Universität Freiburg
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Wer Wissenschaftsskepsis beklagt, sollte sich zunächst an die eigene Nase fassen. Glaube ich an die Heilkraft homöopathischer Arzneimittel? Halte ich gentechnisch veränderte Pflanzen für gesundheitsschädlicher als konventionell gezüchtete? Kopfnicken oder Stirnrunzeln offenbaren Misstrauen in die Forschung. Auch Achselzucken ist unangebracht: Wir sollten unsere Glaubenssätze überprüfen, bevor wir dies von anderen verlangen – seien es Impfgegner, Kreationisten oder Leugner des Klimawandels.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Wir brauchen einen Mentalitätswandel im Wissenschaftssystem: Öffentlichkeitsarbeit darf nicht zu Reputationsverlust in der Fachwelt führen. Wer die Gesellschaft für seine Forschung gewinnt, sollte auch bei Forscherinnen und Forschern gewinnen.

Lektüre muss sein. Welche?
Wie sich wissenschaftliche Weltbilder wandeln, zeigt Thomas S. Kuhn anschaulich in Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen – ein Klassiker der Wissenschaftsgeschichte und -philosophie. Wer sich zur nahenden Weihnachtszeit wappnen möchte für Diskussionen über christliche Glaubenssätze, dem empfehle ich Glaube von Ansgar Beckermann – unaufgeregt, analytisch scharf und schlagfertig.

Und sonst so?
Mit Voltaire gegen die tägliche Textflut: „Das Geheimnis langweilig zu sein, besteht darin, dass man alles sagt.“
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Standpunkt
 
 
   
   
von Jan-Martin Wiarda
Ungewissheit
Wenn sich die Parteien jetzt nicht zu einer Minderheitsregierung oder einer Großen Koalition durchringen, wählt Deutschland – wohl am 22. April – einen neuen Bundestag. Die geschäftsführende Regierung ginge in dem Fall mindestens ein halbes Jahr in Verlängerung. Und einige müssten ihre Pläne ändern. Johanna Wanka etwa, die eigentlich ihren Rückzug angekündigt hatte. Aus einem entspannten Start ins neue Jahr wird für die Noch-BMBF-Chefin wohl nichts.
Stillstand allenthalben, Schaden auch für Bildung und Forschung? Nichts zwangsläufig. Jüngst gab es ein Beispiel dafür, dass selbst eine geschäftsführende Regierung Spielraum hat. Zur Überraschung ihrer Länderkollegen winkte Wanka in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) das Professorinnenprogramm durch – und stimmte gar einer Aufstockung um 50 Millionen Euro zu. Hatte es nicht vor der Wahl geheißen, das könnte nur eine neu gewählte Koalition? Ein zweiter ausstehender großer Brocken dagegen geht tatsächlich auf die lange Bank: Das Fachhochschulprogramm wird die GWK erst beschließen, wenn die nächste Regierung steht. Also kaum noch vor der Sommerpause. Immerhin können die Ministerialbeamten bis dahin an der Vereinbarung feilen.
Noch mehr Kopfzerbrechen dürfte den Hochschulen die fortdauernde Ungewissheit beim Hochschulpakt bereiten. Vergangene Woche hatten die Wissenschaftsminister aller 16 Länder in einer „Berliner Erklärung“ vom Bund „essentielle Planungssicherheit“ verlangt. Doch es war ein Minimalkonsens voller Allgemeinplätze. Abgesehen davon, dass alle 16 auch künftig viel Geld wollen, bleibt der Dissens auch zwischen den Ländern groß. Und zwar parteifarbenunabhängig: Die unionsregierten Länder schrauben seit gefühlt mehreren Monaten an einem eigenen Positionspapier zum Hochschulpakt – veröffentlicht haben sie es bislang nicht.
Und genau hier könnte die Chance der unfreiwilligen Atempause liegen: So beweglich sich eine geschäftsführende Bundesministerin Wanka im Kleinen erweist – und hoffentlich weiter erweisen wird! –, so wenig sprechfähig ist sie beim Milliardenbrocken Hochschulpakt. Raufen sich die Länder in der Zwischenzeit endlich mal zusammen, definieren sie untereinander die Details und vor allem die Gegenleistung, die sie dem Bund für all die Euros zu geben bereit sind, erobern sie sich die Deutungshoheit in Sachen Hochschulpakt.
Einem kraftvollen, aufrichtigen Angebot aller Länder wird sich eine irgendwann existierende neue Bundesregierung nicht erwehren können.
   
   
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Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Konfuzius nimmt Anlauf China drängt an die wissenschaftliche Weltspitze. In Deutschland wird die neue Konkurrenz noch unterschätzt

Auseinandergelebt Die Geschwister dieser sechs Männer sind wahre Prominente. Doch auch für die unbekannte Verwandtschaft interessiert sich die Öffentlichkeit Abwarten reicht nicht Angst um die Karriere und vor Schikanen – keiner will Betriebsrat werden. Warum das Firmen schadet, erklärt die Psychologin Katharina Oerder Eine gute Zwei für Gruppenarbeit Probleme lösen Deutschlands Schüler am besten gemeinsam Nur nichts persönlich nehmen Warum schon ein warmes Essen für den Spätdienst ein Erfolg ist – drei Betriebsrats-Berichte aus der Praxis Wer wirklich gesucht wird In Mint-Berufen fehlen vor allem Facharbeiter, zeigt eine Studie

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Quelle: PhDComics
 
 
 
 
 
 
 
 
   
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Ihr CHANCEN-Team


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