| Guten Morgen, |  | |
rechtzeitig vor Redaktionsschluss dieses Newsletters hat sich via Nachrichtenagentur dpa der Zukunftsforscher Horst Opaschowski zu Wort gemeldet. Der 76-Jährige rief Jugendliche zur »digitalen Diät« auf. Sie sollten öfter mal offline sein (liebe Kids: Das ist ohne Internet!!!), immer wieder mal aus dem Erreichbarkeits- und Beschleunigungswahn aussteigen und stattdessen »echte« Freundschaften pflegen, so der Erziehungswissenschaftler.
Nun könnte man entgegnen, dass die Jugendlichen doch auch online echte Freundschaften pflegen, indem sie zu denjenigen ihrer Freunde Kontakt halten, die gerade nicht bei ihnen sind. Und das teilweise exzessiv. Neulich erst gesehen: Zwei Mädchen gehen auf der Straße whatsappend aufeinander zu, und als sie fast zusammenstoßen, heben sie den Kopf und führen ihren eben begonnenen App-Dialog mündlich fort.
Aber das ist nur die eine Seite. Die andere – und der Anlass für Opaschowskis Appell – sind die selbstkritischen Bemerkungen des ehemaligen Facebook-Präsidenten und Erfinders der Musik-Tauschbörse Napster, Sean Parker. Der hat neulich zu Sinn und Zweck von Facebook, Twitter und Co in aller Öffentlichkeit endlich das erklärt, was wir uns alle heimlich schon immer dachten: Am Anfang aller sozialen Netzwerke habe die Frage gestanden, wie man möglichst viel Zeit der Nutzer beanspruchen könne. Mithilfe all der Likes von Freunden und Followern sollten die User die Opfer einer sozialen »Wertschätzungsschleife« werden, in einen Kreislauf der sozialen Bestätigung geraten, aus dem es kaum ein Entrinnen gebe. Denn wer will schon auf einmal ohne Likes, Freunde und Follower dastehen?
Um es anders zu sagen (und falls Sie es noch nicht wussten): Die sozialen Medien sind ein hinterhältiges großes Zeitvernichtungsprogramm, das nur funktioniert, weil wir alle Angst vor Liebesentzug haben. Und sei es der Entzug von virtueller Liebe.
Natürlich kann man jetzt nicht tun, als gäbe es Twitter, Facebook und all die anderen gar nicht. Trotzdem ist es vielleicht sinnvoll, über Opaschowskis Forderung nachzudenken: Die Verbraucher müssten den sozialen Medien »den Zeitkrieg erklären«, wollten sie nicht ihre persönliche und soziale Lebensqualität einbüßen. Jugendlichen rät der Forscher, die Angst zu überwinden, »im Leben etwas zu verpassen, wenn man nicht alles mitmacht« und sich öfter zu fragen: »Was ist eigentlich wichtig für mich und was nicht?«
Dazu eine Beobachtung vom Sonntag aus Eimsbüttel (wo, wie Sie wissen, jedes Mitglied der Elbvertiefungs-Redaktion zumindest eine Notschlafstelle unterhalten muss): Ein Restaurant ist voll mit jungen Familien, die zum Brunch gekommen sind. Die größeren Kinder wuseln kreischend durcheinander und räumen das Buffet ab, ihre jüngeren Geschwister werden im Kinderwagen geschaukelt – von geistesabwesenden Müttern und Vätern, die sich zwar gegenübersitzen, aber mit dem Blick permanent an ihren Smartphones kleben.
Plakate und orangefarbenes Licht gegen Gewalt an Frauen
»Alle 11 Minuten ...« so beginnt die Werbung einer Online-Partnerbörse. Den Rest des Satzes können vermutlich die meisten von uns ergänzen. Die Bekanntheit dieses Slogans nutzt nun die Sozialbehörde geschickt für eine Kampagne gegen Gewalt an Frauen. »Alle 5 Minuten wird eine Frau Opfer häuslicher Gewalt« ist auf dem Plakat zu lesen, daneben blickt uns Annette an. Die Geschichte ihrer gewalttätigen Beziehung erzählt sie – wie auch zwei weitere Frauen – in einem Video-Interview auf der Website der Initiative Aus/weg. »Besonders schrecklich daran war, dass ich die Person geliebt habe, die das getan hat«, sagt Annette und macht Frauen Mut, sich Hilfe zu holen, zum Beispiel beim kostenlosen Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen. Die Kampagne startet diese Woche auch mit Blick auf den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am kommenden Sonnabend. Der dürfte dieses Jahr durch die aktuelle #MeToo-Debatte noch einmal eine besondere Bedeutung bekommen. Ein Zeichen setzen wollen an dem Tag auch die fünf Zonta-Clubs der Stadt (Zusammenschlüsse berufstätiger Frauen, die sich für Frauenprojekte einsetzen) – und zwar ein Leuchtzeichen: Wenn dann unter dem Motto »Orange Your City« Gebäude rund um den Globus in orangefarbenem Licht angestrahlt werden, sind in Hamburg unter anderem auch der Michel und die Fischauktionshalle dabei. Die Zonta-Clubs planen noch mehr: Rund um den Aktionstag wird es bei zahlreichen Bäckereien Brötchentüten geben mit der Aufschrift »Gewalt kommt nicht in die Tüte!« – und Adressen von Beratungsstellen. Zum Thema findet am Freitag, 24. November, um 11 Uhr in der Rindermarkthalle eine kostenlose Podiumsdiskussion statt. Hingehen, Frauen! (Und Männer auch!) |
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